Scena IIII.

[145] Porphyrius. Abraham. Mammon. Iehoua.


PORPHYRIUS.

O Vater Abraham, ich bitt,

Erbarm dich mein vnd dencke nicht

An meine vnthat, sondern sich,

Wie grosse quale leide ich,

Der ich doch, Vatr, von deinem Stammn

Gezeuget bin von heiligm Samn!

Drümb bitt ich, Vater, send hieher

Den frommen Lazarum, das er

Das eusserste des Fingers sein

Ins Wasser wenig tauch hinein,

Damit er meine Zunge kühl!

Denn ich groß Pein der Flammen fühl.

ABRAHAM.

Son, Son, gedenck, gedencke, Son,

Das du dein gutes schon

Von Gott im Leben hast empfangn,

Vnd Lazaro ists vbel gangn!

Nu aber wird getröstet er,

Du wirst billich gepeinigt sehr.

Vnd vber das alles fürwar

Ist zwischen vns vnd euch so gar

Ein grosse Klufft befestiget,

Das, so einer im willen hett

Von hin zu euch hinab zu fahrn,

Könd ers doch nicht, es wer verlorn.

Auch kan von dannen nimmermehr

Einer zu vns hie fahren her.

PORPHYRIUS.

So bitt ich dich doch, Vater mein,

Das du jn sendest, kan es sein,

In meines Vaters Haus hinnab,

(Denn ich fünff Brüder da noch hab)

Das er jnen verkündig dort,[146]

Was für Pein sey an diesem ort.

Das er sie warne, bitt ich sehr,

Das sie auch hie nicht kommen her.

ABRAHAM.

Weistu nicht, das jn Gott hat gebn

Sein Wort, darnach sie sollen lebn?

Sie haben Mosen, Gottes Wort

Vnd die Propheten, gliebts jn nort.

Laß sie die hören, wolln sie nicht

Wie du verdammet sein, rath ich.

PORPHYRIUS.

Ach Abraham, Ach Vater mein,

Das wird bey jn nicht hülfflich sein;

Denn ich Gotts Wort auch hab gehört

Vnd mich abr leidr dran nicht gekehrt.

Weil sie auch gar, wie ich pflag, leben,

Fürcht ich, werden sie nicht drauff gebn,

Sondern, wenn einer von dem Tod

Zu jnen gieng, hett es kein noth,

Sie würden Busse thun fürwar.

ABRAHAM.

Ey, das geschicht, gleub, nimmerdar.

Denn werden sie Mosen nicht hörn,

An die Propheten sich nicht kehrn,

So werden sie nichts geben drauff,

Ob jemand stünd vom Tode auff.

Weil du auch Gottes Wort veracht,

Mosen vnd die Prophetn verlacht,

Leidstu billich jetzt diese Pein.

PORPHYRIUS.

Ach, kan denn kein erbarmung sein

Bey dir, so kan ich Gott darümb

Ansprechen nicht, das ist kurtzümb.

Er ist mein Feind, wie ichs befind,

Denn Ers mit mir wol endern künd.[147]

O weh vnd Ach, O ewig weh,

Ich werd erlöset nimmermeh.

MAMMON.

Ey, ruff mich an! Ich bin dein Gott,

Ich wil dir helffen in der Noth.

Nach deinm verdienst wil ich dir gebn

Das Helsche Fewr fürs ewig Lebn.

IEHOUA.

Vnd, Lazare, mein lieber Son,

Jetzund empfehestu den Lohn.

Denn du gerecht geachtet bist,

Das dir mein Wort lieb gwesen ist.

Drümb lebestu im Himmelreich

Mit allen Heilgen ewiglich.


Canunt Angeli.


Quelle:
Georg Rollenhagen: Spiel vom reichen Manne und armen Lazaro. Halle a.d.S. 1929, S. 145-148.
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