[189] Von verenderung des regiments bei den fröschen.
Sehbold Bausback fieng darnach an
Zu berichten den kleinen man,
Des mechtigen meuskönigs son,
Was die ganze fröschnation
Zuvor gehabt für polizei,
Da sie noch lebten herrenfrei,
Und wie nachmals die wilden kind
Und das verkert pfaffengesind
Ihnen so viel der neuerung machten,
Das sie nach einem könig trachten,
Der allen fröschen solt gebieten;
Und wie ihre könig gerieten:
Davon wollen wir nachmals schreiben.
Ihr Musen wollet bei mir bleiben
Und ferner ausfüren die sach! –
König Bausback bedechtig sprach:
"Dieweil du mir von deinem stand
Alles so rund und recht bekant,
Will ich dir auch von meinem reich
Etwas besonders trauen gleich,
Das du mit dir magst heimen tragen
Und nach vielen jaren nachsagen,[189]
Auch selbst bedenken in deim reich,
Wenn dir widerferet vergleich.
Denn ob schon neu wird die person,
Ist doch nichts neus unter der son,
Das zuvor auch nicht wer geschehen;
Die hendel bleibn, die leut vergehen. –
Wir frösch für etlich tausend jaren
Keim könig unterworfen waren
Lebten gar frei nach unserm willen.
War aber ein hader zu stillen,
So schlugen sich die veter drein,
Handelten zum frieden in gemein;
Die jungen auch den eltesten herrn
Gehorsam warn willig und gern.
Alsamt aber hielten wir wert
Und erten on alle beschwerd
Unsern priester und landpropheten,
Der uns leret, wie man solt beten,
Got heilig eren, redlich werben,
Erbarlich leben, selig sterben;
Wie ehemals Melchisedech tat
Zu Salem in seiner erbstadt,
Den auch die großen patriarchen
Eren als einen weltmonarchen. –
Nichts bleibt bestendig in der welt:
Was man vor bauet, jetzt zerfellt,
Was gut war, tut den grösten schaden,
Da vor land war, muß man itzt waden,
In sum, es will alles bergunter,
Das wer es siehet, dem nimts groß wunder.
Die tugend hat auch kein bestand,
Endert sich wie man wendt ein hand.
So giengs auch unserm regiment,
Es lief endlich zum bösen end.
Es kamen nach lenge der zeit
Gotlose mutwillige leut,
Die eltern und priester verachten,
Alles nach ihrem willen machten,[190]
Ermordten jedern mit gewalt,
Der ihn nicht wolt gehorchen bald.
Es kamen auch hernach gegangen,
Denen zur straf, die wasserschlangen
Mit großem haufen in den teich,
Die sie und uns fraßen zugleich.
So kamen wir all in gefar,
Und ward an uns der reimen war:
Um eines bösen buben schand
Wird oft gestraft ein ganzes land."
[191]
Ausgewählte Ausgaben von
Froschmeuseler
|
Buchempfehlung
Demea, ein orthodox Gläubiger, der Skeptiker Philo und der Deist Cleanthes diskutieren den physiko-teleologischen Gottesbeweis, also die Frage, ob aus der Existenz von Ordnung und Zweck in der Welt auf einen intelligenten Schöpfer oder Baumeister zu schließen ist.
88 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro