Dritte Szene

[548] Freier Platz vor des Schäfers Hütte


Florizel und Perdita treten auf.


FLORIZEL.

Dies fremde Kleid macht jeden deiner Reize

Lebend'ger: keine Schäferin, nein, Flora,

Dem frühsten Lenz entsprossen. Diese Schafschur,

Versammlung ist sie aller Liebesgötter,

Und du bist ihre Kön'gin.[548]

PERDITA.

Gnäd'ger Herr,

Eu'r seltsam Tun zu schelten ziemt mir nicht;

Verzeiht, ich nenn' es so; Eu'r hohes Selbst,

Des Landes holden Stern, habt Ihr verdunkelt

Durch Bauerntracht; mich arme, niedre Magd

Geputzt gleich einer Göttin. Die Gewohnheit

Erlaubt viel Törichtes bei unsern Festen,

Gebilligt stets, sonst müßt' ich wohl erröten,

Euch in dem Kleid zu sehn, gewählt, so mein' ich,

Ein Spiegel mir zu sein.

FLORIZEL.

Heil jenem Tage,

Als über deines Vaters Grund hinflog

Mein lieber Falke!

PERDITA.

Füge sich's zum Guten!

Mich ängstet dieser Abstand: Eure Hoheit

Verschmäht die Furcht; doch mich befällt ein Zittern,

Denk' ich, es könn' ein Zufall Euren Vater,

Wie Euch, des Weges führen; o ihr Götter,

Wie würd' er staunen, in so schlechtem Band

Sein edles Buch zu sehn? Was würd' er sagen?

Und ich, so in geborgtem Tand, wie könnt' ich

Die Strenge seines Blicks ertragen?

FLORIZEL.

Denke

Jetzt nichts als Fröhlichkeit! Die Götter selbst,

Sich vor der Liebe Gottheit beugend, hüllten

Sich oft in Tiergestalten; Jupiter,

Er brüllt' als Stier; Neptun, der grüne, blökte

Als Widder, und der Gott im Feuerkleid,

Apoll, der goldne, war ein armer Schäfer,

Wie ich jetzt scheine; sie verwandelten

Sich nie um einer holdern Schönheit willen,

Noch in so reiner Meinung, denn mein Wunsch

Geht nicht voraus der Ehr', und mein Verlangen

Brennt heißer nicht als meine Treu'.

PERDITA.

Doch, Prinz,

Brecht Ihr dies Wort einst, wenn, und so geschieht's,

Des Königs Macht sich ihm entgegen stellt:

Eins von den beiden wird Notwendigkeit,[549]

Die dann gebeut, daß Eure Liebe ende,

Wo nicht mein Leben.

FLORIZEL.

Teure Perdita,

Verdunkle mit so fernen Sorgen nicht

Des Festes Lust; dein will ich sein, Geliebte,

Oder des Vaters nicht; denn ich kann nimmer

Mein eigen sein noch irgend wem gehören,

Wenn ich nicht dein bin; hieran halt' ich fest,

Spricht auch das Schicksal: »Nein.« Sei fröhlich, Holde,

Zerstreue alle Sorgen so wie diese

Im Scherz der Gegenwart. Die Gäste kommen:

Erheitre dein Gesicht, als wäre heut

Der hochzeitliche Tag, den wir uns beide

Geschworen, daß er kommen soll.

PERDITA.

Fortuna

Sei uns geneigt!


Es treten auf der alte und junge Schäfer mit vielen andern Schäfern; Polyxenes und Camillo verkleidet unter ihnen. Mopsa, Dorcas und andere Mädchen.


FLORIZEL.

Sieh, deine Gäste nahn:

Nun stimme dich, sie froh zu unterhalten,

Daß rot die Wangen sind in Freud' und Scherz.

DER ALTE SCHÄFER.

Pfui, Tochter! da noch meine Alt' am Leben,

An dem Tag war sie Schaffner, Kellner, Koch,

Hausfrau und Magd, empfing, bediente jeden,

Sang ihren Vers, tanzt' ihren Reih'n; bald hier,

Zu oberst an dem Tisch, bald in der Mitte;

Auf den gelehnt und den; ihr Antlitz Feuer,

Durch Arbeit und durch das, womit sie's löschte,

Denn allen trank sie zu; du bist so blöde,

Als wärst du von den Gästen, nicht die Wirtin

Des Hauses: bitte, geh und heiß' willkommen

Die unbekannten Freunde; denn so werden

Sie uns zu bessern und bekanntern Freunden.

Komm, dämpfe dein Erröten, zeige dich

Vorstand des Festes, wie du bist; komm her,

Und heiß' bei deiner Schafschur uns willkommen,

Daß dir gedeih' die Herde![550]

PERDITA zu Polyxenes.

Herr, willkommen!

Mein Vater will, daß ich der Hausfrau Amt

Heut übernehmen soll: – Ihr seid willkommen!

Gib mir die Blumen, Dorcas! – Würd'ge Herrn,

Für euch ist Rosmarin und Raute; Frische

Und Duft bewahren sie den ganzen Winter:

Sei Gnad' und Angedenken euer Teil!

Willkommen unsrer Schafschur!

POLYXENES.

Schäferin,

Wie bist du schön; dem Alter ziemend schenkst du

Uns Winterblumen.

PERDITA.

Wenn das Jahr nun altert –

Noch vor des Sommers Tod und der Geburt

Des frost'gen Winters –, dann blühn uns am schönsten

Blutnelken und die streif'gen Liebesstöckel,

Bastarde der Natur will man sie nennen:

Die trägt nicht unser Bauergarten; Senker

Von ihnen hab' ich nie gesucht.

POLYXENES.

Weshalb

Verschmähst du sie, mein holdes Kind?

PERDITA.

Ich hörte,

Daß, nächst der großen schaffenden Natur,

Auch Kunst es ist, die diese bunt färbt.

POLYXENES.

Sei's:

Doch wird Natur durch keine Art gebessert,

Schafft nicht Natur die Art: so, ob der Kunst,

Die, wie du sagst, Natur bestreitet, gibt es

Noch eine Kunst, von der Natur erschaffen.

Du siehst, mein holdes Kind, wie wir vermählen

Den edlern Sproß dem allerwildsten Stamm;

Befruchten so die Rinde schlechtrer Art

Durch Knospen edler Frucht. Dies ist 'ne Kunst,

Die die Natur verbessert, – mind'stens ändert:

Doch diese Kunst ist selbst Natur.

PERDITA.

So ist es.

POLYXENES.

Drum schmück' mit Liebesstöckeln deinen Garten,

Schilt sie Bastarde nicht!

PERDITA.

Den Spaten steck' ich[551]

Nicht in die Erd', ein einz'ges Reis zu pflanzen:

So wenig als, wär' ich geschminkt, ich wünschte,

Daß dieser Jüngling mich drum lobt', und deshalb

Nur mich zur Braut begehrt'. – Hier habt ihr Blumen!

Lavendel, Münze, Salbei, Majoran;

Die Ringelblum', die mit der Sonn' entschläft

Und weinend mit ihr aufsteht: das sind Blumen

Aus Sommersmitt', und die man geben muß

Den Männern mittlern Alters: seid willkommen!

CAMILLO.

Wär' ich aus deiner Herd', ich ließ' die Fluren

Und lebte nur vom Schauen.

PERDITA.

O weh! Ihr würdet

So mager dann, daß durch und durch Euch bliesen

Die Stürme des Januar. – Nun, schönster Freund,

Wünscht' ich mir Frühlingsblumen, die sich ziemen

Für Eure Tageszeit, und Eur', und Eure,

Die Ihr noch tragt auf jungfräulichem Zweig

Die Mädchenknospe. – O Proserpina!

Hätt' ich die Blumen jetzt, die du erschreckt

Verlorst von Plutos Wagen! Anemonen,

Die, eh' die Schwalb' es wagt, erscheinen und

Des Märzes Wind' mit ihrer Schönheit fesseln;

Violen, dunkel wie der Juno Augen,

Süß wie Cytherens Atem; bleiche Primeln,

Die sterben unvermählt, eh' sie geschaut

Des goldnen Phöbus mächt'gen Strahl, ein Übel,

Das Mädchen oft befällt; die dreiste Maßlieb.

Die Kaiserkrone, Lilien aller Art,

Die Königslilie drunter! Hätt' ich die,

Dir Kron' und Kranz zu flechten, süßer Freund,

Dich ganz damit bestreuend!

FLORIZEL.

Wie den Leichnam?

PERDITA.

Nein, wie der Liebe Lager, drauf zu kosen,

Nicht wie ein Leichnam, mind'stens nicht fürs Grab,

Nein, lebend mir im Arm. Kommt, nehmt die Blumen:

Mich dünkt, ich rezitiere, wie ich's sah

Im Pfingstspiel; denn gewiß, dies prächt'ge Kleid

Verwandelt meinen Sinn,[552]

FLORIZEL.

Was du auch tust,

Ist stets das Holdeste. Sprichst du, Geliebte,

Wünsch' ich, du tätst dies immer; wenn du singst,

Wünsch' ich, du kauftest, gäbst Almosen so,

Sängst dein Gebet, tätst jedes Hausgeschäft

Nur im Gesange; tanzest du, so wünsch' ich,

Du seist 'ne Meereswell', und tätest nichts

Als dies, stets in Bewegung, immerdar,

Dies dein Gebärden. All dein Tun und Wirken,

So auserlesen im Gewöhnlichsten,

Krönt all dein Handeln, wie du's eben tust,

Daß Königin ist jeglich Walten.

PERDITA.

Doricles,

Dein Lob ist allzuhoch; wenn deine Jugend

Und treues Blut, das lieblich sie durchleuchtet,

Dich nicht als Schäfer echten Sinns bezeugte,

So müßt' ich weislich fürchten, Doricles,

Du würbest falsch um mich.

FLORIZEL.

Du hast, so denk' ich,

Zur Furcht so wenig Gab', als ich den Willen,

Sie zu erregen. – Doch zum Tanz, ich bitte,

Gib mir die Hand: so paaren Turteltauben,

Die nimmer scheiden wollen.

PERDITA.

Darauf schwör' ich.

POLYXENES.

Dies ist das schmuckste Hirtenkind, das je

Gehüpft auf grünem Plan: nichts tut noch spricht sie,

Das nicht nach Größrem aussieht, als sie ist,

Zu hoch für solchen Platz.

CAMILLO.

Er sagt ihr etwas,

Das sie erröten macht; fürwahr, sie ist

Die Königin von Milch und Rahm.

DER JUNGE SCHÄFER.

Spielt auf!

DORCAS.

Mopsa muß mit Euch tanzen; Knoblauch her,

Um ihren Kuß zu würzen! –

MOPSA.

Seht doch, seht!

DER JUNGE SCHÄFER.

Kein Wort, kein Wort; hier gilt's auf Sitte halten. –

Spielt auf!

Musik; Tanz der Schäfer und Schäferinnen.[553]


POLYXENES.

Sprich, Schäfer, wer ist jener schöne Hirt,

Der jetzt mit deiner Tochter tanzt?

DER ALTE SCHÄFER.

Sie nennen

Ihn Doricles, und er berühmt sich selbst,

Daß er vermögend sei; doch weiß ich solches

Allein durch ihn und glaub's; denn er sieht aus

Wie Wahrheit selbst. Er sagt, er liebt mein Mädchen:

Ich schwöre drauf, denn niemals sah der Mond

So starr ins Wasser, als er steht und gleichsam

Der Tochter Blick studiert; und, meiner Seele,

Nicht einen halben Kuß beträgt es wohl,

Wer mehr den andern liebt.

POLYXENES.

Sie tanzt sehr zierlich.

DER ALTE SCHÄFER.

So tut sie alles; ob ich's selbst schon sage,

Für den sich's wohl nicht schickt: wenn Doricles

Sie noch bekommt, so bringt sie ihm was mit,

Wovon er sich nicht träumen läßt.


Ein Knecht tritt auf.


KNECHT. O Herr, wenn Ihr den Hausierer vor der Tür hören könntet, so würdet Ihr nie wieder nach Trommel und Pfeife tanzen, nein, selbst der Dudelsack brächte Euch nicht auf die Beine; er singt so mancherlei Melodien, schneller als Ihr Geld zählt; sie kommen ihm aus dem Munde, als hätte er Balladen gegessen, und aller Ohren hängen an seinen Worten.

DER JUNGE SCHÄFER. Er konnte niemals gelegener kommen, er soll eintreten. Eine Ballade liebe ich über alles: wenn es eine traurige Geschichte ist, zu einer lustigen Melodie, oder ein recht spaßhaftes Ding, und kläglich abgesungen.

KNECHT. Er hat Lieder für Mann und Weib, lang und kurz: kein Putzhändler kann seine Kunden so mit Handschuh' bedienen; er hat die artigsten Liebeslieder für Mädchen, so ohne Anstößigkeiten, und das ist was Seltenes, und so feine Schlußreime mit »Dideldum« und »Trallalla«, und »pufft sie« und »knufft sie« und wo so ein breitmäuliger Flegel gleichsam was Böses sagen möchte und mit der Tür ins Haus fallen, da läßt er das Mädchen antworten: »Heisa, tu' mir[554] nichts, mein Schatz«; sie fertigt ihn ab und läßt ihn laufen mit: »Heisa, tu' mir nichts, mein Schatz!«

POLYXENES. Das ist ein allerliebster Kerl.

DER JUNGE SCHÄFER. Mein' Seel', das muß ein außerordentlich gebildeter Kerl sein. Hat er Waren von Bedeutung?

KNECHT. Er hat Bänder von allen Farben des Regenbogens. spitzige Häkeleien, mehr als alle Advokaten in Böhmen handhaben können, wollten sie sie ihm auch in Masse abnehmen: Garn, Wolle, Kammertuch, Leinewand hat er, und er singt sie alle ab, als wären es lauter Götter und Göttinnen; Ihr würdet denken, ein Weiberhemd wäre ein weiblicher Engel, so singt er Euch über das Ärmelchen und über den Busenstreifen.

DER JUNGE SCHÄFER. Ich bitte dich, bring' ihn her und lass' ihn mit Gesang herein kommen!

PERDITA. Verwarne ihn, daß er keine unschicklichen Sachen in seinen Liedern anbringt!

DER JUNGE SCHÄFER. O Schwester, es gibt Hausierer, die mehr auf sich haben, als du dir vorstellst.

PERDITA. Ja, guter Bruder, oder mir vorstellen mag.


Autolycus kommt singend herein.


AUTOLYCUS.

