Achter Auftritt

[25] Judas. Avaritia. Amos.


JUDAS.

Wie? Judas! kanst du dises bochen

So ruhig leyden, und verkochen?

Was ich gesagt, das bleibt darbey.

Es warre ein verschwenderey.

DER GEIZ zum Amos.

Zum glükh ist jener schon zu gegen,

Auf den wür das vertrauen legen,

Komm, sehe, was bey disem mann

Der geiz nach deinen willen kan.


Zum Judas.


Mein freund! so vill man an dir spiret,

Bist du in dem gemüth verwirret,

Sag, was vor ein so härber schmerz

Doch quälle dein betrübtes herz?

JUDAS.

Mein liebster freund! was heuth geschehen,

Und ich mit schelen aug gesehen,

Ja annoch nicht verschmerzen kan,

Das zeig ich dir ganz willig an.

Wer weist nicht, was von Magdalenen

Die burger in der statt bekennen,[25]

Gewis, so wahr ich Judas bin,

Ist sie ein offne sinderin.

Da nun mein meister dahin reiste,

Und heuth bey ihrer schwester speiste,

Tratt Magdalena auch herbey,

In einer gleißnerischen reu.

Sie warffe sich zu seinen füssen,

Umb ihre sinden abzubüssen,

Sie weinnt in aller gegen warth,

Doch nur auf Crocodillen arth.

Sodan thatt sie auch allenthalben,

Wie ers gestatt, sein haubt einsalben,

Man hat aus dem geruch erfahrn,

Was, disß vor kostbarkeiten warn.

Wer sollt nun keinen eckl fassen,

Das er sich hab berühren lassen,

Von einen weib, das gar nicht rein,

Da er doch ein Prophet will sein?

Zu deme thätten mir die armen

Auch Recht in meiner seel erbarmen,

Die man umb disen großen werth

Hätt besser auf ein zeith ernährt.

Hätt ich es nur in meinen händten

Ich wust das geldt schon anzuwenden,

Ein theil kommt freylich mir um lohn,

Den ich ja billich fordern kan.

Ich soll den beutl stätts verwalten,

Damit er nuzlich werd erhalten,

Jezt ist so vill auf einmahl hin,

Und mir entgeht auch der gewinn.

AVARITIA.

Führwahr du führst gerechte klagen,

Und dises wird ein jeder sagen,

Der nur ein wenig in der weldt

Erfahren hat, was gut und geldt.

Man thatt euch vill bishero schencken,

Doch wird man fihrohin gedenken,

Was soll ich jenen leuthen gebn,

Die nur in der verschwendung lebn?

Hiemit wird dir auch vill entgehen,

Wan du nicht wirst bey zeitten sehen,

Wie du bekommst ein andres gut

Das den verlurst ersezen thut.[26]

JUDAS.

Hab allzeith vill auf geldt gehalten,

Drum thatt ich gern diß ambt verwalten,

So aber kunt ich nicht bestehn,

Und mus auf andr vortheil sehn.

Sagt, wan er ein Prophet zu nennen,

Soll er wohl dises Weib nicht kennen?

Noch wissen, wer ihn da berührt,

Und nur betrug in buesen führt?

Bey mir ist es schon dahin kommen,

Das er mir allen glaub benommen,

Wurd mir nur was vom geldt zu theil,

So wär mir auch mein meister feil.

AVARITIA.

Du redest so, wie ich beschließte,

Wan ich mir selber rathen müßte

Dan ich sech nicht, was diser mann,

In einer geldtnoth helffen kan.

Sollst du dich wohl bey seinen lehren

Sodan nur mit dem lufft ernähren?

Nein: besser ists bey mittln sein,

Der hunger ist ein harte pein.

Je länger du ihn werdest achten,

Je mehrer wird man dich verachten,

Und wan du sollst in bettl gehn,

Wirst du doch kein erbarmnus sehn.

Man wird dich, wie den meister hassen,

Wan du dir nicht willst rathen lassen,

Drumb wendt den mantl nach der zeith,

Bedien dich der gelegenheit.

Du weist ja, was die klein, und großen

Im Judenrath nunmehr beschlossen,

Das man geheim, und ohnbeschwerdt

Disß deines meisters habhafft werd.

Thue dich nicht längers mehr besinnen,

Hier kanst du lob und geldt gewinnen,

Verrathe selben durch ein list,

Die dir zum grösten vortheil ist.

Damit man doch so leicht nicht merke,

Das dich der geiz hierinnen stärke.

So schäze selben nur gering,

Ich meint um 30 silberling.[27]

JUDAS.

Auf meine seel! das soll geschehen,

So bald ich nur das geldt werd sehen.

AMOS.

Ist baldt geredt, doch nicht gethan.

JUDAS.

Ich sez dir meinen kopf daran.

Wollt ihr durch geldt den kauf vollendten,

So soll er sein in euren händten.

AMOS.

Dem meister ist dir vill zu lieb,

Seintwegen wirst gewis kein dieb.

JUDAS.

Was dieb? was ist mir seinentweegn

An einen schelmen stuckh gelegen,

Der glanz des geldts, so ich gewinn,

nimbt alle schmach, und unbildt hin.

Die erdt soll untern füssen brechen,

Wan ich nicht halte mein versprechen.

AVARITIA zum Amos.

Er redet ernstlich glaube mir

Ich kenn den man, und steh dafür.

JUDAS.

Es braucht zu dem gar keinen bürgen,

Wollt ihr den meister gar erwürgen,

So gildet mir auch dises gleich,

Dan stirbt er arm, so leb ich reich.

AMOS.

Du hast ihm doch die treu geschworn,

Und gibst sie umb das geldt verlohrn?

JUDAS.

Ich halt die trey so lang mir wohl,

Doch nicht wan ich erhungren soll.

Ich schwöre dir bey meinen ehren,

Was willst du noch von mir begehrn?

Ein worth ein worth, ein man ein man,

Der sein versprechen halten kan.

AVARITIA.

So recht mein Judas! disß verpfänden

wird dir des Caiphas gunst zuwenden,

Du komst gewis durch dise thatt

Noch als ein Mitglid in den Rhat.[28]

AMOS.

Damit du könnst versichert leben,

will ich dir was zum voraus geben.

JUDAS.

Nur her mit geldt gib mir was drauf,

So ist beschlossen unser kauff.

AMOS.

Hier hast du etwas, doch gedenke,

Das ich es dir umsonst nicht schenke,

Erwarthe nicht der Juden zorn,

Und halte was du mir geschworn.

JUDAS.

Du sorge nicht! dan meine freyd

Ist einzig nur die redlichkeit.

Thue dich zur Priesterschafft begeben,

Und sage, das ich werde leben

Zu ihren dienst, nach ihren willn,

Den ich verbunden zu erfülln.


Amos, und Avaritia gehen ab.


JUDAS allein.

Schon widrum geldt! ja wohl erbarmen,

Ja wohl ein pfening denen armen,

Sie drauten mir nur auf den schein,

Mein beutl mus gespiket sein.

Wer ohne geldt, kan sich nicht schwingen,

Das geldt kan alls zu wegen bringen,

Dem gelt steht offen thür und thor,

Das geldt geht gott, und menschen vor.

Wer diser zeit was will gewinnen,

mus sich nicht auf das recht besinnen,

Wan hier nur niemals gelt abgeht,

gilt gleich wies einsmahls dorten steht.


Quelle:
Bitteres Leiden, Oberammergauer Passionspiel, Verfasst von Pater Ferdinand Rosner O.S.B., Leipzig 1934, S. 25-29.
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