211. Der Klimperhund.

[194] In dem Dorfe Löwenhagen und der Umgegend behaupten[194] viele den sogenannten Klimperhund gesehen zu haben. Man hört erst die Glocke, welche er am Halse trägt, aus der Ferne; dann kommt der Hund näher, läuft dicht bei dem Menschen vorbei und nach einem Hügel in der Gegend, wo er sich hinsetzt, eine Weile kläglich heult, darauf in einer andern Richtung fortläuft und endlich verschwindet. Er erscheint denen am ersten, die ihn am meisten fürchten, ist aber nicht bösartig.

Ein wohlhabender Bauer in Löwenhagen hatte ein Kalb aufgezogen. Einst sah er in der Abenddämmerung dasselbe zu seinem Erstaunen auf dem Hofe umhergehn. Er rief seine Leute herbei, und diese machten Anstalt das Kalb wieder in den Stall zu bringen. Aber wie erstaunten sie, als sie plötzlich den Ton des Glöckchens vernahmen! – es war der Klimperhund.

Drei Männer machten auf einer Wiese Heu. Gegen Abend hatten sie dasselbe zu Schobern gehäuft, weil sie fürchteten, es möchte über Nacht ein Gewitter kommen. Zufällig unterhielten sie sich über den Klimperhund, als sie auf einmal in der Ferne das bekannte Glöckchen vernahmen. Um sich vor dem Hunde zu schützen, verbargen sie sich in den Heuhaufen. Der Hund kam heran, ging zu jedem der Heuhaufen, sah den Mann, der sich darin verborgen hatte, mit großen Augen an, lief aber darauf zu seinem Hügel, wo er verschwand.

Eine Frau hatte Kohl vom Felde geholt. Als sie eben mit ihrer Tracht über einen Steg schreiten wollte, kam der Klimperhund an, lief »durch sie« hin, ohne sie jedoch zu berühren oder ihr ein Leid zu thun.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 194-195.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.