Linnen, weiß wie frischer Schnee,

Kreppflor, schwärzer als die Kräh',

Handschuh', weich wie Frühlingsrasen,

Masken für Gesicht und Nasen,

Armband, Halsgehäng' voll Schimmer,

Rauchwerk für ein Damenzimmer,

Goldne Mütz' und blanker Latz,

Junggesell, für deinen Schatz;

Nadeln, Zeug' in Woll' und Seiden,

Sich von Kopf zu Fuß zu kleiden:

Kauft, Bursche, daß ich Handgeld löse!

Kauft, kauft, sonst wird das Mädchen böse!

DER JUNGE SCHÄFER. Wenn ich nicht in Mopsa verliebt wäre, so solltest du mir kein Geld abnehmen; aber da sie mich einmal weg hat, sollst du auch einige Bänder und Handschuhe los werden.[555]

MOPSA. Sie wurden mir schon zu dem Fest versprochen, aber sie kommen nun auch noch früh genug.

DORCAS. Er hat dir mehr als das versprochen, wenn es keine Lügner hier gibt.

MOPSA. Dir hat er alles bezahlt, was er dir versprach, vielleicht auch noch mehr, und was dir Schande machen würde, ihm wieder zu geben.

DER JUNGE SCHÄFER. Sind denn gar keine Manieren mehr unter den Mädchen? Wollen sie ihre Unterröcke da aushängen, wo sie ihre Gesichter tragen sollten? Ist denn keine Zeit beim Melken, wenn ihr zu Bette geht, oder am Backofen, von diesen Heimlichkeiten zu flüstern, daß ihr euer Kikelkakel vor allen Gästen ausschreien müßt? Zum Glück sprechen sie heimlich mit einander; haltet 's Maul mit euren Zungen, und kein Wort mehr!

MOPSA. Ich bin fertig. Komm, du versprachst mir ein blankes Schnürband und ein Paar wohlriechende Handschuh'.

DER JUNGE SCHÄFER. Hab' ich dir denn nicht erzählt, wie ich unterwegs geprellt ward und um all mein Geld kam?

AUTOLYCUS. Freilich, Herr, es gibt Gauner hier herum; darum muß der Mensch auf seiner Hut sein.

DER JUNGE SCHÄFER. Fürchte du dich nicht, Mann, du sollst hier nichts verlieren.

AUTOLYCUS. Das hoff' ich, Herr, denn ich habe manch Stück von Wert bei mir.

DER JUNGE SCHÄFER. Was hast du da? Balladen?

MOPSA. Ei, bitte, kauf' ein paar; eine Ballade gedruckt hab' ich für mein Leben gern, denn da weiß man doch gewiß, daß sie wahr sind.

AUTOLYCUS. Hier ist eine auf gar klägliche Weise: Wie eines Wucherers Frau in Wochen kam mit zwanzig Geldsäcken, und wie sie ein Gelüst hatte nach Schlangenköpfen und frikassierten Kröten.

MOPSA. Glaubt Ihr, daß das wahr ist?

AUTOLYCUS. Gewiß wahr, und erst vor einem Monat geschehn.

DORCAS. Gott bewahre mich davor, einen Wucherer zu heiraten![556]

AUTOLYCUS. Hier ist der Name der Hebamme, einer gewissen Frau Schwatzmann, und von noch fünf oder sechs ehrlichen Frauen, die dabei waren; warum sollte ich wohl Lügen herum tragen?

MOPSA. Bitte, kauf' das!

DER JUNGE SCHÄFER. Schon gut, legt es beiseit, und zeigt uns erst noch mehr Balladen; die andern Sachen wollen wir auch gleich kaufen.

AUTOLYCUS. Hier ist eine andere Ballade, von einem Fisch, der sich an der Küste sehen ließ, Mittwochs den achtzigsten April, vierzigtausend Klafter über dem Wasser, der sang diese Ballade gegen die harten Herzen der Mädchen; man glaubt, er sei ein Weib gewesen, die in einen kalten Fisch verwandelt ward, weil sie einen, der sie liebte, nicht glücklich machen wollte. Die Ballade ist sehr kläglich und ebenso wahr.

DORCAS. Glaubt Ihr, daß das auch wahr ist?

AUTOLYCUS. Fünf Beamte haben es unterschrieben, und Zeugen mehr, als mein Paket fassen kann.

DER JUNGE SCHÄFER. Legt es auch beiseit; noch eine!

AUTOLYCUS. Dies ist eine lustige Ballade, aber eine sehr hübsche.

MOPSA. Einige lustige müssen wir auch haben.

AUTOLYCUS. Nun, dies ist eine sehr lustige, und sie geht auf die Melodie: »Zwei Mädchen freiten um einen Mann«; es ist kaum ein Mädchen da nach dem Westen zu, das sie nicht singt; sie wird sehr gesucht, das kann ich euch sagen.

MOPSA. Wir beide können sie singen: willst du eine Stimme singen, so kannst du sie hören; sie ist dreistimmig.

DORCAS. Wir haben die Weise schon seit einem Monat.

AUTOLYCUS. Ich kann meine Stimme singen; ihr müßt wissen, das ist eigentlich meine Beschäftigung. Nun fangt an!


Gesang

AUTOLYCUS.

Fort mit dir, denn ich muß gehn;

Doch wohin, darfst du nicht sehn.

DORCAS.

Nicht doch![557]

MOPSA.

Oh, nicht doch!

DORCAS.

Nicht doch!

MOPSA.

Soll ich traun auf deinen Eid,

Sag mir deine Heimlichkeit!

DORCAS.

Nimm mich mit, wohin? O sprich doch!

MOPSA.

Geht's zur Mühle? Geht's zur Scheuer?

DORCAS.

Ist es, so bezahlst du's teuer.

AUTOLYCUS.

Nicht doch!

DORCAS.

Wie, nicht doch?

AUTOLYCUS.

Nicht doch!

DORCAS.

Schworst du nicht, mein Schatz zu sein?

MOPSA.

Nein, du schworst es mir allein;

Wohin denn gehst du? Sprich doch!

DER JUNGE SCHÄFER. Wir wollen dies Lied für uns zu Ende singen; mein Vater und die Herren sind in einem ernsthaften Gespräch, und wir wollen sie nicht stören. Komm, und nimm dein Paket mit! Dirnen, ich will euch beiden was kaufen: – Krämer, laß uns zuerst aussuchen! – Kommt mir nach, Kinder!

AUTOLYCUS beiseit. Und du sollst gut für sie bezahlen.


Singt.


Kauft Band und Spitzen,

Schnür' an die Mützen!

Mein Hühnchen, meine Kleine da:

Auch Zwirn und Seide

Und Kopfgeschmeide,

Die neu'ste War', ganz feine, ja.

Wer nur dem Krämer

Geld gibt, da, nehm' er,

Der ganze Pack ist seine, ha!


Der junge Schäfer, Autolycus, Dorcas und Mopsa gehn ab.


Ein Knecht tritt auf.


KNECHT. Herr, da sind drei Fuhrknechte, drei Schäferknechte, drei Ochsenknechte und drei Schweineknechte, die haben sich ganz zu Menschen voller Haare gemacht; sie nennen sich selber Saaltiere, und sie haben einen Tanz, von dem die Dirnen sagen, es ist ein Gemengsel von Luftsprüngen, weil sie nicht mit dabei sind. Aber sie selbst sind der Meinung[558] (wenn es nicht zu wild ist für einige, die von nichts wissen, als von Ländern und Walzen), es würde ausnehmend gefallen.

