Uber das hochheilige Evangelium am Festtage der Himmelfahrt Christi, Mark. 16.

[291] Melodie: Nun lobe, Meine Seele, den Herren, u.s.w.


1.

Frolokket jtz mit Händen

Und jauchtzet Gott mit süssem Schall':

Ihr Völker aller Enden,

Lobsinget Ihm mit lautem Hall'.

Es fähret auf mit prangen

Der Held von Israel,

Nachdem' Er hat gefangen

Tod, Teüfel, Sünd' und Hell'.

Itz ist Er aufgestiegen

Gen Himmel, Klahrheit voll.

Komt, lasset uns Sein Siegen

Betrachten recht und wol.


2.

Was hat doch erst gelitten

Des allerhöchsten libes Kind!

Wie hat der Held gestritten,

Als Ihn die Feinde so geschwind

Und grausahm überfielen!

Sein Leichnam schwitzte Bluht,

Das Völklein muste kühlen

An Ihm den heissen Muht.

Nun hat Sichs gantz verkehret:

Der vor Ein Leider war,

Wird nunmehr hoch verehret

Auch von der Engel Schaar.


3.

Der Herr hat ausgezogen

Die Fürstenthümer und die Macht

Der Starken so gebogen,

Daß Er den Sieg davon gebracht.

Ja nun ist Christus worden

Das Reich, die Kraft, das Heil,

Und diß komt unserm Orden

Absonderlich zu Theil;

Den Satan ist bezwungen

Durch den so herben Krieg,

Der Tod auch Selbst verschlungen –

Gelobt sei Gott! – im Sieg'.


4.

Itz kan und wil Ich pochen

Tod, Teüfel, Hölle, Sünd' und Welt;

Dein Stachel ist zerbrochen,

O Würger, und du Selbst gefällt:

Die Höll' ist schon zerstöret,

Die Sünd' ist abgethan.

Ey kommet doch und höret,

Was auf dem Siegesplaan

Für Wunder Sich begeben,

Wie wir den Engeln gleich

Dort ewig sollen leben

In Gottes Freüdenreich'.
[291]

5.

Es ist uns aufgeschlossen

Die längstversperrte Gnadenthür',

Und Christus Reichsgenossen

Regiren mit Ihm für und für.

Gott ist nicht mehr bedekket

Mit Wolken wie zuvor,

Daß manchen hat erschrekket; –

Den hub man schon empohr

Das Haubt, Hertz, Mund und Hände,

Ward man doch nicht erhört; –

Nein, dises hat Ein Ende:

Das Werk steht gantz verkehrt.


6.

Hat Mich nun gleich getroffen

In diser Welt Kreütz, Angst und Pein:

Der Himmel steht Mir offen,

Da kan Ich sonder Trübsahl sein.

Drum alle Schmach' auf Erden,

Die Mir sonst frist Mein Hertz,

Muß Mir erträglich werden;

Den was vermag Ein Schmertz,

Im fall' Ich kan bedenken

Die Ruh' und Sicherheit,

Die Mir Mein Gott wird schenken

In Jenner Ewigkeit?


7.

Ey sol und muß Ich sterben?

Mir ist der Himmel aufgethan;

Der Leib zwahr muß verderben,

Der Geist geht weit Ein' andre Bahn.

Gahr schnell wird Er geführet

In Gottes mächtig Hand,

Wo keine Quahl Ihn rühret:

Da steht Sein Vatterland.

Bald wird das Stündlein kommen,

Daß von des Grabes Thür

Sein Leichnam angenommen

Auch herrlich geht herfür.


8.

Immittelst sitzet droben

Der Herr zu Gottes Rechten Hand,

Woselbst Ihn herrlich loben

Der Engel Kohr: In solchem Stand'

Ist unser Fleisch zu finden.

O welch' Ein Ruhm und Ehr'!

Es müsse nun verschwinden,

Was uns betrübt so sehr,

Den unser Theil regiret

In grosser Herrligkeit,

Wohin Er uns auch führet,

Wen wir der Sünd' entfreit.


9.

Lob sei dir, Herr, gesungen,

Daß du dich aus Selbst eigner Macht

Gen Himmel hast geschwungen

Und den Triumph davon gebracht,

Daß du hast aufgeschlossen

Des Himmels güldne Tühr

Und uns zu Reichsgenossen

Verordnet für und für.

Ach laß es doch gelingen

Der frommen Schaar zugleich,

Ein Lob-Lied dir zu singen

In deines Vatters Reich!


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 291-292.
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