Vierte Scene.

[32] KARDINAL.

Es höre mich, wer Ohren hat zu hören!

Der du gerastet nicht im Uebermuth,

Der du die Kirche hast verfolgt auf's Blut,

Der du nicht an des Kreuzes Heil geglaubt,

Dreifach den Bannfluch schleudr' ich auf dein Haupt!

Der du die heil'gen Tempel hast entweiht,

Du seist verflucht und seist vermaledeit!

Um Nonnenraub, um Frevel und Verrath,

Du seist verflucht um jede Missethat!


Du trugst der Sarazenen Schild und Speer,

Ungläub'ge Dirnen tanzten vor dir her!

Dem Satan gleich hast du den Herrn versucht!

Sei in die tiefste Hölle drum verflucht!

So hör', mich an: des Throns bist du entsetzt!

Das Schwert, das dich soll treffen, ist gewetzt,

Geschürt das Feuer, das dich soll verzehren,

Dein ganzes Haus verwüsten und verheeren!

MANFRED.

Ha, meine Krone! wer entreißt sie mir?

Bringt mir die Krone! – König bin ich hier![32]

KARDINAL.

Er ist verflucht! Das Kreuz empor und zieht

Dem Kreuze nach!

EIN THEIL DER RITTER MANFREDS.

Folgt ihm! – Entflieht, entflieht!

Weh', der Bannfluch ist gesprochen,

Weh' uns, weh', wie soll das enden?

Wohin sollen wir uns wenden?

Das Verderben folgt uns nach!

EIN ANDERER THEIL DER RITTER UND DIE FRAUEN.

Ha, der Bannfluch ist gesprochen,

Wie das kommen mag und enden,

Nichts soll ab uns von ihm wenden,

Auf, durch Noth und Tod ihm nach!

GHISMONDE.

Ha, der Bannfluch ist gesprochen,

Wie das kommen mag und enden,

Nichts darf ab euch von ihm wenden,

Auf, durch Noth und Tod ihm nach!

MANFRED.

Frisch der Muth und ungebrochen,

Scharf das Schwert in meinen Händen!

Mögen mir die Götter senden

Nimmer unheilvollern Tag.

KARDINAL, PRIESTER UND CHORKNABEN.

De profundis ad te clamavi

Domine exaudi me.[33]

Quelle:
Carl Reinecke: König Manfred. Leipzig [o. J.], S. 32-34.
Lizenz:
Kategorien: