Sechste Szene

[137] Vorige. Volk. Der junge Mensch.


EINIGE VOM VOLK kommen. Ich friere heute. – Ich arbeite nicht weiter. – Nein, ich rühre keine Hand mehr!

JUNGER MENSCH stürzt auf. Eine Zeitung, ich will eine Zeitung haben! Ich habe endlos lange keine Zeitung mehr gesehen! Wer hat eine Zeitung?

ERSTER ALTER GEFANGENER. Was soll jetzt eine Zeitung?

JUNGER MENSCH. O du begreifst nicht! Ich muß sehen, was in der Welt vorgeht![137]

ERSTER ALTER GEFANGENER. Hier unter euch geht am meisten vor!

JUNGER MENSCH. Wir wissen das nicht. Die Gerüchte sausen wie die Wolken über unsere Köpfe hin. Einige sagen, die Bürger sind mitten unter uns und haben unsichtbar jeden Punkt der Stadt besetzt, um uns alle niederzumachen. Dann heißt es wieder, wir hätten Beistand bekommen: eine Gemeinschaft von Männern und Frauen, die keiner kennt, seien da. Sie bringen Licht und Heizung und Essen, soviel man nur braucht – Brot! Und dann haben sie unendliche Mengen Munition und neue Waffen, mit denen man die größten Heere nieder schlägt.

DER MANN. Brot, sagst du, hätten die Brüder.

JUNGER MENSCH. Ja, die Brüder, das sind sie!

DER GOUVERNEUR. Und Waffen?

JUNGER MENSCH. Wüßten wir nur, wo wir zu ihnen stoßen könnten, wir wären gerettet: Essen und Waffen!

KLOTZ. Bist du sicher, daß ihr mit den Waffen über die Bürger siegen würdet?

JUNGER MENSCH. Wir sind am Zusammenfall. Schlimmer wird es nicht.


Quelle:
Ludwig Rubiner: Der Dichter greift in die Politik. Leipzig 1976, S. 137-138.
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