3.

[180] In Edesheim ist eine Straße, die Kattenstrâte genannt, und daran wieder ein Haus, welches noch jetzt dat Kattenhûs heißt. In diesem Hause wohnte vor Zeiten ein einzelner Mann. Eines Abends wollte dieser sein Abendbrot kochen und hatte zu dem Ende einen Kessel mit Brei aufgesetzt. Mit einem Male kam eine Katze vor die Thür und gab durch ihr klägliches Winseln zu erkennen, daß sie gern herein wolle. Der Mann öffnete die Thür und sagte: »kum kättgen un warme dek!« Bald darauf kam eine zweite Katze vor die Thür und dann eine dritte. Da sprach die zweite zu der dritten: »kum kättgen, warme dek, segt Hanjörgen âk vor mek.« So kamen nach und nach acht Katzen in die Stube und setzten sich um den Ofen herum. Der Mann hatte sie alle eingelassen. – Als sie nun beisammen waren, sprach die eine Katze zu der anderen: »wenn de grâte kümt, sau wil wer an.« Der Mann aber hörte das, nahm darauf den Löffel mit dem heißen Brei und schleuderte diesen den Katzen in die Augen; zugleich hieb er mit einem großen Messer unter sie und mehreren die Pfoten ab. Am anderen Tage waren viele Frauen im Dorfe krank; einigen waren die Hände oder Füße abgehauen, andere waren völlig blind.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 180.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.