Vierter Auftritt.

[125] In Schwarzrok und Vorige.


DIE DAME.

Ha der Magister! Her Philosoph,

Schön guten Morgen! Woher so früh?

Wie geht's? Was macht die Philosophie?

DER SCHWARZROK.

Mein schönes Kind, verzeihen Sie,

Mach' Ihnen sehr früh heut mein'n Hof.

Denn hab' noch viel zu rezensiren,

Darf also keine Zeit verlieren

Weil ich bald an die Arbeit geh.

HANSWURST.

Ha! was für Züge, und Töne? He!

Das ist mein Junge! Lieber Sohn,

Wie kamst Du mit dem Leben davon?

Du fielst ja in des Meeres Schlunde?

DER SCHWARZROK.

Ja Vater, aber kam nicht auf dem Grunde.

Durch viel Fata mancherlei,

Bin ich anhero angekommen.

Ist hier ein närrisch Volk, mein Treu!

Ward auch recht gütig aufgenommen,

Und glaubt mir, lieber Vater, dabei,

Hanswurst gilt viel hier noch mein Treu.[126]

Sie haben ihm zwar das Wams genommen,

Doch rollirt er noch im Publiko rum,

Auf allen Ekken rund herum.

Trägt Allongeperrüken und Priesterkragen,

Und ist, Euch platt herauszusagen,

In allen Ständen wol gelitten,

So in Pallästen, wie in Hütten.

Ich selber, als Magister hier,

Tret' oft mit meiner Kappe für,

Mit allem meinen Narrenwesen.

Dürft nur die allgemeine Bibliothek lesen.

Ich, lieber Vater, arbeite dran,

Wie Euch, wenn Ihr wolt, der Artikel:

Schöne Wissenschaften, beweisen kan.

Bin sehr bekant auf der Stechbahn.

Da hau' ich Euch die grossen Geister,

Göthe, Wieland und Lenz zusamm'n

Sind zwar Virtuosen und grosse Meister

Und denen ich allen, God my dam!

Nicht die Schuriemen auflösen kan.

Aber was thut's? ich hau sie zusamm'n.

HANSWURST.

Das hab' ich längst gemerkt, mein Seel'.

Nu das ist doch ein rechter hübscher Empfel

Für die allgemeine deutsche Bibliothek.

Hab's längst an dem unverschämten Tone

Und an dem pöbelhaften Hone

Gemerkt, daß so ein Stük von Gek,[127]

Die schöne Wissenschaft rezensirt.

Da hat uns das Schicksal gar wunderlich

Zusammengeführt, mich und Dich.

DER SCHWARZROK.

Ich freu' mich herzlich über dies Glük,

Doch komt, ich mus Euch ein neues Stük

Vorlesen, aus der Stechbahn'schen Fabrik,

Es ist der Flein fein Almanach,

Wo Euch der Verfasser in der Vorrede vermessen,

Herrn Bürger zu schinden nicht hat vergessen,

Und viele andere Männer gros,

Als wie die Buben skandalisirt.

Nun hört mir zu, wie sich's, gebür't.


Der Schwarzrok liest die Vorrede; das alt Mütterchen, die Dame, und Hanswurst bekommen während des Vorlesens Gicht, und Bauchgrimmen.


DER SCHWARZROK.

Auweh! mein Magen, auweh! auweh!

Ich krige Bauchgrimmen. Geschwind macht mir Thee.

Auweh! es zukt mir durch alle Glieder,

Almächtige Götter, ich sinke darnieder!

O du verfluchte Vorrede du!

Du machst mich krepiren.

HANSWURST.

Und mich dazu.

DIE DAME.

Auweh! mir thut's die Glieder zerreissen.[128]

ALT MÜTTERCHEN.

Auweh! ich fange an zu sch-n,

Ich krige den Durchfall, meiner Treu!

DER SCHWARZROK.

Lebt wol, mein Leben ist vorbei!


Stirbt.


HANSWURST.

Auweh! ich sterbe, ich bin tot!


Fährt ab.


DIE DAME.

Mein Auge starrt, o Kreuz, o Not.


Bläst den Geist aus.


ALT MÜTTERCHEN.

Da fährt der Geist zum Hintern hinaus.


Krepirt.


DER SOUFLEUR kriecht aus seinem Loch.

Da sind sie nun tot, wie eine Maus.

Ist alles am Almanach krepirt,

O! daß so 'n verfluchtes Buch geschmiert!

Ich selber füle meinen Tod.

Poz Almanach! Poz Schwerenot!


Soufleur, röchelt und stirbt.

Vorhang fällt zu.


Ende des Schauspiels.
[129]


Quelle:
Johann Friedrich Schink: Marionettentheater. Heidelberg 1925, S. 125-130.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Fantasiestücke in Callots Manier

Fantasiestücke in Callots Manier

Als E.T.A. Hoffmann 1813 in Bamberg Arbeiten des französischen Kupferstechers Jacques Callot sieht, fühlt er sich unmittelbar hingezogen zu diesen »sonderbaren, fantastischen Blättern« und widmet ihrem Schöpfer die einleitende Hommage seiner ersten Buchveröffentlichung, mit der ihm 1814 der Durchbruch als Dichter gelingt. Enthalten sind u.a. diese Erzählungen: Ritter Gluck, Don Juan, Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza, Der Magnetiseur, Der goldne Topf, Die Abenteuer der Silvester-Nacht

282 Seiten, 13.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon