Achter auftritt

[214] Lucifer. Der todt. Die Sündt. Acharot. Belial. Belzebub. Sathan. Andere höllische geister.

Der schlus wirdt aufgezogen in der hollen, allwo Lucifer an einen feyrigen thron angeschmidet.


BELIAL.

Thatt nicht in euren ohren klingen,

Was man thatt in der Vorhöll singen,

Ehr, lob, und Preis dem ewign worth!

Das Uns erlöst aus disem orth?

ACHAROTH.

Ich hab es freylich auch vernommen,

Kan dannoch auf den grund nicht kommen.

Warum auf ein so langes leyd

Auf einmahl ein so große freyd?

BEELZEBUB.

Nun ist es umb die höll geschehen,

Ich hab es leyder selbst gesehen,

Wie Christus, der uns so beschwehrt

Die ganze Vorhöll ausgelehrt.

Die Patriarchen, und Propheten

Die stätts auf ihne hoffen thätten,

Der alten Vätter große schaar

Der Christus ihr Verlangen war.

Ja was nur immer unterdessen

Nach ihren todt diß orth besessen

Diß alles folgte ganz getröst,

Dem siger, der sie hat erlöst.

BELIAL.

Wür hörten sie mit vollen Reihen

Gott den Erlöser Benedeyen,[214]

So zeuget sich schon in der thatt,

Was diß gesang betroffen hat.

ACHEROT.

Weh uns! wan der am Creuz gestorben,

Umb was wür uns so sehr beworben,

Der wahre gottes sohn gewest,

So durch sein todt die weldt erlöst.

SATAN.

Hier ist kein Zweifl mehr zu finden,

Wer kan die höll sonst überwinden?

Als der von gott ist auserkhorn

Und dem die allmacht angebohrn?

BELZEBUB.

Weh! Wech! wie hat es uns mißlungen?

Nun ist die ganze höll bezwungen,

Da Christus endlich obgesigt,

Und alles in den feßlen ligt.

ALLE.

Ach weh! ach weh!

LUCIFER.

Nun ist vergebens

Ich bin verdrossen meines lebens

Und mus doch leben in der pein,

Auf ewig hier gebunden sein.

Der, so am Creuz das lebn beschlossen,

Hat vor die weldt sein bluth vergossen,

Gab ihr das lebn durch seinen todt,

Und war der eingefleischte gott.

Der hat die sigs balm sich erbeutet,

Sie in der höll auch ausgebreittet,

Der zwunge mich die bandt zu tragn,

Da er mich auf das haubt geschlagn.

Ich hab ein niderlag erlitten,

Die mir mein ganze macht beschnitten,

Und bin ein hund, der jedermann

Zwahr anbelln, doch nicht beißen kan,

SÜND.

Auch mir ist alle hilff gestuzet,

Die dir zu vor so vill genuzet,

Da Christus diser wundersmann

Vor alle finden gnug gethan.[215]

Ich kan zwahr den, der will, beflecken,

Doch leb ich stätts in forcht und schreken,

Ob ich nicht durch des sinders bus

Zu deinem Nachtheil weichen mus.

TODT.

Wie ville beuth hab ich erworben,

So hier auf ewig ist gestorben,

Nun, weill ich hier in feßlen lig,

Heißt es, o todt! wo ist dein sig?

Ich kan zwahr noch die leiber tödten,

Doch kan die seel sich ewig retten,

Wan sie nur würket mit der gnad

So Christus ihr verdienet hat.

LUCIFER.

Die jene siz, so wür verlassen

Wird nun der Menschen anzahl fassen.

Sie herschen in dem himmels saal,

Wür seind verdamt zur höllen quall.

Sie seindt erhöcht zu ewign freyden,

Wür seindt gestürzt ins ewig leyden,

Sie gehn in offnen himmel ein,

Uns mus die höll geschlossen sein.

Die höll, so in verfloßnen Zeithen

Ihr Macht thätt in der weldt ausbreitten.

Wo alls so wohl mit herz als mundt.

Stätts unter ihren fahnen stundt.

Die höll mit ihrem ungewitter,

Das uns anjezo noch so bitter,

Weill mir nunmehr so viller freindt

Beraubt, und also trostlos seindt.

Die höll, wo ich auf dises sigen,

Anjezo mus geschlossen ligen,

Wo alle Marter mich bestreitt,

Bis in die lange ewigkeit.

Jedoch es ist jezt schon geschehen,

Diß hätt ich mir nicht vorgesehen,

Das der, den mann zum Creuz verdammt,

Von großen gott dem Vatter stammt.

Schlagt also, schlagt ihr höllen flammen

Schlagt ober meinem haubt zu sammen,

Kommt schwefl-bäch komt frost, und hiz,

Kommt finsternußen, donner, bliz,

Kommt schlangen, nattern, höllen geyer,

Vermehrt die peinen in dem feyer.[216]

Quallt, martert alles, was allhier

In ewigkeit verdamt mit mir.

Wür können keinen trost mehr suchen,

Wür können nichts als gott verfluchen,

Der sich auf ewig von uns wendt.

ALLE.

Ach weh. Ach weh! weh ohne endt!


Wirdt zu geschlossen, und eylendts das grab Christi in dem garten zu bereitet.


Achter Chor


Quelle:
Bitteres Leiden, Oberammergauer Passionspiel, Verfasst von Pater Ferdinand Rosner O.S.B., Leipzig 1934, S. 214-217.
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