Erster Auftritt.

[34] Eine Wiese vor Salzburg, ein klarer Bach in dem sich Hanswurst badet, am Ufer liegt sein Wams und sein Pritschholz. Die Sonne scheint, man hört Mükken sumsen, und Frösche quaken.1


HANSWURST im Wasser.

Ei alle Hagel, das nenn' ich ein Bad

Das sich mein Treue gewaschen hat,

Das Wasser so klare, und dabei so warm,

Wäscht rein von Drek, wäscht rein von Harm.[34]

Von Fröschlein umaquakt, von Müklein umsurrt,

Wird einem das Herz so leicht, und so neu:

Als säß' man im Bade der Wiedergeburt.2

Da siz' ich nun hier bei meiner Treu!

Als wie weiland die schöne Susanne

Begaft von den Richtern in der Badewanne,

Und denke den wunderlichen Fata nach,

Seitdem ich über Hals und über Kopf

Aus Berlin mich mußt' pakken, ich armer Tropf!

Hatte da so manchen frohen Tag,

Hatt' mich bei dem Volk so eingefressen,

Und lebte in lauter Lüsten und Freud,

Als hätt ich in Abrams Schos gesessen.

Hatten mich so gern die lieben Leut,

Kam da als Narre so gut zu recht,

Und lebte wie unter meinem Geschlecht.

Kam ich mit dem bunten Wams aufs Theater

Das war ein Gejauchze und ein Geschrei

Und ein Geklatsch und ein Gejuchhei!

Freute sich die Tochter, wie die Mutter, der Sohn wie der Vater

Ueber meine Schwänk' und Hanswurstereien.

Hatten ein rechtes Vergnügen daran,

Wenn sie sich selber vorstellen sah'n;[35]

Thäten sich drüber gar inniglich freuen.

Mus ihnen lassen das Recht wiederfahren,

Daß wenn sie schon nicht so angezogen waren,

Wie ich, ihr Narre und Pritschenträger:

So waren sie doch meistens meine Schwäger.

Und jeder sieht seines Gleichen gern,

Drum klatschen sie auch immer so die Herrn.

Mein Baron Zwikkel, die Rosinen- und Mandel- Batallje,

Die Unruhen von Bevidere behagten bas.

Sie kamen gerant, es mocht seyn trokken oder nas.

Hatten's lieber wie Korneljens Geschmiere.

Bis auf einmal die vermaledeite Alzire

Den ganzen Kram über'n Haufen schmis,

Und mir's liebe Publikum en canaille

Auf einmal auf die Nase sch-s.

Da gaben Sie mich den Spittelweibern preis

Die bläuten mich tüchtig – mein armer Steis

Ging drüber zu Grunde, da hing er in Stükken.

Mußte so gleich zum Tischer schikken,

Der mußt'n mir wieder zusammenflikken.

So hab ich nun 'nen hölzernen Gat.

Doch es ist Zeit! herraus aus dem Bad.


Hanswurst steigt aus dem Wasser und legt seine Kleider an.


Muß nun weiter mein Heil versuchen,

Was hilft all das Sakermentiren, und all das Fluchen?

Hat doch Götz von Berlichingen der edle Held,

Den uns Herr Göthe vorgestellt,[36]

Einen eisernen Arm, und in der That

Ist immer noch besser ein hölzerner Gat.

Mit seinem Steis ficht man doch nicht,

Auch fält er einem nicht in's Gesicht.

Und wer weis, ob nicht einmal ein groß Genie

Aus meiner Geschicht, wenn er sie erfährt,

Ein Schauspiel macht; der Stof ists wert.

Muß drüber lachen, hi, hi, hi,

Wenn in 'nem Schauspiel nach historischem Zuschnitt

Einmal mein wehrtes Ebenbild auftritt.


Hanswurst sieht sich um, und erblikt ein Haus aus dem Stoffel Knips heraus kömt.


Sieh da! da seh' ich ja schon ein Haus

Und sieh ein alter Mann kömt 'raus

Muß mit ihm reden dem lieben Mann.

Liebwehrter Herr komt doch herran,

Und nehmt Euch 'nes armen Schelmes an.


Quelle:
Johann Friedrich Schink: Marionettentheater. Heidelberg 1925, S. 34-37.
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