Zweite Szene

[168] Juliens Zimmer.


Proteus und Julia treten auf.


PROTEUS.

Geduldig, liebe Julia!

JULIA.

Ich muß, wo keine Hülfe ist.

PROTEUS.

Sobald ich irgend kann, kehr' ich zurück.

JULIA.

Verkehrt sich Euer Sinn nicht, kehrt Ihr bald;

Nehmt dies als Eurer Julia Angedenken.


Sie gibt ihm einen Ring.


PROTEUS.

So tauschen wir; nimm dies und denke mein!

JULIA.

Laß heil'gen Kuß des Bundes Siegel sein!

PROTEUS.

Nimm meine Hand als Zeichen ew'ger Treue,

Und wenn im Tag mir eine Stund' entschlüpft,

In der ich nicht um dich, o Julia, seufze,

Mag in der nächsten Stund' ein schweres Unheil

Mich für Vergessenheit der Liebe strafen!

Mein Vater wartet mein; oh! sage nichts;

Die Flut ist da: nicht deiner Tränen Flut,

Die hält mich länger, als ich bleiben sollte.


Julia geht ab.


Julia, leb wohl! – Wie? Ohn' ein Wort gegangen?

Ja, treue Lieb' ist so, sie kann nicht sprechen.

Mit Taten schmückt sich Treu' und nicht mit Worten.


Panthino tritt auf.


PANTHINO.

Man wartet schon.

PROTEUS.

Ich komme, geh nur fort!

Ach! Trennung macht verstummen Liebeswort.


Beide gehn ab.[168]


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 1, Berlin: Aufbau, 1975, S. 168-169.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die beiden Veroneser
Shakespeare's dramatische Werke, Band 8: Die beiden Veroneser. Coriolanus. Liebes Leid und Lust
Shakespeare, William: Shakespeare's dramatische Werke / Die Comödie der Irrungen. - Die beiden Veroneser. - Coriolanus. Liebes Leid und Lust
Shakespeare's Dramatische Werke: Einleitungen. Viel Lärmen Um Nichts. Die Comödie Der Irrungen. Die Beiden Veroneser. Coriolanus / Uebersetzt Von Dorothea Tieck. Liebes Leid Und Lust (German Edition)