DER ALTE SCHÄFER. Fort damit! wir wollen es nicht; wir haben schon zu viel bäurische Narrenspossen gehabt: – ich weiß, Herr, wir machen Euch Langeweile.

POLYXENES. Ihr macht denen Langeweile, die uns Kurzweil bringen; ich bitt' Euch, laßt uns die vier Dreiheiten von Knechten sehn.

KNECHT. Drei von ihnen haben, wie sie selbst sagen, vor dem Könige getanzt, und nicht der schlechteste von den dreien, der nicht zwölf und einen halben Fuß in der Breite springen kann.

DER ALTE SCHÄFER. Laß dein Schwatzen; und da es diesen werten Männern recht ist, mögen sie herein kommen, aber denn auch gleich!

KNECHT. Ei, sie sind hier nahe bei.


Der Knecht gellt ab.


Zwölf Bauern kommen als Satyrn verkleidet, sie tanzen und gehn ab.


POLYXENES.

Ja, Vater, Ihr sollt mehr dereinst erfahren. –


Beiseit.


Ging's nicht zu weit schon? – Zeit ist's, sie zu trennen. –


In Einfalt sagt er g'nug. –


Laut.


Nun, schöner Schäfer,

Eu'r Herz ist voll von etwas, das vom Fest

Den Sinn Euch ablenkt. Wahrlich, als ich jung

Und so verliebt wie Ihr, da überlud ich

Mit Tand mein Mädchen; ausgeplündert hätt' ich

Des Krämers seidnen Schatz und ihr zu Füßen

Ihn ausgeschüttet; doch Ihr ließt ihn gehn

Und kauftet nichts; wenn Eure Liebste sich

Zu deuten dies erlaubt und schilt es Mangel

An Lieb' und Großmut, seid Ihr wohl verlegen

Um eine Antwort, ist's Euch wirklich Ernst,

Ihr Herz Euch zu bewahren.

FLORIZEL.

Alter Herr,

Ich weiß, sie achtet nicht auf solchen Tand;

Geschenke, die von mir sie hofft, sind im

Verschluß von meinem Herzen; das ist schon[559]

Ihr Eigentum, wenn auch nicht überliefert. –

Vernimm mein Innerstes vor diesem Greis,

Der, wie es scheint, auch einst in Liebe war;

Hier nehm' ich deine Hand, die teure Hand,

Wie Flaum von Tauben weich, und ganz so weiß

Wie eines Mohren Zahn, wie frischer Schnee,

Der zweimal ward vom Nordwind rein gesiebt.

POLYXENES.

Und weiter dann? –

Wie hübsch der junge Mann zu waschen scheint

Die Hand, so weiß vorher! – Ich macht' Euch irre: –

Doch fahrt nun fort in der Beteurung, laßt

Mich hören, was Ihr schwört!

FLORIZEL.

Wohl, seid mein Zeuge!

POLYXENES.

Und hier mein Nachbar auch?

FLORIZEL.

Und er, und mehr

Als er, und Menschen, Himmel, Erd' und alles,

Daß – trüg' ich auch des größten Reiches Krone,

Als Würdigster, wär' ich der schönste Jüngling,

Der je ein Aug' entzückt, an Kraft und Wissen

Mehr als ein Mensch, – dies alles schätzt' ich nichts,

Ohn' ihre Lieb'; ihr schenkt' ich alles dann;

In ihrem Dienst nur würd' es niedrig, hoch,

Oder als nichts verdammt.

POLYXENES.

Ein hohes Wort.

CAMILLO.

Dies zeugt von starker Liebe.

DER ALTE SCHÄFER.

Meine Tochter,

Sagst du ihm eben das?

PERDITA.

Ich kann so gut

Nicht reden, nichts so tun, nicht besser fühlen;

Nach meines eignen Sinnes Klarheit mess' ich

Des seinen Reinheit.

DER ALTE SCHÄFER.

Beschlossen, gebt die Hände; –

Und, unbekannte Freund', ihr seid uns Zeugen:

Die Tochter geb' ich ihm, und ihre Mitgift

Mach' ich der seinen gleich.

FLORIZEL.

Das könnt Ihr nur

In Eurer Tochter Wert. Wenn jemand stirbt,

Hab' ich einst mehr, als Ihr Euch träumen laßt;[560]

Genug für Euer Staunen. Jetzt verbindet

Vor diesen Zeugen uns!

DER ALTE SCHÄFER.

So gebt die Hand, –

Auch, Tochter, du!

POLYXENES.

Halt, Jüngling, noch ein wenig!

Hast du 'nen Vater?

FLORIZEL.

Ja. Doch was soll der?

POLYXENES.

Weiß er davon?

FLORIZEL.

Nein, und er soll auch nicht.

POLYXENES.

Ein Vater, dünkt mich,

Ist bei des Sohnes Hochzeitfest ein Gast,

Der seinen Tisch am meisten schmückt. Sprich, bitte,

Ist nicht dein Vater zu vernünft'gem Tun

Unfähig? auch nicht blöd gesinnt vor Alter?

Von Gicht geplagt? Kann er noch sprechen, hören?

Sein Gut verwalten? Menschen unterscheiden?

Liegt er gelähmt im Bett? und handelt nur

Wie kind'sches Alter?

FLORIZEL.

Nein, mein guter Herr,

Er ist gesund, und wen'ge seines Alters

Sind so voll Kraft.

POLYXENES.

Bei meinem weißen Bart,

Ihr tut ihm, ist es so, ein Unrecht, das

Nicht einem Kinde ziemt; Recht ist's, daß sich

Mein Sohn selbst wählt die Braut; doch Recht nicht minder,

Daß auch der Vater, dessen größte Freude

Die Enkel sind, zu Rat gezogen werde

Bei diesem Schritt.

FLORIZEL.

Das will ich nicht bestreiten;

Doch wegen andrer Gründe, ernster Herr,

Die Ihr nicht wissen dürft, sagt' ich dem Vater

Von meinem Vorsatz nichts.

POLYXENES.

Doch laßt's ihn wissen!

FLORIZEL.

Er soll nicht.

POLYXENES.

Tut's, ich bitt' Euch!

FLORIZEL.

Nein, er darf nicht.

DER ALTE SCHÄFER.

Tu's, lieber Sohn; er hat sich nicht zu grämen,

Erfährt er deine Wahl.[561]

FLORIZEL.

Nein, nein, er darf nicht: –

Jetzt zur Verlöbnis!

POLYXENES indem er sich zu erkennen gibt.

Jetzt zur Scheidung, Knabe,

Den ich nicht Sohn mehr nennen darf; zu niedrig

Für dieses Wort: der seinen Szepter tauscht

Um einen Schäferstab! – Greiser Verräter,

Lass' ich dich hängen, kürz' ich leider nur

Dein Leben um acht Tage. – Und du, Prachtstück

Ausbünd'ger Hexenkunst, die kennen mußte

Den Königsnarren, der ihr nachlief; –

DER ALTE SCHÄFER.

Oh, mein Herz!

POLYXENES.

Der Dorn soll deine Schönheit dir zergeißeln,

Bis sie nichtswürd'ger wird als deine Herkunft. –

Dir sag' ich, junger Tor, – erfahr' ich je,

Daß du nur seufzest, weil du nie mehr, nie

Dies Ding hier siehst, wie du gewiß nicht sollst,

Verschließ' ich dir dein Erbrecht, nenne dich

Mein Blut nicht, ja, mir auch nicht anverwandt,

Fern von Deukalion her: – merk' auf mein Wort,

Folg' uns zum Hof! – Du, Bauer, für diesmal,

Ob unsers Zorns gleich wert, doch freigesprochen

Von seinem Todesstreich. – Und du, Bezaub'rung,

Wohl eines Schafknechts wert, ja, sein sogar,

Für den du, wär' mein Ruhm dadurch nicht krank,

Zu gut noch bist, – wenn du von jetzt an wieder

Für ihn den Riegel dieser Hütte öffnest

Und seinen Leib mit deinem Arm umklammerst, –

Erfind' ich Todesarten dir, so grausam,

Wie du für sie zu zart bist.


Er geht ab.


PERDITA.

Nun schon jetzt vernichtet!

Ich war nicht sehr erschreckt, denn ein, zweimal

Wollt' ich schon reden, wollt' ihm offen sagen,

Dieselbe Sonn', an seinem Hofe leuchtend,

Verberg' ihr Antlitz nicht vor unsrer Hütte

Und schau' auf beide gleich. – Wollt Ihr nun gehn, mein Prinz?

Ich sagt' Euch, was draus werden würde; bitte,

Denkt Eures Standes nun: von meinem Traum[562]

Erwacht, bin ich kein Zoll mehr Kön'gin, nein,

Die Schafe melkend wein' ich.

CAMILLO.

Nun, Vater, wie?

Sprich, eh' du stirbst!

DER ALTE SCHÄFER.

Nicht denken, sprechen kann ich,

Getrau' mir nicht zu wissen, was ich weiß. –

O Prinz!

Elend macht Ihr den Mann von dreiundachtzig,

Der ohne Angst sein Grab zu füllen dachte,

Im Bett zu sterben, wo mein Vater starb,

Ganz nah bei seinem ehrbar'n Staub zu liegen:

Jetzt hüllt ein Henker mich ins Leichenhemd,

Wirft hin mich, wo kein Priester Erde streut. –

Gottloses Ding! die du den Prinzen kanntest,

Und hatt'st das Herz, dich mit ihm zu verloben! –

Oh, Unheil! Unheil! Stürb' ich diese Stunde,

Hätt' ich's erlebt, zu sterben recht nach Wunsch.


Er geht ab.


FLORIZEL.

Was seht Ihr mich so an?

Ich bin verstört, nicht abgeschreckt; verhindert,

Doch nicht verändert: was ich war, das bin ich;

Nur mut'ger streb' ich vor, zieht man mich rückwärts,

Nicht folg' im Mißmut ich dem Zügel.

CAMILLO.

Prinz,

Ihr kennt des Vaters Sinnesart: für jetzt

Ist nicht mit ihm zu sprechen, – und, ich denke,

Das ist auch Eure Absicht nicht; – so wird er

Auch Euren Anblick kaum ertragen, fürcht' ich;

Drum, bis der Zorn der Majestät sich stillt,

Erscheinet nicht vor ihm!

FLORIZEL.

Ich will auch nicht.

Ihr seid Camillo?

CAMILLO.

Ja, mein gnäd'ger Herr.

PERDITA.

Wie oft sagt' ich Euch nicht, so würd' es kommen?

Wie oft sprach ich: die Würde trag' ich nur,

Bis es bekannt wird?

FLORIZEL.

Nichts kann sie dir nehmen,

Als meiner Treue Bruch; und leichter möchte

Natur der Erde Wölbung wohl zerdrücken[563]

Und allen innern Lebenskeim vernichten! –

Erheb' den Blick; – streich', Vater, mich als Erbe

Des Reiches aus, bleibt mir doch meine Liebe!

CAMILLO.

Nehmt Rat an!

FLORIZEL.

Ich tu's, von meinem Herzen; wenn Vernunft

Sich ihm gehorsam fügt, hab' ich Vernunft;

Wo nicht, heißt mein Gemüt Wahnsinn willkommen,

Als bessern Freund.

CAMILLO.

Das ist Verzweiflung, Prinz.

FLORIZEL.

So nennt es, aber meinen Schwur erfüllt es,

Und so muß mir es Tugend sein. Camillo,

Für Böhmen nicht, noch jenen Pomp, den etwa

Ich hier verliere, für alles, was die Sonne

Erblickt, die Erd' umwölbt, die See verbirgt

In dunkeln Tiefen, brech' ich meinen Eid

Ihr, der Geliebten: darum bitt' ich dich,

Wie du stets meines Vaters Freund gewesen,

Wenn er mich nun entbehrt, wie ich ihn nie mehr

Zu sehn gedenke, sänft'ge seinen Zorn

Durch gutes Wort; ich und mein Glück, wir ringen

Nun künftig mit einander. Dies nur wisse,

Und sag es ihm, – ich sei zur See gegangen,

Mit ihr, die ich im Lande nicht kann schützen;

Und, höchst erwünscht für unsre Not, hab' ich

Ein Schiff hier nahe, wenn gleich nicht gerüstet

Für diesen Zweck. Wohin mein Lauf sich wendet,

Frommt deiner Kenntnis nicht, noch paßt es mir,

Es dir zu sagen.

CAMILLO.

Prinz, ich wünschte, daß

Sich Euer Geist dem guten Rat mehr fügte,

Wenn ihn nicht Not bezwingen soll.

FLORIZEL.

Horch, Perdita! –

Ich hör' Euch gleich.

CAMILLO.

Er ist ganz unbeweglich

Zur Flucht entschlossen. Glücklich wär' ich jetzt,

Könnt' ich sein Weggehn mir zum Vorteil kehren,

Vor Leid ihn schützen, Lieb' und Dienst ihm weihn,

Siziliens teuren Anblick so erkaufen[564]

Und meines Herrn, des unglücksel'gen Königs,

Wonach ich lange schmachte.

FLORIZEL.

Nun, Camillo,

Von ungewohnten Sorgen so belastet,

Verletzt' ich den Anstand.

CAMILLO.

Mein Prinz, ich glaube,

Ihr wißt, wie ganz mein armer Dienst in Liebe

Sich Eurem Vater weihte.

FLORIZEL.

Ja, höchst edel

Hast du ihm stets gedient; ihm ist's Musik,

Dein Tun zu preisen, nicht sein kleinstes Sorgen,

Es so zu lohnen, wie er des gedenkt.

CAMILLO.

Wohl, Prinz!

Glaubt Ihr im Ernst, daß ich den König liebe,

Und, seinethalb, was ihm am nächsten steht,

Eu'r teures Selbst: so laßt durch mich Euch leiten,

Wenn Eu'r gewicht'ger, überlegter Plan

Veränd'rung dulden mag: bei meiner Ehre,

Ich führ' Euch hin, wo man Euch so empfängt,

Wie Eurer Hoheit ziemt, Ihr der Geliebten

Euch mögt erfreun (von der, das seh' ich wohl,

Euch nichts mehr trennt, als eins, und das verhüte

Der Himmel: Euer Tod!), Euch ihr vermählen,

Und seid Ihr fort, such' ich mit aller Müh'

Den mißvergnügten Vater zu besänft'gen

Und zur Versöhnung ihn zu stimmen.

FLORIZEL.

Wie!

Dies, fast ein Wunder, sollte möglich sein?

