[28] Papageno, Pamina.
PAPAGENO. Bin ich nicht ein Narr, daß ich mich schrecken ließ? – Es giebt ja schwarze Vogel in der Welt, warum denn nicht auch schwarze Menschen? – Ah, sieh da! hier ist das schöne Fräulenbild noch. – Du Tochter der nächtlichen Königinn!
PAMINA. Nächtliche Königinn? – Wer bist du?[28]
PAPAGENO. Ein Abgesandter der sternflammenden Königinn.
PAMINA freudig. Meiner Mutter? – O Wonne! – Dein Name!
PAPAGENO. Papageno!
PAMINA. Papageno? – Papageno – Ich erinnere mich den Nahmen oft gehört zu haben, dich selbst aber sah ich nie. –
PAPAGENO. Ich dich eben so wenig.
PAMINA. Du kennst also meine gute, zärtliche Mutter?
PAPAGENO. Wenn du die Tochter der nächtlichen Königinn bist – ja!
PAMINA. O ich bin es.
PAPAGENO. Das will ich gleich erkennen. Er sieht das Portrait an, welches der Prinz zuvor empfangen, und Papageno nun an einem Bande am Halse trägt. Die Augen schwarz – richtig, schwarz. – Die Lippen roth – richtig, roth – Blonde Haare – Blonde Haare. – Alles trifft ein, bis auf Händ und Füße. – – – Nach dem Gemählde zu schlüßen, sollst du weder Hände noch Füße haben; denn hier sind auch keine angezeigt.
PAMINA. Erlaube mir – Ja ich bin's – Wie kam es in deine Hände?
PAPAGENO. Dir das zu erzählen, wäre zu weitläufig; es kam von Hand zu Hand.
PAMINA. Wie kam es in die deinige?[29]
PAPAGENO. Auf eine wunderbare Art. – Ich habe es gefangen.
PAMINA. Gefangen?
PAPAGENO. Ich muß dir das umständlicher erzählen. – Ich kam heute früh wie gewöhnlich zu deiner Mutter Pallast mit meiner Lieferung. –
PAMINA. Lieferung?
PAPAGENO. Ja, ich liefere deiner Mutter, und ihren Jungfrauen schon seit vielen Jahren alle die schönen Vögel in den Pallast. – Eben als ich im Begriff war, meine Vögel abzugeben, sah ich einen Menschen vor mir, der sich Prinz nennen läßt. – Dieser Prinz hat deine Mutter so eingenommen, daß sie ihm dein Bildniß schenkte, und ihm befahl, dich zu befreyen. – Sein Entschluß war so schnell, als seine Liebe zu dir.
PAMINA. Liebe? Freudig. Er liebt mich also? O sage mir das noch ein Mahl, ich höre das Wort Liebe gar zu gerne.
PAPAGENO. Das glaube ich dir ohne zu schwören; bist ja ein Fräulenbild. – Wo blieb ich denn?
PAMINA. Bey der Liebe.
PAPAGENO. Richtig, bey der Liebe! – Das nenn ich Gedächtniß haben – Kurz also, diese große Liebe zu dir war der Peitschenstreich, um unsre Füße in schnellen Gang zu[30] bringen; nun sind wir hier, dir tausend schöne und angenehme Sachen zu sagen; dich in unsre Arme zu nehmen, und wenn es möglich ist, eben so schnell, wo nicht schneller als hierher, in den Pallast deiner Mutter zu eilen.
PAMINA. Das ist alles sehr schön gesagt; aber lieber Freund! wenn der unbekannte Jüngling oder Prinz, wie er sich nennt, Liebe für mich fühlt, warum säumt er so lange, mich von meinen Fesseln zu befreyen? –
PAPAGENO. Da steckt eben der Hacken. – Wie wir von den Jungfrauen Abschied nahmen, so sagten sie uns, drey holde Knaben würden unsre Wegweiser seyn, sie würden uns belehren, wie und auf was Art wir handeln sollen.
PAMINA. Sie lehrten euch?
PAPAGENO. Nichts lehrten sie uns, denn wir haben keinen gesehen. – Zur Sicherheit also war der Prinz so fein, mich voraus zu schicken, um dir unsre Ankunft anzukündigen. –
PAMINA. Freund, du hast viel gewagt! – Wenn Sarastro dich hier erblicken sollte. – –
PAPAGENO. So wird mir meine Rückreise erspart – Das kann ich mir denken.[31]
PAMINA. Dein martervoller Tod würde ohne Grenzen seyn.
PAPAGENO. Um diesem auszuweichen, so gehen wir lieber bey Zeiten.
PAMINA. Wie hoch mag wohl die Sonne seyn?
PAPAGENO. Bald gegen Mittag.
PAMINA. So haben wir keine Minute zu versäumen. – Um diese Zeit kommt Sarastro gewöhnlich von der Jagd zurück.
PAPAGENO. Sarastro ist also nicht zu Hause? – Pah! da haben wir gewonnenes Spiel! – Komm, schönes Fräulenbild! du wirst Augen machen, wenn du den schönen Jüngling erblickst.
PAMINA. Wohl denn! es sey gewagt! Sie gehen, Pamina kehrt um. Aber wenn dieß ein Fallstrick wäre – Wenn dieser nun ein böser Geist von Sarastros Gefolge wäre? – Sieht ihn bedenklich an.
PAPAGENO. Ich ein böser Geist? – Wo denkt ihr hin Fräulenbild? – Ich bin der beste Geist von der Welt.
PAMINA. Doch nein; das Bild hier überzeugt mich, daß ich nicht getäuscht bin; Es kommt von den Händen meiner zärtlichsten Mutter.
PAPAGENO. Schön's Fräulenbild, wenn dir wieder ein so böser Verdacht aufsteigen sollte[32] , daß ich dich betrügen wollte, so denke nur fleißig an die Liebe, und jeder böse Argwohn wird schwinden.
PAMINA. Freund, vergieb! vergieb! wenn ich dich beleidigte. Du hast ein gefühlvolles Herz, das sehe ich in jedem deiner Züge.
PAPAGENO. Ach freylich hab ich ein gefühlvolles Herz – Aber was nützt mich das alles? – Ich möchte mir oft alle meine Federn ausrupfen, wenn ich bedenke, daß Papageno noch keine Papagena hat.
PAMINA. Armer Mann! du hast also noch kein Weib?
PAPAGENO. Nicht einmahl ein Mädchen, viel weniger ein Weib! – Ja das ist betrübt! – Und unser einer hat doch auch bisweilen seine lustigen Stunden, wo man gern gesellschaftliche Unterhaltung haben möcht. –
PAMINA. Geduld Freund! der Himmel wird auch für dich sorgen; er wird dir eine Freundinn schicken, ehe du dir's vermuthest. –
PAPAGENO. Wenn er's nur bald schickte.[33]
PAMINA.
Duetto
Bey Männern, welche Liebe fühlen,
Fehlt auch ein gutes Herze nicht.
PAPAGENO.
Die süßen Triebe mit zu fühlen,
Ist dann der Weiber erste Pflicht.
BEYDE.
Wir wollen uns der Liebe freu'n,
Wir leben durch die Lieb allein.
PAMINA.
Die Lieb' versüßet jede Plage,
Ihr opfert jede Kreatur.
PAPAGENO.
Sie würzet unsre Lebenstage,
Sie wirkt im Kreise der Natur.
BEYDE.
Ihr hoher Zweck zeigt deutlich an,
Nichts edlers sey, als Weib und Mann.
Mann und Weib, und Weib und Mann,
Reichen an die Götter an.
Beyde ab.[34]
Buchempfehlung
Im Dreißigjährigen Krieg bejubeln die deutschen Protestanten den Schwedenkönig Gustav Adolf. Leubelfing schwärmt geradezu für ihn und schafft es endlich, als Page in seine persönlichen Dienste zu treten. Was niemand ahnt: sie ist ein Mädchen.
42 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro