Das V. capitel.

Der alten rat wird verlacht und der könig verstoßen.


"Die frösch verwunderten sich ser,

Warum der alten rat dieß wer,

Und wolt der gröste hauf fast schließen,

Solt es gleich etlichen verdrießen,

Man solt dem bloch nicht so verfluchen,

Sondern ein zeit lang ihn versuchen;

Wolt sein regiment denn nicht bestehen,

So wer nicht viel daran versehen,

Zur bessrung wer noch alzeit rat,

Sofern man blieb in gottes gnad.

Gots gnad solt man zu keiner zeit

Verschlagen mit undankbarkeit. –

Wie dieß einer dem andern sagt

Und um sein stimm und meinung fragt,

Springt auf den bloch der mutig man

Koax und fehet zu reden an:

Lieben veter, lieb alte herren,

Das glaub ich wol bei meinen eren,

Das die alten gern angehort

Ehemals des jungen Marxen wort,[74]

Da ihm das herz im leib noch lebt

Und all sein mut nach eren strebt;

Nun er abr schwach ist und verzagt,

Das ein rauschend bletlein ihn jagt,

Lieber müssig sitzt an der tür,

Denn das er spieß und harnisch für,

Lieber mit seiner alten koset,

Denn das er sich zu wandern hoset:

Nun sollen all wir jungen man

Sein furcht und schwachheit nemen an,

Wie alber esel bleiben heim,

Für al neurung erschrocken sein

Mit kriechen in ein holen bloch;

Lieber bedenkt es besser doch!

Der man geb rat, der jung erbeit,

Der alt wend aufs gebet sein zeit!

Wir müssen einen könig haben,

Der anfür unser junge knaben,

Bei dem wir man in eren sein,

Der ins feld bring die ganze gemein

Und ritterlich den feind bestehe,

Auch selbst vorn an der spitzen gehe,

Der zu strafen nicht ist zu faul,

Sondern der auch zeen hab im maul

Und greif den weidlich auf die hauben,

Die er und recht setzen auf schrauben.

Denn wo kein straf ist, ist kein er,

Und wo kein er ist, ist kein ler,

Und wo kein ler, da ist kein recht,

Der herr gilt wenigr als der knecht,

Bis das alles get durch ein haufen,

Gleichwie die seu zum tor einlaufen.

Darum sag ich: der ist ein narr,

Der einem bloch untertan war.

Und wenngleich got sein vater wer,

So beweis ich ihm doch kein er,[75]

Sondern wenn ihr mit helfen wolt,

Gar bald ihr wunder sehen solt,

Wie ich ihn will mit dieser hand

Hinflößen zum ufer ans land,

Bis ihn ein baur in ofen steckt:

Da wer er sich, ist er so keck!

Denn das man braucht witz und weisheit,

Ist für got kein undankbarkeit;

Vielleicht will er uns so probieren,

Ob wir eim klotz wollen hofieren.

So nerrisch, hoff ich, ist niemand.

Wers mit mir helt, schlag in die hand!

Damit er nach dem bloch sich wend

Und streckt daran sein beide hend.

Der ganze hauf dergleichen tat,

Jeder rief: Das ist guter rat,

Laß Koax reden, der meints gut;

Der Marx hat weder witz noch mut!

Damit fur der bloch hin zu land,

Da ihn ein armer bauersman fand,

Der legt ihn auf sein schlitten fein

Und schleppet ihn gemachsam heim;

Wie er ihn aber bei sein haus

Gesetzt und rein geputzet aus,

Das er trocken wurd an der sonn

Und nachmals gebraucht für ein tonn,

Oder multer daraus zu machen

Und was man sonst bedarf zun sachen;

Da kamen zween könig und herren

Aus Immenland dem bloch zu eren

Mit etlichen viel tausend knaben,

Die sie mit sich gefüret haben,

Sprachen ihn um bestallung an,

Sie wollen sein getreue man,

Gut, blut und leben bei ihm lassen,

Wo jemand ferner solcher maßen

Ihn würd schimpflich lassen antasten,

Wie vor getan die jung phantasten.[76]

Darzu er mer denn willig war.

Sie brachten wachs und honig dar

Und was mer dienet zu den sachen,

Bauen in unterscheiden gemachen

Also ihrn sitz und losament,

Das der baur aufhub seine hend

Und schwur zu got einen hohen eid:

Es solt ihm ewig werden leid,

Wo er den baum nicht hielt in eren,

Er spürt, got wolt ihn so erneren.

Wie denn geschahe. Die bienmenlein

Fürten so viel des honigs ein

Und merten sich von tag zu tag,

Das der hof all voll bienen lag

Und der man daraus löset geld,

Sein haushalten gar wol bestellt.

Wer gottes gab helt lieb und wert,

Dem ist segen und gnad beschert;

Wer aber gottes gnad veracht,

Der hat sich selbst zum fluch gemacht."
[77]

Quelle:
Georg Rollenhagen: Froschmeuseler. Zwei Theile, Teil 2, Leipzig 1876, S. 74-78.
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