Scena VI.

[127] Hippocrates. Galenus. Leuita.


HIPPOCRATES.

Jetzundr haben wir ewr gedacht.


Dant ei manus.


LEUITA.

Ich wolt sehn, was Porphyrius macht.

Ist er denn so gefehrlich schwach?

Sein Diener macht eilend die sach.

HIPPOCRATES.

Er ist warlich ein krancker Herr,

Vnd wundert vns beiden nicht mehr,

Denn das man noch bedencken hat

Ins Werck zu setzen vnsern Rath

Vnd folget eim Garküchen Brudr,

Der mit Hurn vnd Bubn ligt im Ludr.

LEUITA.

Jr redet von dem Theophrast?

GALENUS.

Sie liessn jn fordern mit der hast.

LEUITA.

Er ist gleichwol kein schlechter Man,

Er weiß mehr, denn ein ander kan;

Aus Metall, aus eim Kiselstein

Kan er machen Saltz, Oel vnd Wein.

Ja, das jr von Kreutern wegschafft,

Daraus macht er den besten Safft.

Vnd da jr ein Kuhsoff eingebt,

Dafür eims Hertz im Leibe bebt,

Da gibt er nur ein eintzel Pill

Vnd richt damit aus, was er wil,[128]

Vnd hilfft daselbst, da jr verzagt.

Das hat er mir gar offt gesagt.

GALENUS.

Er heilt Wunden vnd macht Artzney,

Dauon bekennet jeder frey,

Das er sich darauff wol versteht,

Wundartztn vnd Apoteckrn vorgeht.

Das er aber inwendig sachn

Mit einer Pill wil richtig machn

Vnd vnser Trenck trotzig verspricht,

Das hat er noch bewiesen nicht.

Vrsach vnd Namen der Kranckheit,

Wie sich schicket nach der zeit

Vnd wie man sie curiren soll,

Dauon weiß er nichts vberall.

LEUITA.

Soll ers noch ander weg beweisn,

Denn das jn alle Lande preisn,

Wie wünderlich er helfen kan?

Das Werck preiset ja hie den Man.

HIPPOCRATES.

Was er beweiset, weiß ich nicht,

Dessen aber bin ich bericht,

Das er drey stück hat als Spießglaß

Vnd Victril Oel vnd vber das

Sein hochgerhümet Laudanum,

Das ist seiner Kunst gantze Sum.

Mit dem hat er mehr Leut vmbbracht,

Denn er jemals gesund gemacht.

Er selber bleibt nicht lang zu Paß,

Wenn er so seufft on vnterlaß.

LEUITA.

Ey, sagt das nicht, sondern erklert,

Was aus dem Patienten werd![129]

Denn ob jr odr er etwas kan,

Das wird sich jetzund sehen lan.

GALENUS.

Wir sagen, was die Kranckheit sey

Vnd des Tods Gefahr auch dabey,

Vnd das Theophrast, auch sein Kunst

Vergebens sey vnd gar vmbsonst.

Hett man aber vns folgen wolln,

Vielleicht man etwas schaffen solln.

LEUITA.

Wenns also steht, so mus ich gehn

Vnd selber zu dem Krancken sehn.

Gott sey bey euch, halt mirs zu gut!

GALENUS.

Wandert hin in der Gottes Hut!


Ingreditur cocionator domum.


HIPPOCRATES.

Was gilts, wo nicht dem Ebenthewr

Sein Lügen wird bezalet thewr!

Vns aber gibt man nicht ein Dreyer,

Die Leut die suchen nur geheier.

GALENUS.

Was ligt daran! Verstendig Leut

Werdens bezalen ander zeit.


Quelle:
Georg Rollenhagen: Spiel vom reichen Manne und armen Lazaro. Halle a.d.S. 1929, S. 127-130.
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