Vierter Auftritt


[53] Rübezahl. Raxer. Rüffel. Ein Milchmann. Erster Tourist. Die beiden Letzteren ziehen und schieben einen kleinen Schlitten, auf dem ein toter Esel liegt – neben leeren Milchkannen, die klappern.


MILCHMANN. Mein Esel ist tot.


Bleibt stehen, sodass der Schlitten in der Mitte der Bühne bleibt.


RÜFFEL. Das ist wohl ein grosser Verlust für Dich, nicht wahr?

MILCHMANN. Ach, wenn man nur nicht die gute Laune verliert. Er ist etwas angetrunken. Und deshalb seh ich immer in die Zukunft – ganz tief – in die Zukunft hinein. Dass mein Esel mal sterben würde, das hab ich immer vorausgesehen. Und wie viel ich noch mal trinken werde, das seh ich auch voraus. Mein Leben ist eine grosse Allee, in der rechts und links volle Biergläser statt der Bäume dastehen. Und ich muss all die vollen Gläser austrinken; es bleibt mir nichts Andres übrig. Aber das[53] erhält mir die gute Laune. Das Gestrüpp der Schnäpse in den Chausseegräben muss ich auch austrinken. Wer so wie ich immer den Blick in die Zukunft ....

RÜBEZAHL. Wieviel willst Du für Deinen toten Esel und für Deinen Schlitten haben?

MILCHMANN. Eine neue Allee oder sonen kleinen Seitenweg.

RÜBEZAHL. Hier hast Du zweihundert Mark Gibt ihm zwei Scheine. Jetzt geh rasch ins nächste Wirtshaus.

MILCHMANN. Ich danke Ihnen, mein Herr! Ich sehe wieder in die Zukunft. Lebe wohl, mein liebes, gutes Tierchen. Streichelt des Esels Kopf und geht ab nach links.


Quelle:
Paul Scheerbart: Gesammelte Arbeiten für das Theater. Band 1, München 1977, S. 53-54.
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