|
1863 | 8. Januar: Paul Carl Wilhelm Scheerbart wird als elftes Kind eines Zimmermanns in Danzig geboren. Neun seiner zehn Geschwister sterben im Kindesalter. Scheerbart weigert sich zeitlebens, Auskünfte über sich selbst zu geben. Er begründet dies mit dem Glauben an eine autonome Existenz der Seele, der Teil seiner kosmischen Weltanschauung ist. |
1867 | Tod der Mutter. |
1868 | Zweite Eheschließung des Vaters mit Emilia Möller. |
1873 | Tod des Vaters. |
1876 | Mit 13 Jahren beschließt er, Missionar zu werden und will deshalb Theologie studieren. |
1879 | Oktober: Scheerbart erhält Privatunterricht im Griechischen. |
1880 | Er tritt in die Untertertia des Gymnasiums ein. |
1882 | Januar: Scheerbart geht vom Gymnasium aus der Obertertia ab. Oktober: Er reist mit Ernst Schultz nach Berlin, um sich auf das Abiturientenexamen für das Realgymnasium vorzubereiten. |
1883 | Einjähriger auf der besonderen Anstalt in Berlin. Oktober: Er besucht die Oberprima auf dem Realgymnasium in St. Petri in Danzig (bis April 1884). |
1884 | Juli: Übersiedlung nach Leipzig. Vorbereitung auf das Examen in Sachsen. |
1885 | Scheerbart schreibt Kunstkritiken für verschiedene Zeitungen. Er hört in Leipzig, Halle, München und Wien philosophische und kunstgeschichtliche Vorlesungen. |
1886 | Scheerbart hält sich jeweils für längere Zeit in München, Wien und Königsberg auf. |
1887 | Aufenthalt in Danzig, anschließend Übersiedlung nach Berlin, wo er sich mit Religionsgeschichte befaßt. Scheerbart wird freischaffender Schriftsteller. |
1889 | In seinem ersten Buch »Das Paradies, die Heimat der Kunst« stellt Scheerbart den herrschenden Kunstrichtungen des Naturalismus, Impressionismus und Symbolismus die Forderung nach einer phantastischen Kunst entgegen. Seine Mutter schenkt ihm 1000 Mark, damit er sein Buch drucken lassen kann. Gemeinsam mit Georg Posener ruft Scheerbart zur Gründung der »Einfachen Bühne« auf. |
1890 | Scheerbart arbeitet als Kunstkritiker beim »Berliner Tageblatt«. |
1892 | Scheerbart gründet gemeinsam mit Otto Erich Hartleben und Erich Mühsam den »Verlag deutscher Phantasten«. April: Aufenthalt in Danzig, Redakteur beim »Danziger Kurier«. Oktober: Scheerbart läßt sich wieder in Berlin nieder. In den folgenden Jahren publiziert er in »Die Freie Bühne«, »Pan«, »Die Gesellschaft«, »Ver Sacrum«, »Die Jugend« und anderen Literatur- und Kunstzeitschriften, teilweise unter dem Pseudonym Kuno Küfer. |
1893 | Im eigenen »Verlag deutscher Phantasten« erscheinen »Ja ... was ... möchten wir nicht alles! Ein Wunderfabelbuch« (Fabeln) und »Das Paradies. Die Heimat der Kunst« (2. Auflage). Er nimmt am Freitagstreff des Berliner Schriftsteller-Klubs teil, dem u.a. Heinrich und Julius Hart, John Henry Mackay, Hanns von Gumppenberg, Bruno Wille, Otto Erich Hartleben und Christian Morgenstern angehören. |
1897 | »Tarub, Bagdads berühmte Köchin« (Roman). »Ich liebe dich. Ein Eisenbahnroman mit 66 Intermezzos«. »Der Tod der Barmekiden« (Roman). |
1900 | »Rakkox, der Billionär und die wilde Jagd« (Roman). 13. September: Scheerbart heiratet die Postbeamtenwitwe Anna Sommer und übersiedelt mit ihr nach Breege auf Rügen. Beginn des graphischen Werks. In den folgenden Jahren erscheinen seine Bücher mit eigenen Illustrationen. |
1901 | Februar-Juni: Scheerbart schreibt »Die große Revolution. Ein Mondroman«. |
1902 | Rückkehr von Breege, zeitweiliger Aufenthalt in Minden, anschließend Übersiedlung nach Berlin. »Immer mutig! Phantastischer Nilpferdroman mit 83 merkwürdigen Geschichten«. »Liwûna und Kaidôh« (Roman). |
1903 | Scheerbart will zusammen mit Erich Mühsam die Tageszeitung »Das Vaterland« gründen. Der Plan wird jedoch aus konzeptionellen und technischen Gründen nicht realisiert. Bedrückende finanzielle Lage. |
1904 | »Revolutionäre Theaterbibliothek« (6 Bände). »Der Kaiser von Utopia« (Roman). |
1905 | Erste Aufführung eines seiner Stücke: »Kammerdiener Kneetschke« (unter der Leitung von Herwarth Walden). |
1906 | Philipp Spandow und Alfred Walter Heymel gründen einen Scheerbart-Fonds, aus dem er monatlich 20 Mark für die Miete erhält. »Münchhausen und Clarissa« (Roman). |
1907 | Aufführung von fünf Stücken Scheerbarts im »Figaro«, einem Kabarett-Theater; dabei Debüt von Claire Waldoff in Berlin. Eine weitere Aufführung durch Claire Waldoff im Kabarett »Roland von Berlin« wird von der Zensurbehörde wegen der antimilitaristischen Tendenz der Stücke verboten. |
1909 | Der Band »Katerpoesie« (Gedichte) erscheint. Mit ihm begründet Ernst Rowohlt seinen ersten Verlag. Mit der Flugschrift »Die Entwicklung des Luftmilitarismus und die Auflösung der europäischen Land-Heere, Festungen und Seeflotten« tritt der erklärte Pazifist Scheerbart dem Militarismus des deutschen Kaiserreichs entgegen. |
1910 | Scheerbart wird Mitarbeiter an Herwarth Waldens Zeitschrift »Der Sturm«. »Das perpetum mobile, Geschichte einer Erfindung« (Abhandlung). |
1911 | In den Berliner Kammerspielen findet eine Matinée mit Scheerbarts Stücken »Isis« und »Der Direktor« statt. |
1913 | »Lesabéndio, ein Asteroidenroman«. |
1914 | »Glasarchitektur« (Abhandlung). Angeregt von diesem Buch gründet der Architekt Bruno Taut die Gruppierung »Die gläserne Kette« und widmet Scheerbart sein Glashaus (Pavillon der Glasindustrie) auf der Kölner Werkbundausstellung. Freunde gründen erneut einen Fonds zur finanziellen Unterstützung von Scheerbart. Nach dem Ausbruch des Weltkriegs nimmt Scheerbart kaum noch Nahrung zu sich. |
1915 | 15. Oktober: Paul Scheerbart stirbt in Berlin an Gehirnschlag. |
Buchempfehlung
Ein reicher Mann aus Haßlau hat sein verklausuliertes Testament mit aberwitzigen Auflagen für die Erben versehen. Mindestens eine Träne muss dem Verstorbenen nachgeweint werden, gemeinsame Wohnung soll bezogen werden und so unterschiedliche Berufe wie der des Klavierstimmers, Gärtner und Pfarrers müssen erfolgreich ausgeübt werden, bevor die Erben an den begehrten Nachlass kommen.
386 Seiten, 11.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro