Sechste Scene.

[51] KARDINAL.

Geh, büß in ew'ger Nacht!

Und diese Leiche, die gottverfluchte – –

HELENE.

Hinweg von ihr, weg deine Hand von dieser Krone!

CHOR DER FRAUEN.

Weh' dieser Stunde![51]

HELENE.

Nein, klaget nicht,

Nicht Grabgesang,

Nicht Todtenkränze,

Streut Rosen ihm!

Du theures Herz, ist still dein Pochen?

Ist still dein Mund, der einst so süß gesprochen?

Ach, ist erloschen deines Auges Strahl?

Durch Wetternacht und Sturmestosen

Gingst du bekränzt im Schmuck der Rosen;

Nun kränzt dich meine Hand zum letzten Mal

Unter Thränengüssen

Laß mich dich küssen,

Zum letzten Mal dich küssen, mein Gemahl!

Deine Lippen sind bleich, einst, ach, so roth!

Stille, mein Herz, leis' kommt der Tod,

Stille, mein Herz, und laß das Weinen,

Nicht trennt der Tod, er wird uns ewig einen!

CHOR DER FRAUEN.

Weh', die Königin stirbt!

HELENE.

Es öffnet sich des Himmels Thor,

Und Rosenwolken heben uns empor

In unendliche Fernen

Zu goldenen Sternen,

Manfred.

KARDINAL.

Die Kirche nimmt von diesem Haupt die Kren.

Und gibt sie dir, der Kirche Sohn!

CHOR DER VERBANNTEN UND FRANZÖSISCHEN RITTER.

Heil dir, Karl von Anjou! Heil dem König![52]

Quelle:
Carl Reinecke: König Manfred. Leipzig [o. J.], S. 51-53.
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