2.

[268] Ein ärgeres Uebel ist die Mundfäule, wie es ältere Kinder bekommen. Man nimmt dagegen drey Strohhalme von dem nächsten besten Misthaufen, wie sie vor den Häusern auf dem Lande liegen, und spricht dazu:


Sitzt der hl. Job auf dem Mist

und fragt, warum du so traurig bist.


Dann zieht man die Halme kreuzweis dreymal durch den kranken Mund und betet dazu: »Helf dir Gott Vater, Sohn und hl. Geist!« – worauf man die Halme wieder an ihren Ort bringt. Fronau.

Bei Neukirchen B. trägt man das kranke Kind zu Leuten, so dafür können. Der lernt das Kind bey seinem Namen, nimmt drey Aehren vom Düngerhaufen, legt sie gegeneinander, daß zwey nach vorne, die dritte[268] nach hinten sieht, und zieht sie durch des Kindes Mund, dazu sagend: »Mistfal, N.N. vortreib an Kind ihra Mundfal!« – Dieses geschieht das erstemal vor der Sonne, am zweyten Tag nach der Sonne, am dritten wieder vor der Sonne. Dazu betet der Kundige und auch die Mutter 3 V.U. und 3 A.M. zu Ehren der heiligen Jungfrau für die Mundfäule; dann ist geholfen. – Jedesmal aber müssen auch die Aehren dahin wieder gelegt werden, wo man sie genommen.

Hätte ein Erwachsenes die Mundfäule, so geht es zum Schinder, der mit dem Mittelfinger der rechten Hand am Zahnfleisch hin und wieder fährt und sie damit vertreibt. Rigau.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 3, Augsburg 1857/58/59, S. 268-269.
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