Vierter Auftritt


[380] Buttler zu den Vorigen.


BUTTLER von der zweiten Tafel kommend.

Laßt Euch nicht stören.

Ich hab Euch wohl verstanden, Feldmarschall.

Glück zum Geschäfte – und was mich betrifft,


Geheimnisvoll.


So könnt Ihr auf mich rechnen.

ILLO lebhaft.

Können wirs?

BUTTLER.

Mit oder ohne Klausel! gilt mir gleich!

Versteht Ihr mich? Der Fürst kann meine Treu

Auf jede Probe setzen, sagt ihm das.

Ich bin des Kaisers Offizier, solang ihm[380]

Beliebt, des Kaisers General zu bleiben,

Und bin des Friedlands Knecht, sobald es ihm

Gefallen wird, sein eigner Herr zu sein.

TERZKY.

Ihr treffet einen guten Tausch. Kein Karger,

Kein Ferdinand ists, dem Ihr Euch verpflichtet.

BUTTLER ernst.

Ich biete meine Treu nicht feil, Graf Terzky,

Und wollt Euch nicht geraten haben, mir

Vor einem halben Jahr noch abzudingen,

Wozu ich jetzt freiwillig mich erbiete.

Ja, mich samt meinem Regiment bring ich

Dem Herzog, und nicht ohne Folgen soll

Das Beispiel bleiben, denk ich, das ich gebe.

ILLO.

Wem ist es nicht bekannt, daß Oberst Buttler

Dem ganzen Heer voran als Muster leuchtet!

BUTTLER.

Meint Ihr, Feldmarschall? Nun, so reut mich nicht

Die Treue, vierzig Jahre lang bewahrt,

Wenn mir der wohlgesparte gute Name

So volle Rache kauft im sechzigsten! –

Stoßt euch an meine Rede nicht, ihr Herrn.

Euch mag es gleichviel sein, wie ihr mich habt,

Und werdet, hoff ich, selber nicht erwarten,

Daß euer Spiel mein grades Urteil krümmt –

Daß Wankelsinn und schnell bewegtes Blut,

Noch leichte Ursach sonst den alten Mann

Vom langgewohnten Ehrenpfade treibt.

Kommt! Ich bin darum minder nicht entschlossen,

Weil ich es deutlich weiß, wovon ich scheide.

ILLO.

Sagts rund heraus, wofür wir Euch zu halten –

BUTTLER.

Für einen Freund! Nehmt meine Hand darauf,

Mit allem, was ich hab, bin ich der Eure.

Nicht Männer bloß, auch Geld bedarf der Fürst.

Ich hab in seinem Dienst mir was erworben,

Ich leih es ihm, und überlebt er mich,

Ists ihm vermacht schon längst, er ist mein Erbe.

Ich steh allein da in der Welt, und kenne

Nicht das Gefühl, das an ein teures Weib[381]

Den Mann und an geliebte Kinder bindet,

Mein Name stirbt mit mir, mein Dasein endet.

ILLO.

Nicht Eures Gelds bedarfs – ein Herz, wie Euers,

Wiegt Tonnen Goldes auf und Millionen.

BUTTLER.

Ich kam, ein schlechter Reitersbursch, aus Irland

Nach Prag mit einem Herrn, den ich begrub.

Vom niedern Dienst im Stalle stieg ich auf,

Durch Kriegsgeschick, zu dieser Würd und Höhe,

Das Spielzeug eines grillenhaften Glücks.

Auch Wallenstein ist der Fortuna Kind,

Ich liebe einen Weg, der meinem gleicht.

ILLO.

Verwandte sind sich alle starken Seelen.

BUTTLER.

Es ist ein großer Augenblick der Zeit,

Dem Tapfern, dem Entschloßnen ist sie günstig.

Wie Scheidemünze geht von Hand zu Hand,

Tauscht Stadt und Schloß den eilenden Besitzer.

Uralter Häuser Enkel wandern aus,

Ganz neue Wappen kommen auf und Namen,

Auf deutscher Erde unwillkommen wagts

Ein nördlich Volk sich bleibend einzubürgern.

Der Prinz von Weimar rüstet sich mit Kraft,

Am Main ein mächtig Fürstentum zu gründen,

Dem Mansfeld fehlte nur, dem Halberstädter

Ein längres Leben, mit dem Ritterschwert

Landeigentum sich tapfer zu erfechten.

Wer unter diesen reicht an unsern Friedland?

Nichts ist so hoch, wornach der Starke nicht

Befugnis hat, die Leiter anzusetzen.

TERZKY.

Das ist gesprochen wie ein Mann!

BUTTLER.

Versichert euch der Spanier und Welschen,

Den Schotten Leßly will ich auf mich nehmen.

Kommt zur Gesellschaft! Kommt!

TERZKY.

Wo ist der Kellermeister?

Laß aufgehn, was du hast! die besten Weine!

Heut gilt es. Unsre Sachen stehen gut.


Gehen, jeder an seine Tafel.[382]


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 380-383.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Wallenstein
Lektürehilfen Friedrich Schiller 'Wallenstein'
Wallensteins Lager /Die Piccolomini
Wallensteins Tod.
Wallenstein: Ein dramatisches Gedicht Tübingen 1800
Wallenstein: Ein dramatisches Gedicht (Fischer Klassik)

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt

Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt

In Paris ergötzt sich am 14. Juli 1789 ein adeliges Publikum an einer primitiven Schaupielinszenierung, die ihm suggeriert, »unter dem gefährlichsten Gesindel von Paris zu sitzen«. Als der reale Aufruhr der Revolution die Straßen von Paris erfasst, verschwimmen die Grenzen zwischen Spiel und Wirklichkeit. Für Schnitzler ungewöhnlich montiert der Autor im »grünen Kakadu« die Ebenen von Illusion und Wiklichkeit vor einer historischen Kulisse.

38 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon