[4] Ghismonde, Nonnen, Verbannte.
FULCO, RUFFO UND BORELLO.
Ist die Straße frei?
Leuchtet mit Fackeln!
FASANELLA.
Fischer dort! – Wir sind verrathen!
GHISMONDE.
Steckt eure Schwerter ein!
Freunde sind es.
Sie kommen hierher
Das Land zu erkunden,
Nun leitet sie wieder
Sicher von dannen,
Sie fliehn vor dem Abgrundentstiegenen,
Sie fliehen vor Manfred!
CHOR DER FISCHER.
Den Segen o gieb uns
Zu diesem Werke!
GHISMONDE.
Wo ist die Hand, die segnen könnte,[4]
Da auf uns Allen
Ruhet der Fluch?
CHOR DER FISCHER.
Weh über uns!
GHISMONDE.
Herrschet nicht immer noch hier
Der Abgrundentstiegene,
Der die Kirche verfolgt,
Ihre Heiligen tödtet?
Herrschet nicht Manfred hier?
VERBANNTE UND CHOR DER FISCHER.
Weh über Manfred!
GHISMONDE.
Sitzt auf dem Thron er nicht
Rosenbekränzt?
Oder schweift nächtens umher
Wie der Heidengott Dionysos,
In seiner Hand den schäumenden
Taumelbecher der Lust,
Daß er trunken die Herzen mache?
Und seht hier Diese,
Des Landes Edle,
Sie, die da trugen
Die Fahne des Kreuzes:
Hat er sie nicht von der heimischen Erde
Mit Schaaren ungläubiger Sarazenen
Ans den Burgen der Väter vertrieben?
DIE VERBANNTEN UND CHOR DER FISCHER.
Weh über Manfred![5]
GHISMONDE.
Aber kommen wird einst
Der Tag der Vergeltung!
Und wenn er herannaht,
Männer Neapels,
Diesen hier folgt!
Was sie gebieten, durch ihren Mund
Gebietet es euch die heilige Kirche!
CHOR DER FISCHER.
Und wenn er herannaht
Der Tag der Vergeltung,
Diesen hier
Folgen wir!
Was sie gebieten, durch ihren Mund
Gebietet es uns die heilige Kirche.
DIE VERBANNTEN.
Der Morgen ist nicht weit,
Zeit ist's, hinweg zu eilen.
O herbe Qual, o Leid,
Es darf der Fuß nicht weilen!
Wann kommst du uns, ersehntes Glück?
Wann kommst du, Tag, der in der Väter Hallen
Uns siegreich führt zurück?
GHISMONDE.
Er kommt, er kommt,
Schon könnt sein Nahn ihr spüren,
Es kommt der Tag, der euch zurück wird führen!
DIE VERBANNTEN.
O bittres Leid, o herbe Schmach,
Verbannt zu gehn auf fremder Erde.[6]
GHISMONDE.
Sei nur getrost, verscheuchte Heerde,
Er kommt, er kommt, der Rache Tag!
VERBANNTE UND CHOR DER FISCHER.
Sei uns gegrüßt, der Rache Tag!
Buchempfehlung
Beate Heinold lebt seit dem Tode ihres Mannes allein mit ihrem Sohn Hugo in einer Villa am See und versucht, ihn vor möglichen erotischen Abenteuern abzuschirmen. Indes gibt sie selbst dem Werben des jungen Fritz, einem Schulfreund von Hugo, nach und verliert sich zwischen erotischen Wunschvorstellungen, Schuld- und Schamgefühlen.
64 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro