Dritte Szene

[892] Das Feld bei Bosworth.


König Richard mit Mannschaft; Herzog von Norfolk, Graf von Surrey und andre.


RICHARD.

Hier schlagt die Zelt' auf, hier im Feld bei Bosworth. –

Mylord von Surrey, warum seht Ihr trübe?

SURREY.

Mein Herz ist zehnmal heitrer als mein Blick.

RICHARD.

Mylord von Norfolk, –

NORFOLK.

Hier, mein gnäd'ger Fürst.

RICHARD.

Norfolk, hier gilt es Schläge: ha, nicht wahr?

NORFOLK.

Man gibt und nimmt sie, mein gewogner Herr.

RICHARD.

Schlagt auf mein Zelt: hier will ich ruhn zu Nacht.


Soldaten fangen an, des Königs Zelt aufzuschlagen.


Doch morgen wo? Gut, es ist alles eins. –

Wer spähte der Verräter Anzahl aus?

NORFOLK.

Sechs, sieben Tausend ist die ganze Macht.

RICHARD.

Ei, unser Heer verdreifacht den Belauf.

Auch ist des Königs Nam' ein fester Turm,

Woran der feindlichen Partei es fehlt. –

Schlagt mir das Zelt auf! – Kommt, ihr edlen Herrn,

Laßt uns der Lage Vorteil überschaun. –

Ruft ein'ge Männer von bewährtem Rat.

Laßt Zucht uns halten und nicht lässig ruhn,

Denn, Lords, auf morgen gibt's vollauf zu tun.


Richard mit den übrigen ab.


An der andern Seite des Feldes treten auf Richmond, Sir William Brandon, Oxford und andre Herren. Einige Soldaten schlagen Richmonds Zelt auf.


RICHMOMD.

Die müde Sonne ging so golden unter,

Und, nach des Feuerwagens lichter Spur,

Verheißt sie einen schönen Tag auf morgen. –

Sir William Brandon, Ihr tragt mir mein Banner. –

Gebt mir Papier und Tinte in mein Zelt. –

Ich will der Schlachtordnung Gestalt entwerfen,

Jedwedem Führer seinen Stand begrenzen

Und recht verteilen unsre kleine Macht.[892]

Mylord von Oxford, – Ihr, Sir William Brandon, –

Und Ihr, Sir Walter Herbert, bleibt bei mir; –

Der Graf von Pembroke führt sein Regiment;

Bringt, Hauptmann Blunt, ihm gute Nacht von mir,

Und um die zweite Stunde früh ersucht,

Den Grafen, mich in meinem Zelt zu sprechen.

Doch eins noch, guter Hauptmann, tut für mich:

Wo hat Lord Stanley sein Quartier? Ihr wißt es?

BLUNT.

Wenn ich mich nicht in seinen Fahnen irrte

(Was ich versichert bin, daß nicht geschehn),

So liegt sein Regiment 'ne halbe Meile

Gen Sünden von des Königs großem Heer.

RICHMOND.

Ist's ohn' Gefährde möglich, lieber Blunt,

So findet Mittel aus, mit ihm zu sprechen,

Und gebt von mir ihm dies höchst nöt'ge Blatt.

BLUNT.

Bei meinem Leben, Herr, ich unternehm's;

Und somit geb' Euch Gott geruh'ge Nacht!

RICHMOND.

Gut' Nacht, mein guter Hauptmann Blunt. Kommt, Herrn,

Laßt uns das morgende Geschäft beraten.

Ins Zelt hinein, die Luft ist rauh und kalt.


Sie begeben sich in das Zelt.


König Richard geht zu seinem Zelte mit Norfolk, Ratcliff vnd Catesby.


RICHARD.

Was ist die Uhr?

CATESBY.

Nachtessenszeit, mein Fürst:

Es ist neun Uhr.

RICHARD.

Ich will zu Nacht nicht essen. –

Gebt mir Papier und Tinte. –

Nun, ist mein Sturmhut leichter, als er war?

Und alle Rüstung mir ins Zelt gelegt?

CATESBY.

Ja, gnäd'ger Herr; 's ist alles in Bereitschaft.

RICHARD.

Mach', guter Norfolk, dich auf deinen Posten,

Halt' strenge Wache, wähle sichre Wächter!

NORFOLK.

Ich gehe, Herr.

RICHARD.

Sei mit der Lerche munter, lieber Norfolk.

NORFOLK.

Verlaßt Euch drauf, mein Fürst.


Ab.


RICHARD.

Ratcliff, –[893]

RATCLIFF.

Mein Fürst?

RICHARD.

Send' einen Waffenherold

Zu Stanleys Regiment; heiß' ihn, sein Volk

Vor Sonnenaufgang bringen, oder sein Sohn George

Fällt in die blinde Höhle ew'ger Nacht. –

Füllt einen Becher Weins; gebt mir ein Nachtlicht. –

Sattelt den Schimmel Surrey früh zur Schlacht!

Daß meine Schäfte fest und nicht zu schwer sind! –

Ratcliff, –

RATCLIFF.

Mein Fürst?

RICHARD.

Sahst du den melanchol'schen Lord Northumberland?

RATCLIFF.

Er selbst und Thomas Graf von Surrey gingen,

Im ersten Zwielicht eben, durch das Heer,

Von Schar zu Schar ermunternd unsre Leute.

RICHARD.

Das g'nügt mir. Gebt mir einen Becher Weins. –

Ich habe nicht die Rüstigkeit des Geistes,

Den frischen Mut, den ich zu haben pflegte. –

So, setzt ihn hin. – Papier und Tint' ist da?

RATCLIFF.

Ja, gnäd'ger Herr.

RICHARD.

Heißt meine Schildwacht munter sein; verlaßt mich.

Wenn halb die Nacht vorbei ist, kommt ins Zelt

Und helft mich waffnen. – Verlaßt mich, sag' ich.


Richard zieht sich in sein Zelt zurück. Ratcliff und Catesby ab.


Richmonds Zelt öffnet sich, man sieht ihn und seine Offiziere u.s.w. Stanley tritt auf.


STANLEY.

Glück und Triumph bekröne deinen Helm!

RICHMOND.

Was nur für Trost die dunkle Nacht gestattet,

Das sei dein Teil, mein edler Pflegevater!

Sag mir, wie geht es unsrer teuren Mutter?

STANLEY.

Ich segne dich aus Vollmacht deiner Mutter,

Die im Gebet verharrt für Richmonds Wohl.

So viel hievon. – Die leisen Stunden fliehn,

Und streifig Dunkel bricht im Osten sich.

Kurz, denn uns so zu fassen heischt die Zeit,

Bereite deine Schlachtordnung frühmorgens,

Und stelle der Entscheidung blut'ger Streiche[894]

Und tödlich dräu'nden Kriegs dein Glück anheim.

Ich, wie ich kann (ich kann nicht, wie ich wollte),

Gewinne schlau der Zeit den Vorteil ab

Und steh' dir bei im zweifelhaften Sturm.

Allein ich darf für dich nicht allzuweit gehn,

Denn sieht man's, wird dein zarter Bruder George

Vor seines Vaters Augen hingerichtet.

Leb wohl! Die Muße und die bange Zeit

Bricht ab der Liebe feierliche Schwüre

Und langen Wechsel herzlichen Gesprächs,

Der längst getrennte Freunde sollt' erfreun.

Gott geb' uns Muße zu der Liebe Bräuchen!

Nochmals leb wohl! Sei tapfer und beglückt!

RICHMOND.

Geleitet ihn zu seinem Regiment,

Ihr lieben Lords; ich, mit verstörtem Sinn,

Will unterdessen einzunicken trachten,

Daß blei'rner Schlaf nicht morgen auf mir laste,

Wann ich auf Siegesflügeln steigen soll.

Gut' Nacht, noch einmal, liebe Lords und Herrn!


Alle übrigen mit Stanley ab.


O du, für dessen Feldherrn ich mich achte,

Sieh deine Scharen an mit gnäd'gem Blick!

Reich' ihrer Hand des Grimms zermalmend Eisen,

Daß sie mit schwerern Falle niederschmettern

Die trotz'gen Helme unsrer Widersacher!

Mach' uns zu Dienern deiner Züchtigung,

Auf daß wir preisen dich in deinem Sieg!

Dir anbefehl' ich meine wache Seele,

Eh' ich der Augen Fenster schließe zu.

Schlafend und wachend, schirme du mich stets!


Schläft ein.


Der Geist des Prinzen Eduard, Sohnes Heinrichs des VI., steigt zwischen den beiden Zelten auf.


GEIST zu König Richard.

Schwer mög' ich morgen deine Seele lasten!

Denk', wie du mich erstachst in meiner Blüte,

Zu Tewksbury: verzweifle drum und stirb! –


[895] Zu Richmond.


Sei freudig, Richmond, denn gekränkte Seelen

Erwürgter Prinzen streiten dir zum Schutz:

Dich tröstet, Richmond, König Heinrichs Sohn.


Der Geist König Heinrichs VI. steigt auf.


GEIST zu König Richard.

Du bohrtest mir, da ich noch sterblich war,

Voll Todeswunden den gesalbten Leib;

Denk' an den Turm und mich; verzweifl' und stirb!

Heinrich der Sechste ruft: verzweifl' und stirb!


Zu Richmond.


Heilig und tugendhaft, sei Sieger du!

Heinrich, der prophezeit, du werdest König,

Kommt, dich im Schlaf zu trösten: leb' und blühe!


Der Geist des Clarence steigt auf.


GEIST zu König Richard.

Schwer mög' ich morgen deine Seele lasten!

Ich, tot gebadet einst in ekelm Wein,

Der arme Clarence, den dein Trug verriet!

Denk' in der Schlacht an mich, und fallen laß

Dein abgestumpftes Schwert! Verzweifl' und stirb!


Zu Richmond.


Du Sprößling aus dem Hause Lancaster,

Es beten für dich Yorks gekränkte Erben.

Dich schirm' ein guter Engel! Leb' und blühe!


Die Geister des Rivers, Grey und Vaughan steigen auf.


RIVERS zu König Richard.

Schwer mög' ich morgen deine Seele lasten,

Rivers, der starb zu Pomfret! Verzweifl' und stirb!

GREY zu König Richard.

Gedenk' an Grey, und laß die Seel' verzweifeln!

VAUGHAN zu König Richard.

Gedenk' an Vaughan, und laß die Lanze fallen

Vor schuldbewußter Furcht! Verzweifl' und stirb!

ALLE DREI zu Richmond.

Erwach' und denk', für dich kämpf' unser Leiden

In Richards Brust! Erwach' und sieg' im Feld!


Der Geist des Hastings steigt auf.[896]


GEIST zu König Richard.

Blutig und schuldvoll, wache schuldvoll auf,

Und ende deine Tag' in blut'ger Schlacht!

Denk' an Lord Hastings, und verzweifl' und stirb!


Zu Richmond.


In Frieden ruh'nde Seel', erwach', erwache,

Und kämpf' und sieg' in unsers Englands Sache!


Die Geister der beiden jungen Prinzen steigen auf.


GEISTER zu König Richard.

Von deinen Vettern träum', erwürgt im Turm;

Und sei'n wir Blei in deinem Busen, Richard,

Ziehn nieder dich in Unfall, Schmach und Tod!

Die Seelen deiner Neffen rufen dir:

Verzweifl' und stirb!


Zu Richmond.


Schlaf' friedlich, Richmond, und erwach' voll Mut!

Dich schirm' ein Engel vor des Ebers Wut!

Leb' und erzeug' ein reiches Königshaus!

Dich heißen Eduards arme Söhne blühen.


Der Geist der Prinzessin Anna steigt auf.

GEIST zu König Richard.

Richard, dein Weib, Anna, dein elend Weib,

Die keine ruh'ge Stunde schlief bei dir,

Füllt deinen Schlaf jetzt mit Verstörungen.

Denk' in der Schlacht an mich, und fallen laß

Dein abgestumpftes Schwert! Verzweifl' und stirb!


Zu Richmond.


Schlaf', ruh'ge Seele, schlaf' geruh'gen Schlaf!

Dir zeige Glück und Sieg im Traume sich:

Es betet deines Gegners Weib für dich.


