Erster Auftritt


[689] Thibaut d'Arc. Seine drei Töchter. Drei junge Schäfer, ihre Freier.


THIBAUT.

Ja, liebe Nachbarn! Heute sind wir noch

Franzosen, freie Bürger noch und Herren

Des alten Bodens, den die Väter pflügten;

Wer weiß, wer morgen über uns befiehlt!

Denn aller Orten läßt der Engelländer

Sein sieghaft Banner fliegen, seine Rosse

Zerstampfen Frankreichs blühende Gefilde.

Paris hat ihn als Sieger schon empfangen,

Und mit der alten Krone Dagoberts

Schmückt es den Sprößling eines fremden Stamms.

Der Enkel unsrer Könige muß irren

Enterbt und flüchtig durch sein eignes Reich,

Und wider ihn im Heer der Feinde kämpft

Sein nächster Vetter und sein erster Pair,

Ja seine Rabenmutter führt es an.

Rings brennen Dörfer, Städte. Näher stets

Und näher wälzt sich der Verheerung Rauch

An diese Täler, die noch friedlich ruhn.

– Drum, liebe Nachbarn, hab ich mich mit Gott

Entschlossen, weil ichs heute noch vermag,

Die Töchter zu versorgen; denn das Weib

Bedarf in Kriegesnöten des Beschützers,

Und treue Lieb hilft alle Lasten heben.


Zu dem ersten Schäfer.


– Kommt, Etienne! Ihr werbt um meine Margot.

Die Äcker grenzen nachbarlich zusammen,

Die Herzen stimmen überein – das stiftet

Ein gutes Ehband!


Zu dem zweiten.


Claude Marie! Ihr schweigt,[689]

Und meine Louison schlägt die Augen nieder?

Werd ich zwei Herzen trennen, die sich fanden,

Weil Ihr nicht Schätze mir zu bieten habt?

Wer hat jetzt Schätze? Haus und Scheune sind

Des nächsten Feindes oder Feuers Raub –

Die treue Brust des braven Manns allein

Ist ein sturmfestes Dach in diesen Zeiten.

LOUISON.

Mein Vater!

CLAUDE MARIE.

Meine Louison!

LOUISON Johanna umarmend.

Liebe Schwester!

THIBAUT.

Ich gebe jeder dreißig Acker Landes

Und Stall und Hof und eine Herde – Gott

Hat mich gesegnet und so segn er euch!

MARGOT Johanna umarmend.

Erfreue unsern Vater. Nimm ein Beispiel!

Laß diesen Tag drei frohe Bande schließen.

THIBAUT.

Geht! Machet Anstalt. Morgen ist die Hochzeit,

Ich will, das ganze Dorf soll sie mitfeiern.


Die zwei Paare gehen Arm in Arm geschlungen ab.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 689-690.
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