15.

[249] Die Leiche liegt drey Tage im Hause, und jeden Abend kommt aus jedem Hause des Ortes wenigstens eine Person freywillig zum Verwachten, damit der Tode während der Nacht nicht allein sey; um Mitternacht werden diese von Anderen abgelöst, welche bis zum Morgen bleiben.

Jede Wache beginnt mit gemeinsamem Gebete für die Seelenruhe des Verstorbenen, im Falle etwa derselbe ein gutes Werk, wie Wallfahrten gehen etc., verlobt aber nicht vollzogen hätte. Nach dem Beten wird Bier, Brod, später auch Branntwein gereicht, und die übrige Zeit mit Kartenspiel oder Gespräch, besonders Geistergeschichten, hingebracht. So oft hiebey der Name des Verstorbenen genannt wird, darf man nicht unterlassen, hinzuzufügen: »Unser Herrgott tröste ihn!« Neustadt.

Dabey sind auch die Verwandten des Verlebten anwesend, wohl in ganz anderer Stimmung als die Gesellschaft, welche vergnügt am Tische sitzt.

Unter Tags wird nicht gewacht, da ohnehin die Hausangehörigen hin- und wieder gehen. Fronau.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 1, Augsburg 1857/58/59, S. 249.
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