Buckinghams Geist steigt auf.


GEIST zu König Richard.

Der erste war ich, der zum Thron dir half;

Der letzte fühlt' ich deine Tyrannei:

Oh, in der Schlacht gedenk' an Buckingham

Und stirb in Schrecken über deine Schuld!

Träum' weiter, träum' von Tod und von Verderben:

Du sollst verzweifeln und verzweifelnd sterben.


Zu Richmond.


Ich starb um Hoffnung, eh' ich Hülfe bot:

Doch stärk' dein Herz und habe keine Not![897]

Gott samt den Engeln ficht zu Richmonds Schutz,

Und Richard fällt in seinem höchsten Trutz.


Die Geister verschwinden. König Richard fährt aus seinen Träumen auf.


RICHARD.

Ein andres Pferd! Verbindet meine Wunden! –

Erbarmen, Jesus! – Still, ich träumte nur.

O feig Gewissen, wie du mich bedrängst! –

Das Licht brennt blau. Ist's nicht um Mitternacht?

Mein schauerndes Gebein deckt kalter Schweiß.

Was fürcht' ich denn? Mich selbst? Sonst ist hier niemand.

Richard liebt Richard: das heißt, Ich bin Ich.

Ist hier ein Mörder? Nein. – Ja, ich bin hier.

So flieh'! – Wie? vor dir selbst? Mit gutem Grund:

Ich möchte rächen. Wie? mich an mir selbst?

Ich liebe ja mich selbst. Wofür? Für Gutes,

Das je ich selbst hätt' an mir selbst getan?

O leider, nein! Vielmehr hass' ich mich selbst,

Verhaßter Taten halb, durch mich verübt.

Ich bin ein Schurke, – doch ich lüg', ich bin's nicht.

Tor, rede gut von dir! – Tor, schmeichle nicht!

Hat mein Gewissen doch viel tausend Zungen,

Und jede Zunge bringt verschiednes Zeugnis,

Und jedes Zeugnis straft mich einen Schurken.

Meineid, Meineid, im allerhöchsten Grad,

Mord, grauser Mord, im fürchterlichsten Grad,

Jedwede Sünd', in jedem Grad geübt,

Stürmt an die Schranken, rufend: »Schuldig! Schuldig!«

Ich muß verzweifeln. – Kein Geschöpfe liebt mich,

Und sterb' ich, wird sich keine Seel' erbarmen:

Ja, warum sollten's andre? Find' ich selbst

In mir doch kein Erbarmen mit mir selbst.

Mir schien's, die Seelen all, die ich ermordet,

Kämen ins Zelt, und ihrer jede drohte

Mit Rache morgen auf das Haupt des Richard.


Ratcliff tritt auf.


RATCLIFF.

Mein Fürst, –

RICHARD.

Wer ist da?[898]

RATCLIFF.

Ratcliff, mein Fürst; ich bin's. Der frühe Hahn des Dorfs

Tat zweimal Gruß dem Morgen; Eure Freunde

Sind auf und schnallen ihre Rüstung an.

RICHARD.

O Ratcliff, ich hatt' einen furchtbar'n Traum! –

Was denkst du? Halten alle Freunde stand?

RATCLIFF.

Gewiß, mein Fürst.

RICHARD.

O Ratcliff! Ich fürcht', ich fürchte, –

RATCLIFF.

Nein, bester Herr, entsetzt Euch nicht vor Schatten.

RICHARD.

Bei dem Apostel Paul! Es warfen Schatten

Zu Nacht mehr Schrecken in die Seele Richards,

Als wesentlich zehntausend Krieger könnten,

In Stahl, und angeführt vom flachen Richmond.

Noch wird's nicht Tag. Komm, geh mit mir,

Ich will den Horcher bei den Zelten spielen,

Ob irgendwer von mir zu weichen denkt.


König Richard und Ratcliff ab.


Richmond erwacht. Oxford und andre treten auf.


LORDS.

Guten Morgen, Richmond.

RICHMOND.

Bitt' um Verzeihung, Lords und wache Herrn,

Daß ihr 'nen trägen Säumer hier ertappt.

LORDS.

Wie schliefet Ihr, Mylord?

RICHMOND.

Den süß'sten Schlaf und Träume schönster Ahndung,

Die je gekommen in ein müdes Haupt,

Hab' ich gehabt, seit wir geschieden, Lords.

Mir schien's, die Seelen, deren Leiber Richard

Gemordet, kämen in mein Zelt und riefen:

Wohlauf! zum Sieg! Glaubt mir, mein Herz ist freudig

In der Erinn'rung solchen holden Traums.

Wie weit schon ist's am Morgen, Lords?

LORDS.

Auf den Schlag vier.

RICHMOND.

So ist es Zeit, daß man sich rüst' und ordne.


Er tritt vor zu den Truppen.


Mehr als ich sagte, teure Landsgenossen,

Verbietet darzulegen mir die Muße

Und Dringlichkeit der Zeit. Jedoch bedenkt:[899]

Gott und die gute Sache ficht für uns;

Gebete Heil'ger und gekränkter Seelen,

Wie hohe Schanzen, stehn vor unserm Antlitz;

Die, gegen die wir fechten, bis auf Richard,

Säh'n lieber siegen uns, als dem sie folgen.

Was ist er, dem sie folgen? Wahrlich, Herrn,

Ein blutiger Tyrann und Menschenmörder;

Erhöht durch Blut und auch durch Blut befestigt;

Der, was er hat, auf krummem Weg erlangt

Und die erwürgt, die ihm dazu verholfen;

Ein schlechter Stein, erhoben durch die Folie

Von Englands Stuhl, betrüglich drein gesetzt;

Ein Mensch, der stets gewesen Gottes Feind.

Nun, fechtet ihr denn wider Gottes Feind,

So schirmt euch billig Gott als seine Krieger;

Vergießt ihr Schweiß, den Dränger zu erlegen,

So schlaft ihr friedlich, wenn der Dränger fiel;

Führt ihr den Streit mit eures Landes Feinden,

So wird des Landes Fett die Müh' euch zahlen;

Führt ihr den Streit zur Obhut eurer Weiber,

So grüßen eure Weiber euch als Sieger;

Befreit ihr eure Kinder von dem Schwert,

So lohnen's Kindeskinder euch im Alter.

In Gottes Namen denn und dieser Rechte,

Schwingt eure Banner, zieht eu'r willig Schwert!

Mein Lösegeld für diese kühne Tat

Sei diese kalte Leich' auf kalter Erde;

Doch wenn's gelingt, soll am Gewinn der Tat

Sein Teil auch dem geringsten euer werden.

Schallt, Trommeln und Trompeten, froh zum Krieg!

Gott und Sankt George! Richmond und Heil und Sieg!


Alle ab.


König Richard und Ratcliff kommen zurück, mit Gefolge und Truppen.


RICHARD.

Was hat Northumberland gesagt vom Richmond?

RATCLIFF.

Er sei nicht auferzogen bei den Waffen.

RICHARD.

Er sagte wahr. Was sagte Surrey drauf?[900]

RATCLIFF.

Er lächelte und sprach: »Um desto besser.«

RICHARD.

Er hatte recht, so ist es in der Tat.


Die Glocke schlägt.


Zählt da die Glocke. – Gebt mir 'nen Kalender.

Wer sah die Sonne heut?

RATCLIFF.

Ich nicht, mein Fürst.

RICHARD.

So weigert sie den Schein, denn nach dem Buch

Müßt' sie im Ost schon eine Stunde prangen.

Dies wird ein schwarzer Tag für jemand werden. –

Ratcliff, –

RATCLIFF.

Mein Fürst?

RICHARD.

Die Sonne läßt sich heut nicht sehn;

Der Himmel wölkt sich finster unserm Heer.

Die tau'gen Tränen möcht' ich weg vom Boden. –

Nicht scheinen heut! Ei nun, was gilt das mir

Mehr als dem Richmond? Denn derselbe Himmel,

Der mir sich wölkt, sieht trüb herab auf ihn.


Norfolk tritt auf.


NORFOLK.

Auf, auf, mein Fürst! Der Feind stolziert im Feld.

RICHARD.

