3.

Boccaccio

[317] So wie der kluge Gärtner saubre Gänge

Um zierlich eingefaßte Beete ziehet,

Allein nicht hemmt, nur pflegt, was drinnen blühet,

Daß sich die Kraft der Pflanzen üppig dränge:


So ist Boccaccio, der Geschichten Menge

Als Blumenflor zu ordnen, wohl bemühet;

Rings schmücken, wie ein goldner Rahmen glühet,

Sie heitre Reden, Landlust, Spiel, Gesänge.


Betäubt des Gartens Duft die zarte Jugend,

Verdammt die Spröde, wo sie gern erröthet,

Und lernen neue Tücken selbst die Schlauen:


So wirft sich, glaubensvoll an ihre Tugend

Und Sittsamkeit, die nicht ein Hauch ertödtet,

Der Dichter in den Schutz der edlen Frauen.

Quelle:
August Wilhelm von Schlegel: Sämtliche Werke Band 1, Leipzig 1846, S. 317-318.
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