Dann nenn' ich mehr dich als ein menschlich Wesen

Und will dir so vertraun.

CAMILLO.

Habt Ihr bestimmt,

Nach welchem Land Ihr schiffen wollt?

FLORIZEL.

Noch nicht;

Denn wie unvorgesehner Zufall schuld

An dem ist, was wir rasch beginnen, so

Ergeben wir als Sklaven uns dem Wechsel,

Und folgen jedem Windeshauch.

CAMILLO.

So hört mich:[565]

Ich rat' Euch, – wollt Ihr Euren Plan nicht ändern

Und Euch der Flucht vertraun -: geht nach Sizilien,

Und stellt Euch dort, mit Eurer schönen Fürstin

(Das wird sie, wie ich seh'), Leontes vor;

Man wird sie wohl empfangen, wie sich's ziemt

Für Euer Eh'gemahl. Ich sehe schon

Leontes, wie er weit die Arme öffnet

Und Willkomm Euch entgegen weint: Vergebung

Von Euch, dem Sohn, erfleht, als wär's der Vater:

Die Hände küßt der jugendlichen Fürstin;

Jetzt denkt er seiner Härte, jetzt der Liebe;

Verwünscht den Haß zur Höll' und wünscht, daß Liebe

Noch schneller wachs' als Stunden und Gedanken.

FLORIZEL.

Mein würdigster Camillo,

Welch einen Anstrich geb' ich dem Besuch?

CAMILLO.

Daß Euch der König, Euer Vater, sendet,

Um ihn zu grüßen, ihn zu trösten. Prinz,

Die Art, wie Ihr vor ihm Euch zeigen müßt,

Was Ihr von Eurem Vater ihm sollt melden,

Was nur uns drei'n bekannt, schreib' ich Euch auf.

Dies zeigt Euch an, was Ihr zu sagen habt

In jeglichem Gespräch; so muß er denken,

Ihr bringt des Vaters eigne Seele mit

Und sprecht sein ganzes Herz.

FLORIZEL.

Ich dank' Euch innig:

In diesem Plan ist Leben.

CAMILLO.

Mehr verheißt Euch dies,

Als gebt Ihr Euch in blinder Unterwerfung

Pfadlosen Fluten, ungeträumten Küsten,

Gewissem Elend hülf- und ratlos hin:

Ein Leid besiegt, droht Euch das zweite schon:

Nichts Euch so treu, als Euer Anker, der,

Tut er den besten Dienst, dort fest Euch hält,

Wo wider Willen Ihr verweilt. Auch wißt Ihr,

Glück ist allein das wahre Band der Liebe;

Mit ihrem frischen Rot verwandelt auch

Ihr Herz die Trübsal.

PERDITA.

Eines nur ist wahr:[566]

Trübsal, denk' ich, besiegt die Wange wohl,

Doch dringt sie nicht ins Herz.

CAMILLO.

So, glaubt Ihr das?

Es wird wohl deines Vaters Haus nicht wieder

In sieben Jahren solch ein Kind geboren.

FLORIZEL.

Sie ist in ihrem Adel mehr voraus,

Als sie zurück in unserm Stammbaum steht.

CAMILLO.

Bedauern kann ich nicht, daß Unterricht

Ihr mangelt; denn sie meistert jeden Lehrer.

PERDITA.

Zu viel, mein Herr; Erröten ist mein Dank.

FLORIZEL.

Du süße Perdita! –

Doch, oh, wir stehn auf Dornen hier! Camillo, –

Du Retter meines Vaters, jetzt der meine;

Du unsres Hauses Arzt! – was soll'n wir tun?

Wie Böhmens Sohn sind wir nicht ausgestattet,

Noch werden wir dort so erscheinen.

CAMILLO.

Prinz,

Das fürchtet nicht: Ihr wißt, mein ganz Vermögen

Liegt dort; und meine Sorge sei's, so fürstlich

Euch auszustatten, als wenn Ihr für mich

Auf meiner Bühne spieltet. Und zum Beispiel,

Damit Ihr seht, daß nichts Euch mangelt – hört!


Sie sprechen heimlich mit einander.


Autolycus tritt auf.


AUTOLYCUS. Ha, ha! was für ein Narr ist doch Ehrlichkeit! Und Redlichkeit, ihr geschworner Bruder, ist ein recht einfältiger Herr! Ich habe alle meinen Plunder verkauft; kein unechter Stein, kein Band, Spiegel, Bisamkugel, Spange, Taschenbuch, Ballade, Messer, Zwirnstrahn, Handschuh, Schuhriemen, Armband, Hornring mehr ist mir geblieben: sie drängten sich danach, wer zuerst kaufen sollte; als wenn alle meine Lumpereien geweiht wären und dem Käufer einen Segen brächten: durch dies Mittel sah ich nun, wessen Börse das beste Ansehn hatte; und was ich sah, das merkte ich mir zu beliebigem Gebrauch. Mein junger Narr, dem nur etwas fehlt, um ein vernünftiger Mensch zu sein, war so in die Dirnenlieder verliebt, daß er nicht wanken und weichen[567] wollte, bis er Text und Weise hatte; und dies zog die ganze andre Herde so zu mir, daß alle ihre übrigen Sinne in den Ohren steckten; ich hätte einen Schlüssel abfeilen können, den sie an einer Kette trugen: kein Gehör, kein Gefühl, als für die Lieder meines Burschen, und die Bewunderung ihres Nichts. So daß ich, während dieser Betäubung, die meisten ihrer festlichen Börsen abschnitt und erschnappte; und wäre nicht der Alte dazu gekommen, mit einem Hallo über seine Tochter und den Sohn des Königs, womit er meine Krähen von dem Kaff scheuchte, so hätte ich in der ganzen Armee nicht eine Börse am Leben gelassen.

CAMILLO.

Nein, meine Brief, auf diesem Weg zugleich

Mit Euch dort, werden jeden Zweifel lösen.

FLORIZEL.

Die Ihr mir von Leontes wollt verschaffen –

CAMILLO.

Beruh'gen Euren Vater.

FLORIZEL.

Seid gesegnet!

Was Ihr nur sagt, beglückt.

CAMILLO.

Wer ist das hier?

Wir woll'n zum Werkzeug ihn gebrauchen; nichts

Bleib' unbenutzt, was uns nur helfen kann.

AUTOLYCUS beiseit. Wenn die mich behorcht haben, – dann – hängen!

CAMILLO.

Heda, guter Freund! Warum zitterst du so?

Fürchte dich nicht, hier tut man dir nichts zu Leide.

AUTOLYCUS. Ach, Herr, ich bin ein armer Kerl.

CAMILLO. Nun, das magst du bleiben; hier ist niemand, der dir das nehmen wird; doch, was die Außenseite deiner Armut betrifft, da müssen wir einen Tausch treffen: darum entkleide dich sogleich, – du mußt wissen, daß es dringend ist, – und wechsle die Gewänder mit diesem Herrn; obwohl der Verlust auf seiner Seite bedeutend genug ist, so sollst du doch außerdem noch dies zum Ersatz erhalten.

AUTOLYCUS. Ach, Herr, ich bin ein armer Kerl. – Für sich. Ich kenne Euch recht gut.

CAMILLO. Nun, mach' fort; der Herr ist schon halb abgestreift.

AUTOLYCUS. Ist es Euer Ernst, Herr? Für sich. Ich wittre die Geschichte.

