359. Hermannsstein.

[360] Von J. Sutner. – Hermannsstein Felsen im Walde zwischen Solenhofen und Monheim. Entstehung der Sage 954.


Des Kaisers Heer mit stolzer Macht

Umschloß bei Mondeshelle

Einst Regensburg bei Mitternacht,

Und rückte vor die Wälle.


Da sammelt Arnulph seine Macht

Und seine Bundesfreunde,

Und in der zwölften Schreckensnacht

Verjagte er die Feinde.
[360]

Mit ihm vereinte Hermann sich,

Sein Bruder, treu und bieder;

Er stellt zum Kampfe ritterlich

Sich vor die ersten Glieder.


Die Feinde fliehen vor ihm her,

Bis hin an Bayerns Ende:

Selbst Augsburg fällt mit andern mehr

In Hermanns starke Hände.


Der Kampf ist los, und überall

Fließt Ritterblut in Menge;

Da kömmt gesprengt Graf Marchenthal

Und stürzt in das Gedränge.


Nun flieht des Herzog schwächres Heer

Bestürzt durch Thal und Felder,

Des Feindes Arm verfolget schwer

Sie in die finstern Wälder;


Und Hermann, vom Gefolg verirrt,

Kam früh am andern Morgen

Nach einem Schlosse – wild verwirrt,

Und suchte sich zu borgen.


»Dich schützt mein gräfliches Gemach,

Nicht wird dich Marchthal stören!«

Zu ihm der Pappenheimer sprach,

Der Herr vom Schloß zu Möhren.


»Du gehst früh Morgens, wenn es tagt,

Mit meinem Volk zum Jagen –

Gewiß kömmt Niemand, der es wagt,

Sich kuhn mit mir zu schlagen!


Ich lasse dich nicht anders los,

Und bürge für dein Leben;

Du bleibest hier auf meinem Schloß,

Bis dir Geleit gegeben!«


Früh bei des Morgens erster Gluth

Beginnt zu Pferd das Jagen;

Und Hermann kömmt mit Schlachtenwuth

Sich mit dem Wild zu schlagen.


Es tönet laut der Hörner Schall,

Der Wald beginnt zu leben,

Und vor dem blanken Mörderstahl

Erschrickt das Wild mit Beben.


Da naht, vom Busche aufgeschreckt,

Ein Hirsch mit Pfeilesschnelle,

Und Hermanns Gaul, vom Sporn geweckt,

Verfolgt ihn auf der Stelle.


Der Ritter, der kaum Athem fand,

Durchfliegt die düstern Eichen,

Und nahe einer Felsenwand

Will ihn sein Wurf erreichen –


Da stürzte, wie vom Blitzesstrahl'

In Abgrund beim Gewitter,

Der Hirsch zuerst den Todesfall,

Und Hermann dann der Ritter.


Die That verbürget noch der Hain

Uns in den späten Tagen;

Man höret noch am Hermannsstein

Des Ritters Wittwe klagen. –

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 360-361.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten

Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten

Anders als in seinen früheren, naturalistischen Stücken, widmet sich Schnitzler in seinem einsamen Weg dem sozialpsychologischen Problem menschlicher Kommunikation. Die Schicksale der Familie des Kunstprofessors Wegrat, des alten Malers Julian Fichtner und des sterbenskranken Dichters Stephan von Sala sind in Wien um 1900 tragisch miteinander verwoben und enden schließlich alle in der Einsamkeit.

70 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon