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[32] SCHUZGEIST.
Wer sach bishero nicht die gröste liebes zeichen,
Wodurch der sinder kan bey gott die gnad erreichen,
Wan er mit Magdalen was er hat böß gethan
Nur recht bereuen und von herzen lieben kan?
Und doch, da Jesus sich so gnädig hat erzeiget,
Hat er das falsche herz des Judas nicht geneiget.
Er fihrt nur list und ranckh in sein betrognen geist,
Die er auf gleisßner arth doch zu verbergen weist.
Wer stoßt sich nicht daran, wan er ihn recht betracht
Wer aber ist der sich dem Judas gleich erachtet?
Zu wüntschen wäre es, er wäre nur allein,
Und thätten diser zeit nicht so vill Judas sein.
Ihr sinder! alle ihr könnt hier ein abbild fassen,
Betrachtet es nur recht in eurem thun, und lassen,
Das nur von außenher auf eytlen schein gericht,
Da doch das herz im leib darbey ganz anderst spricht.
Ihr führt die tugend offt in euren thatt, und werken,
Damit der menschen aug nur selbe soll bemerken.
Damit von außen nur ein Christliche gestalt,
Euch, was euch schon genug bey guten ruff erhalt,
Ach! sinder! ach gedenckt! diß gleißnerische liegen
Wird ja das göttlich aug, und kan es nicht betrüegen,
Diß sicht ohn unterlasß bis in das herz hinein,
Dem kan die gringste sünd mir nicht verborgen sein.
Ach sinder! handlet doch nicht ferner so vermessen,
Dan niemand ist so blind, und also gott vergessen
Als der nur auf den schein ein gut gearther Christ,
Anbey in dem gemüth ein falscher Judas ist.
Vor dißmahl hab ich euch nur diß erinnren wollen,
Auch fernere gedult von euch erbitten sollen.
Nun werdet ihr zu vor in einen schatten sehn,
Was nachmahls meistens wird am hellen licht geschehn.
Secht, was des Tobiä scheiden
Vor betrübnuß, angst und leyden
Denen liebsten Eltren bringt.
Secht wie, wie der geschöpfte schmerzen,
Beyden theilen zu den herzen
Und aus denen augen tringt.[32]