[71] Ebendaselbst. Ein Zimmer im Palaste.
König Johann, Pandulpho mit der Krone, und Gefolge treten auf.
KÖNIG JOHANN.
So übergab ich denn in Eure Hand
Den Zirkel meiner Würde.
PANDULPHO indem er dem Könige die Krone gibt.
Nehmt zurück
Aus dieser meiner Hand, als Lehn des Papstes,
Die königliche Hoheit und Gewalt!
KÖNIG JOHANN.
Nun haltet Euer heil'ges Wort: begebt
Ins Lager der Franzosen Euch, und braucht
Von Seiner Heiligkeit all Eure Vollmacht,
Sie aufzuhalten, eh' in Brand wir stehn.
Die mißvergnügten Gauen fallen ab,
In Zwietracht ist das Volk mit seiner Pflicht,
Ergebenheit und Herzensliebe schwörend
Ausländ'schem Blut und fremdem Königtum.
Und diese Überschwemmung böser Säfte
Kann nur von Euch allein besänftigt werden.
Drum zögert nicht: die Zeiten sind so krank,
Daß, wenn man nicht sogleich Arznei verordnet,
Unheilbares Verderben folgen muß.
PANDULPHO.
Mein Odem war's, der diesen Sturm erregt
Auf Euer starr Verfahren mit dem Papst.
Nun, da Ihr Euch zu mildem Sinn bekehrt,
So soll mein Mund den Sturm des Krieges stillen
Und dem durchtobten Land schön Wetter geben.
Auf diesen Himmelfahrtstag, merkt es wohl,[71]
Nach Eurem Schwur, dem Papst zu dienen, schaff' ich,
Daß Frankreich seine Waffen niederlege.
Ab.
KÖNIG JOHANN.
Ist Himmelfahrtstag? Sprach nicht der Prophet,
Auf Himmelfahrt um Mittag würd' ich mich
Der Kron' entäußern? Also tat ich auch:
Ich glaubte da, es sollt' aus Zwang geschehn,
Doch, Gott sei Dank, es ist freiwillig nur.
Der Bastard tritt auf.
BASTARD.
Ganz Kent ergab sich schon; nichts hält sich dort
Als Dover-Schloß; den Dauphin und sein Heer
Hat London wie ein güt'ger Wirt empfangen;
Eu'r Adel will nicht hören und ist fort,
Um Eurem Feinde Dienste anzubieten,
Und wildeste Bestürzung jagt umher
Die kleine Zahl der zweifelhaften Freunde.
KÖNIG JOHANN.
Und wollten nicht zurück die Edlen kommen,
Als sie gehört, Prinz Arthur lebe noch?
BASTARD.
Sie fanden tot ihn auf der Straße liegen,
Ein leeres Kästchen, wo des Lebens Kleinod
Von einer Frevlerhand gestohlen war.
KÖNIG JOHANN.
Der Schurke Hubert sagte mir, er lebe.
BASTARD.
Bei meiner Seel', er wußt' es auch nicht anders.
Doch was senkt Ihr das Haupt? Was seht Ihr traurig?
Seid groß in Taten, wie Ihr's wart im Sinn,
Laßt nicht die Welt von Furcht und trübem Mißtrau'n
Beherrscht ein königliches Auge sehn:
Seid rührig wie die Zeit, Feu'r gegen Feuer,
Bedroht den Droher, übertrotzt des Schreckens
Prahlhafte Stirn: so werden niedre Augen,
Die ihr Betragen von den Großen leihn,
Durch Euer Vorbild groß, und sie erfüllt
Der kühne Geist der Unerschrockenheit.
Hinweg! und glänzet wie der Gott des Kriegs,
Wenn er gesonnen ist, das Feld zu zieren:
Zeigt Kühnheit und erhebendes Vertrau'n!
Soll man den Leu'n in seiner Höhle suchen?[72]
Und da ihn schrecken? da ihn zittern machen?
Oh, daß man das nicht sage! – Macht Euch auf,
Und trefft das Unheil weiter weg vom Haus,
Und packt es an, eh' es so nahe kommt!
KÖNIG JOHANN.
Es war hier bei mir der Legat des Papstes,
Mit dem ich glücklich einen Frieden schloß;
Und er versprach, die Heersmacht wegzusenden,
Die mit dem Dauphin kommt.
BASTARD.
O schmählich Bündnis!
So sollen wir, auf eignem Grund und Boden,
Begrüßung senden und Vergleiche machen,
Verhandlungen, Vorschläge, feigen Stillstand
Auf solchen Angriff? Soll ein glatter Knabe,
Ein seidnes Bübchen, trotzen unsern Au'n
Und seinen Mut auf streitbar'm Boden weiden,
Die Luft mit eitel weh'nden Fahnen höhnend,
Und nichts ihn hemmen? König, zu den Waffen!
Dem Kardinal gelingt wohl nicht der Friede,
Und wenn auch, mind'stens sage man von uns,
Daß sie zur Gegenwehr bereit uns sahn!
KÖNIG JOHANN.
Die Anordnung der jetz'gen Zeit sei dein!
BASTARD.
Fort denn, mit gutem Mut! und Ihr sollt sehn,
Wir könnten einen stolzern Feind bestehn.
Ab.
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