[44] Getümmel, Angriffe, ein Rückzug. König Johann, Eleonore, Arthur, der Bastard, Hubert und Edelleute.
KÖNIG JOHANN zu Eleonore.
So sei es: stark bewacht soll Eure Hoheit
Zurück hier bleiben. – Sieh nicht traurig, Vetter;[44]
Großmutter liebt dich, und dein Oheim wird
So wert dich halten, als dein Vater tat.
ARTHUR.
O dieser Gram wird meine Mutter töten!
KÖNIG JOHANN zum Bastard.
Ihr, Vetter, fort nach England! Eilt voran,
Und eh' wir kommen, schüttle du die Säcke
Aufspeichernder Prälaten; setz' in Freiheit
Gefangne Engel; denn die fetten Rippen
Des Friedens müssen jetzt den Hunger speisen.
Ich geb' hiezu dir unbeschränkte Vollmacht.
BASTARD.
Buch, Glock' und Kerze sollen mich nicht schrecken,
Wenn Gold und Silber mir zu kommen winkt.
Ich lasse Eure Hoheit; – ich will beten,
Großmutter, wenn mir's einfällt, fromm zu sein,
Für Euer Wohl: so küss' ich Euch die Hand.
ELEONORE.
Lebt wohl, mein lieber Vetter!
KÖNIG JOHANN.
Lebe wohl!
Bastard ab.
ELEONORE.
Komm zu mir, kleiner Enkel! Hör' ein Wort!
Sie nimmt Arthur beiseit.
KÖNIG JOHANN.
Komm zu mir, Hubert! – O mein bester Hubert!
Wir schulden viel dir; eine Seele wohnt
In diesem Fleisch, die dich als Schuldner achtet
Und deine Liebe will mit Wucher zahlen.
Und dein freiwill'ger Eid, mein guter Freund,
Lebt sorgsamlich gepflegt in dieser Brust.
Gib mir die Hand! Ich hätte was zu sagen,
Allein ich spar's auf eine beßre Zeit.
Beim Himmel, Hubert, fast muß ich mich schämen,
Zu sagen, wie du lieb und wert mir bist:
HUBERT.
Gar sehr verpflichtet Eurer Majestät.
KÖNIG JOHANN.
Noch, Freund, hast du nicht Ursach', das zu sagen,
Doch du bekömmst sie; wie die Zeit auch schleicht,
So kömmt sie doch für mich, dir wohlzutun.
Ich hatte was zu sagen, – doch es sei:[45]
Die Sonn' ist droben, und der stolze Tag,
Umringt von den Ergötzungen der Welt,
Ist allzu üppig und zu bunt geputzt,
Um mir Gehör zu geben. – Wenn die Glocke
Der Mitternacht mit eh'rner Zunge Ruf
Die Nacht an ihre träge Laufbahn mahnte;
Wenn dies ein Kirchhof wäre, wo wir stehn,
Und du von tausend Kränkungen bedrückt;
Und hätte Schwermut, jener düstre Geist,
Dein Blut gedörrt, es schwer und dick gemacht,
Das sonst mit Kitzeln durch die Adern läuft
Und treibt den Geck, Gelächter, in die Augen,
Daß eitle Lustigkeit die Backen bläht, –
Ein Trieb, der meinem Tun verhaßt ist; – oder
Wenn du mich könntest ohne Augen sehn,
Mich hören ohne Ohren und erwidern
Ohn' eine Zunge, mit Gedanken bloß,
Ohn' Auge, Ohr und läst'gen Schall der Worte:
Dann wollt' ich, trotz dem lauernd wachen Tag,
In deinen Busen schütten, was ich denke.
Doch ach! ich will nicht. – Doch bin ich dir gut,
Und glaub' auch, meiner Treu! du bist mir gut.
HUBERT.
So sehr, daß, was Ihr mich vollbringen heißt,
Wär' auch der Tod an meine Tat geknüpft,
Ich tät's beim Himmel doch.
KÖNIG JOHANN.
Weiß ich das nicht?
Mein guter Hubert! Hubert! Wirf den Blick
Auf jenen jungen Knaben: hör', mein Freund,
Er ist 'ne rechte Schlang' in meinem Weg,
Und wo mein Fuß nur irgend niedertritt,
Da liegt er vor mir: du verstehst mich doch?
Du bist sein Hüter.
HUBERT.
Und will so ihn hüten,
Daß Eure Majestät nichts fürchten darf.
KÖNIG JOHANN.
Tod.
HUBERT.
Mein Fürst?
KÖNIG JOHANN.
Ein Grab.
HUBERT.
Er soll nicht leben.[46]
KÖNIG JOHANN.
Genug!
Nun könnt' ich lustig sein; Hubert, ich lieb' dich,
Ich will nicht sagen, was ich dir bestimme.
Gedenke dran! – Lebt wohl denn, gnäd'ge Frau:
Ich sende Eurer Majestät die Truppen.
ELEONORE.
Mein Segen sei mit dir.
KÖNIG JOHANN.
Komm, Vetter, mit nach England!
Hubert soll dein Gefährt' sein, dich bedienen
Mit aller Treu' und Pflicht. – Fort, nach Calais!
Alle ab.
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