FLORIZEL. Mach' fort, ich bitte dich.[568]

AUTOLYCUS. Freilich hab' ich schon Geld darauf bekommen; aber ich kann es doch mit gutem Gewissen nicht nehmen.

CAMILLO. Knöpf los, knöpf los! –


Florizel und Autolycus wechseln die Kleider.


Beglückte Herrin, – möge dieses Wort

Sich Euch erfüllen! – Zieht Euch nun zurück

In jenes Dickicht; nehmt des Liebsten Hut

Und drückt ihn in die Stirn; verhüllt das Antlitz;

Verkleidet Euch: verstellt, so viel Ihr könnt,

Das, was Ihr wirklich seid, daß Ihr gelangt

(Denn Späher fürcht' ich überall) an Bord,

Und unentdeckt.

PERDITA.

Ich seh', das Spiel ist so,

Daß ich die Rolle nehmen muß.

CAMILLO.

Da hilft nichts. –

Nun, seid Ihr fertig?

FLORIZEL.

Säh' mich jetzt mein Vater,

Er nennte mich nicht Sohn.

CAMILLO.

Nein, diesen Hut

Bekommt Ihr nicht. – Kommt, Fräulein! –

Du, lebe wohl!

AUTOLYCUS.

Lebt wohl, Herr!

FLORIZEL.

O Perdita, was haben wir vergessen!

Komm, nur ein Wort!


Sie reden heimlich.


CAMILLO beiseit.

Mein erst Geschäft ist nun, dem König sagen,

Daß sie entflohn, wohin sie sich gewendet;

Wodurch, das hoff ich, er bewogen wird,

Schnell nachzueilen; mit ihm werd' ich dann

Sizilien wieder sehn, nach dessen Anblick

Ich krankhaft schmachte.

FLORIZEL.

Glück sei unser Führer! –

So gehn wir denn, Camillo, nach dem Strand.

CAMILLO. Je schneller, um so besser.


Florizel, Perdita, Camillo gehn ab.


AUTOLYCUS. Ich verstehe den Handel, ich höre jedes Wort: ein offnes Ohr, ein scharfes Auge und eine schnelle Hand sind[569] einem Beutelschneider unentbehrlich; eine gute Nase gehört auch dazu, Arbeit für die andern Sinne auszuwittern. Ich sehe, dies ist eine Zeit, in der der Ungerechte gedeiht. Welch ein Tausch wäre dies gewesen, auch ohne Überschuß? und welch ein Überschuß ist noch bei diesem Tausch? Wahrhaftig, in diesem Jahre sehn uns die Götter durch die Finger, und wir können alles ex tempore tun. Der Prinz selbst ist auf Schelmereien aus, und stiehlt sich von seinem Vater weg mit dem Klotz am Bein; dächt' ich – es wäre ein ehrliches Stückchen, dem König was davon zu sagen, – so wollte ich – es nicht tun: – ich halte es für die größere Schurkerei, es zu verschweigen, und bleibe meinem Beruf getreu.


Der alte und der junge Schäfer kommen.


Beiseit', beiseit'; – hier ist noch mehr Stoff für ein feuriges Gehirn. Jede Gassenecke, jeder Laden, Kirche, Sitzung, Hinrichtung gibt einem aufmerksamen Mann was zu tun.

DER JUNGE SCHÄFER. Seht, seht; was Ihr für ein Mann seid! Es ist kein ander Mittel, als dem Könige zu sagen, daß sie ein Wechselkind und nicht Euer Fleisch und Blut ist.

DER ALTE SCHÄFER. Nein, aber höre mich!

DER JÜNGE SCHÄFER. Nein, hört Ihr mich!

DER ALTE SCHÄFER. Nun, so sprich!

DER JUNGE SCHÄFER. Da sie nicht Euer Fleisch und Blut ist, hat Euer Fleisch und Blut den König nicht beleidigt; und so kann er Euer Fleisch und Blut nicht strafen. Zeigt die Sachen, die Ihr mit ihr gefunden habt, die geheimnisvollen Sachen alle, außer denen, die sie bei sich hat: wenn Ihr das tut, dann mag sich das Gesetz nur das Maul wischen, dafür steh' ich Euch.

DER ALTE SCHÄFER. Ich will dem König alles sagen, jedes Wort, ja, und seines Sohnes Schelmerei auch, der, das kann ich wohl sagen, kein ehrlicher Mann ist, weder gegen seinen Vater, noch gegen mich, daß er so darauf aus war, mich zu des Königs Schwager zu machen.

DER JUNGE SCHÄFER. Jawohl, Schwager war das Wenigste, was Ihr von ihm werden konntet; und dann wäre Euer Blut kostbarer geworden, ich weiß nicht, um wie viel jede Unze.[570]

AUTOLYCUS beiseit. Sehr verständig, ihr Maulaffen!

DER ALTE SCHÄFER. Gut, komm zum König; wegen dessen, was in diesem Bündel ist, wird er sich hinter den Ohren kratzen.

AUTOLYCUS. Ich weiß nicht, wie diese Klage die Flucht meines Herrn hindern könnte.

DER JUNGE SCHÄFER. Gebe der Himmel, daß er im Schloß ist!

AUTOLYCUS. Bin ich auch von Natur nicht ehrlich, so bin ich's doch zuweilen durch Zufall: – ich will meinen Hausiererbart in die Tasche stecken. – Er nimmt sich seinen falschen Bart ab. Heda, Bauersleute! wo hinaus?

DER ALTE SCHÄFER. Nach dem Palast, mit Eurer Gnaden Erlaubnis.

AUTOLYCUS. Euer Geschäft dort? was? mit wem? die Beschaffenheit dieses Bündels? Euer Wohnort? Euer Name? Euer Alter? Vermögen? Familie? Alles, was zur Sache gehört, gebt es an!

DER JUNGE SCHÄFER. Wir sind nur schlichte Leute, Herr.

AUTOLYCUS. Gelogen; ihr seid rauh und behaart: laßt mich keine Lüge hören: die schickt sich nur für Handelsleute, und sie werfen uns Soldaten oft Lügen vor: aber wir bezahlen sie ihnen mit geschlagener Münze, nicht mit schlagendem Eisen; darum schenken sie uns die Lügen nicht.

DER JUNGE SCHÄFER. Euer Gnaden hätten uns bald eine Lüge vorgeworfen, hättet Ihr Euch nicht auf frischer Tat ertappt.

DER ALTE SCHÄFER. Seid Ihr vom Hofe, Herr, wenn es erlaubt ist?

AUTOLYCUS. Es mag erlaubt sein oder nicht, so bin ich vom Hofe. Siehst du nicht die Hofmanier in dieser Umhüllung? Hat mein Gang nicht den Hoftakt? Strömt nicht von mir Hofgeruch in deine Nase? Bestrahle ich nicht deine Niedrigkeit mit Hofverachtung? Denkst du, weil ich mich in dein Anliegen hinein vertiefe und es aus dir herauswinden möchte, ich sei deshalb nicht vom Hofe? Ich bin ein Hofmann von Kopf zu Fuß; und einer, der dein Geschäft entweder vorwärts bringen oder hintertreiben wird: deshalb befehle ich dir, mir dein Anliegen zu eröffnen.

DER ALTE SCHÄFER. Mein Geschäft geht an den König, Herr.

AUTOLYCUS. Was für einen Advokaten hast du dazu?[571]

DER ALTE SCHÄFER. Ich weiß nicht, mit Verlaub.

DER JUNGE SCHÄFER. Advokat ist der Hofausdruck für Fasan; sagt, daß Ihr keinen habt.

DER ALTE SCHÄFER. Ich habe keinen Fasan, weder Hahn noch Henne.

AUTOLYCUS.

Wie glücklich wir, die nicht so simpel sind!

Doch konnte mich Natur wie diese schaffen,

Drum will ich nicht verachten.

DER JUNGE SCHÄFER. Das muß gewiß ein großer Hofmann sein.

DER ALTE SCHÄFER. Seine Kleider sind reich, aber er trägt sie nicht hübsch.

DER JUNGE SCHÄFER. Je seltsamer, desto vornehmer; ein großer Mann, das versichre ich Euch; man sieht es an seinem Zähnestochern.

AUTOLYCUS. Das Bündel da, was ist in dem Bündel? Was soll die Büchse?

DER ALTE SCHÄFER. Herr, in diesem Bündel und dieser Büchse liegen solche Geheimnisse, die nur der König wissen darf: und die er auch noch diese Stunde wissen soll, wenn ich bei ihm vorgelassen werde.

AUTOLYCUS. Alter Mensch, du hast deine Mühe verloren.

DER ALTE SCHÄFER. Warum, Herr?

AUTOLYCUS. Der König ist nicht im Palast; er ist an Bord eines neuen Schiffes gegangen, um die Melancholie auszutreiben und sich zu zerstreuen; denn, wenn in dir Fassungskraft für ernste Dinge ist, so wisse, der König ist voll Kummer.

DER ALTE SCHÄFER. So sagt man, Herr; wegen seines Sohnes, der eines Schäfers Tochter heiraten wollte.

AUTOLYCUS. Wenn der Schäfer nicht schon in Haft ist, so möge erfliehn; die Flüche, die über ihn ausgesprochen werden sollen, die Martern, die er dulden soll, brächen wohl die Kraft eines Mannes und das Herz eines Ungeheuers.

DER JUNGE SCHÄFER. Glaubt Ihr das, Herr?

AUTOLYCUS. Nicht er allein soll alles ertragen, was der Scharfsinn Schweres, die Rache Bitteres ersinnen kann; sondern auch alle, die mit ihm verwandt sind, wenn auch nur im fünfzigsten Grade, fallen dem Henker anheim: obwohl dies sehr betrübt ist, so ist es doch notwendig. Ein alter schafziehender[572] Spitzbube, ein Hammelpfleger, der setzt sich's in den Kopf, daß seine Tochter majestätisch werden soll! Einige sagen, er soll gesteinigt werden; aber der Tod wäre zu gelinde für ihn, sage ich: unsern Thron in eine Schafshütte zu ziehn! Alle Todesarten zusammen sind zu wenig, die schwerste zu leicht.

DER JUNGE SCHÄFER. Hat der alte Mann etwa einen Sohn? Habt Ihr nichts davon gehört, wenn man fragen darf?

AUTOLYCUS. Er hat einen Sohn; dieser soll lebendig geschunden, dann mit Honig bestrichen und über ein Wespennest gestellt werden; dort bleiben, bis er drei Viertel und ein Achtel tot ist: dann mit Aquavit oder einer anderen hitzigen Einflößung wieder zum Leben gebracht werden: dann, so roh wie er ist, und an dem heißesten Tage, den der Kalender prophezeit, gegen eine Ziegelmauer gestellt werden, woselbst ihn die Sonne mit südlichem Auge anschaut und er sie wieder anstarren muß, bis er von Fliegen tot gestochen ist. Aber was sprechen wir von diesen verräterischen Spitzbuben, deren Elend man nur belachen kann, da ihr Verbrechen so ungeheuer ist? Sagt mir, denn ihr scheint ehrliche, einfache Leute, was ihr bei dem König anzubringen habt; da ich gewissermaßen in einem freundlichen Verhältnis mit ihm bin, will ich euch zu ihm an Bord bringen, eure Personen seiner huldreichen Gegenwart vorstellen, ihm zu eurem Besten ins Ohr flüstern; und wenn außer dem König jemand imstande ist, euer Begehr durchzusetzen, so steht hier ein Mann, der es vermag.

DER JUNGE SCHÄFER. Er scheint von außerordentlichem Einfluß zu sein: macht Euch an ihn, gebt ihm Gold; und ist auch die Größe ein störriger Bär, so wird sie doch oft durch Gold bei der Nase herum geführt; zeigt das Inwendige Eures Beutels dem Auswendigen seiner Hand, und damit gut: denkt nur, »gesteinigt« und »lebendig geschunden«!

DER ALTE SCHÄFER. Wenn Ihr die Gnade haben wollt, unsre Sache zu übernehmen, so ist hier alles Gold, das ich bei mir habe; ich will noch mal so viel holen und diesen jungen Mann hier zum Pfande lassen, bis ich es Euch bringe.

AUTOLYCUS. Wenn ich getan habe, was ich versprach?[573]

DER ALTE SCHÄFER. Ja, Herr.

AUTOLYCUS. Gut, so gib mir die Hälfte; – bist du auch in dieser Sache beteiligt?

DER JUNGE SCHÄFER. Gewissermaßen, Herr; sollte es mir auch an die Haut gehn, so hoffe ich doch, man wird mich nicht aus ihr herausschinden.

AUTOLYCUS. O nein, das ist nur der Fall bei des Schäfers Sohn: – an den Galgen mit ihm, an ihm muß man ein Exempel statuieren.

DER JUNGE SCHÄFER. Ein schöner Trost! Wir müssen zum König und ihm unsre wunderlichen Geschichten zeigen; er muß erfahren, daß sie weder Eure Tochter noch meine Schwester ist; sonst ist es aus mit uns. Herr, ich will Euch ebenso viel geben, wie dieser alte Mann, wenn die Sache durchgeführt ist, und, wie er sagt, als Pfand bei Euch bleiben, bis er es bringt.

AUTOLYCUS. Ich will euch trauen. Geht voraus nach dem Ufer, geht da nur rechts hin; ich will nur einmal über die Hecke sehen und euch gleich nach kommen.

DER JUNGE SCHÄFER. Dieser Mann ist uns ein Segen, das muß man sagen, ein wahrer Segen.

DER ALTE SCHÄFER. Laß uns vorausgehn, wie er uns befahl; er ist recht dazu bestellt, uns Gutes zu tun.


Die beiden Schäfer gehn ab.


AUTOLYCUS. Wenn ich auch Lust hätte, ehrlich zu sein, so seh' ich doch, das Schicksal will es nicht; es läßt mir die Beute in den Mund fallen. Ein doppelter Vorteil bewirbt sich jetzt um mich: Gold, und ein Mittel, dem Prinzen, meinem Herrn, Liebes zu tun; wer weiß, wie mir das noch einmal zu Gute kommt? Ich will diese beiden blinden Maulwürfe an Bord bringen zu ihm; wenn er's für gut hält, sie wieder ans Ufer zu setzen, und betrifft die Klage, die sie dem König anbringen wollen, ihn nicht, so mag er mich, für meine zu große Dienstfertigkeit, einen Schelm nennen; denn gegen diesen Titel und die Schande, die dazu gehört, bin ich gestählt. Ich will sie ihm vorstellen, es kann doch zu etwas führen.


Er geht ab.[574]


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 2, Berlin: Aufbau, 1975, S. 548-575.
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