Kommt, tummelt, tummelt euch! Mein Pferd gezäumt! –

Ruft Stanley auf, heißt seine Schar ihn bringen! –

Ich führe meine Truppen in die Ebne,

Und so soll meine Schlacht geordnet sein:

Die Vorhut soll sich in die Länge dehnen,

Aus Reitern und aus Knechten gleich gemischt;

Die Schützen sollen in der Mitte stehn;

John Herzog Norfolk, Thomas Graf von Surrey

Soll'n dieser Knecht' und Reiter Führer sein.

Die so geordnet, woll'n wir folgen

Mit unserm Hauptheer, das auf beiden Flügeln

Verstärken soll der Kern der Reiterei.

Dies und Sankt George dazu! – Was meinst du, Norfolk?

NORFOLK.

Eine gute Ordnung, krieg'rischer Monarch.

Dies fand ich heut in meinem Zelt.


Gibt ihm einen Zettel.[901]


RICHARD liest:

»Hans von Norfolk, laß klüglich dir raten!

Richerz, dein Herr, ist verkauft und verraten.

Das ist ein Stück, vom Feinde ausgedacht. –

Nun geht, ihr Herrn, auf seinen Posten jeder.

Laßt plauderhafte Träum' uns nicht erschrecken;

Gewissen ist ein Wort für Feige nur,

Zum Einhalt für den Starken erst erdacht:

Uns ist die Wehr Gewissen, Schwert Gesetz.

Rückt vor! Dringt ein! Recht in des Wirrwarrs Völle!

Wo nicht zum Himmel, Hand in Hand zur Hölle!

Was hab' ich mehr euch vorzuhalten noch?

Bedenkt, mit wem ihr euch zu messen habt:

Ein Schwarm Landläufer, Schelme Vagabunden,

Bretagner Abschaum, niedre Bauernknechte,

Die ausgespien ihr übersättigt Land

Zu tollen Abenteuern, sicherm Untergang.

Ihr schlieft in Ruh': sie bringen Unruh' euch;

Ihr seid mit Land, mit schönen Frau'n gesegnet:

Sie wollen jenes einziehn, diese schänden.

Wer führt sie als ein kahler Bursch, seit lange

Von unsrer Mutter in Bretagn' ernährt?

Ein Milchbart, einer, der sich lebenslang

Nicht über seine Schuh' in Schnee gewagt?

Peitscht dies Gesindel übers Meer zurück!

Stäupt fort dies freche Lumpenpack aus Frankreich,

Die Bettler, hungrig, ihres Lebens müde,

Die schon gehängt sich hätten, arme Ratzen,

Wär' nicht der Traum von dieser läpp'schen Fahrt!

Soll'n wir besiegt sein, nun, so sei's durch Männer,

Und nicht durch die Bastarde von Bretagnern,

Die unsre Väter oft in ihrem Lande

Geschlagen, durchgedroschen und gewalkt,

Und sie der Schand' urkundlich preisgegeben.

Soll'n diese unsre Länderei'n besitzen?

Bei unsern Weibern liegen? unsre Töchter

Bewält'gen? – Horcht! Ich höre ihre Trommeln.


Trommeln in der Ferne.[902]


Kämpft, Englands Edle! Kämpft, beherzte Sassen!

Zieht, Schützen, zieht die Pfeile bis zum Kopf!

Spornt eure stolzen Ross', und reit't im Blut!

Erschreckt das Firmament mit Lanzensplittern! –


Ein Bote tritt auf.


Was sagt Lord Stanley? Bringt er seine Schar?

BOTE.

Mein Fürst, er weigert sich zu kommen.

RICHARD.

Herunter mit dem Kopfe seines Sohns!

NORFOLK.

Mein Fürst, der Feind ist schon den Moor herüber;

Erst nach dem Treffen laßt George Stanley sterben.

RICHARD.

Wohl tausend Herzen schwellen mir im Busen:

Voran die Banner! Setzet an den Feind!

Und unser altes Wort des Muts, Sankt George,

Beseel' uns mit dem Grimme feur'ger Drachen!

Ein auf sie! Unsre Helme krönt der Sieg.


Alle ab.


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 3, Berlin: Aufbau, 1975, S. 892-903.
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