Neunte Scene.

[25] GHISMONDE.

Waffengeklirr!

MANFRED.

Ghismonde!

GHISMONDE.

Du bist's, du bist's, lein Dolchstoß durft' dich treffen!

Du bist's, meine Arme klammr' ich um dich!

Wohlan, wohlan, ich breche den Eid,

Den ich geschworen!

Und meine Seele geb' ich dahin

Verloren!

Und lasse das Kreuz und das Nonnengewand,

O, neig dich zu mir und stille den Brand!

MANFRED.

So hab' ich der Gruft, der schaurigen, dich

Entrungen!

So bist du nun mein, und so halt' ich dich fest

Umschlungen![25]

GHISMONDE.

So bist du nun mein, und so halt' ich dich fest

Umschlungen!

GHISMONDE.

Was hab' ich gethan,

Wie blickt es mich an

Mit blutigen Augen

Das dorngekrönte, zerstochene Haupt?

MANFRED.

Komm, aus den Küssen das Leben zu saugen,

Schwinge den Becher rebenbelaubt.

GHISMONDE.

Hörst du es nicht wie Todesjammern?

Es will mich wie mit Armen umklammern,

Es faßt am Gewand mich, es hält mich zurück!

MANFRED.

Will dich der nächtige Schrecken bedrängen?

Folge mir, Süße, ich führ' aus den engen

Mauern hinweg dich zu seligem Glück.

GHISMONDE.

Gieb mir das Glück!

MANFRED.

Mein holdes Verlangen!

Komm, o komm, die Kränze sie winken,

Schlinge die duftigen dir um's Haupt!

Trink aus der Minne rauschendem Bronnen,

Schwinge die Schaale rebenbelaubt.[26]

GHISMONDE.

Ja, nun will ich dich heiß umfangen,

Und erfüllt ist das Traumgesicht.

Ja, nun will ich die Flammen trinken!

Gib mir das Glück, und ich lasse dich nicht.

MANFRED.

Komm, o komm, die Kränze sie winken,

Schlinge die duftigen dir um's Haupt!

Trink aus der Minne rauschendem Bronnen,

Schwinge die Schaale rebenbelaubt.

GHISMONDE.

Gib mir das Glück und gib mir die Wonnen,

Laß aus der Minne rauschendem Bronnen,

Lasse mit durstigen Zügen mich trinken,


Schlinge die Kränze mir um das Haupt!

Quelle:
Carl Reinecke: König Manfred. Leipzig [o. J.], S. 25-27.
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