|
[335] Gower tritt auf.
GOWER.
Zum Schlaf streckt sich nun jeder aus,
Kein Schall, als Schnarchen um das Haus,
So lauter aus der vollen Brust,
Die satt vom Pomp der Hochzeitslust.
Die Katz', mit Augen brennend grün,
Liegt lauernd vor dem Mausloch hin,
Das Heimchen zirpt vom Ofen her,
Die Hitze macht es fröhlicher.
Zu Bett ist nun die Braut gebracht
Von Hymen; sie wird in der Nacht
Zur Frau, und schwanger. Merket auf!
Die Zeit in ihrem schnellen Lauf
Ergänzt durch Einbildung geschickt;
Ich deute, was ihr stumm erblickt.
STUMMES SPIEL.
Auf der einen Seite treten Perikles und Simonides mit ihrem Gefolge ein; ein Bote tritt ihnen entgegen, kniet, und gibt dem Perikles einen Brief, Perikles zeigt ihn dem Simonides, die Lords knien vor ihm; dann kommt Thaisa schwanger, mit der Amme Lychorida, der König zeigt ihr den Brief, sie ist erfreut, sie und Perikles nehmen Abschied vom Vater, und alle gehn ab.
GOWER.
Mühseliglich an allen Orten
Ist Perikles gesuchet worden,
In Ecken vier, durch die die Welt
Sich gegensteh'nd zusammenhält;
Es ist daran gespart kein Fleiß,[335]
Was Roß' und Schiff', und Geld und Schweiß
Vermocht; endlich von Tyrus dann,
Weil scharf die Nachsuchung getan,
Wird an den Hof Simonidis
Ein Brief gebracht, der Inhalt dies:
Nachdem nun tot Antiochus,
Wollten die Edlen von Tyrus
Helicanus sollt' König sein
Von Tyrus, aber er spricht: Nein;
Zu dämpfen Aufruhr, er verhieß,
Daß, wenn der König Perikles
Nicht in zwölf Monden wiederkehrt,
Er ihres Willens sie gewährt,
Und nimmt die Krone. Alles dies
Schreibt man nun nach Pentapolis;
Da wird die Landschaft freudenreich,
Mit lautem Schall ruft jeder gleich:
Ein König ist der Erbprinz hier!
Wem kam das doch im Traume für?
Kurz, nun nach Tyrus muß der Wert',
Die schwangre Königin begehrt
Zu reisen mit; wer kann's versagen?
(Ich schweige von dem Leid und Klagen).
Die Amm', Lychorida, sie nimmt,
Und so zur See. Das Fahrzeug schwimmt
Auf Neptuns Wogen; halb die Fahrt
Ist schon vollbracht, da läßt von Art
Das Glück wiedrum, der Norden graus
Spei't solchen wilden Sturm heraus,
Daß wie die Ente taucht hernieder,
So treibt das Schiff auch hin und wider:
Es schreit die Frau, und, helf' uns Gott!
Fällt gar vor Angst in Kindesnot.
Was nun im Sturme mag gescheh'n,
Das sollt ihr selbst mit Augen seh'n.
Nichts sag' ich mehr, in Handlung kann
Das andere leichtlich sein getan,
Nicht, was ich euch bis jetzt erzählt,[336]
Wenn Einbildung nur fest behält:
Die Bühn' ist Schiff, und vom Verdecke
Spricht Perikles, der seebestürmte Recke.
Geht ab.
Buchempfehlung
Die Sängerin Marie Ladenbauer erblindet nach einer Krankheit. Ihr Freund Karl Breiteneder scheitert mit dem Versuch einer Wiederannäherung nach ihrem ersten öffentlichen Auftritt seit der Erblindung. »Das neue Lied« und vier weitere Erzählungen aus den Jahren 1905 bis 1911. »Geschichte eines Genies«, »Der Tod des Junggesellen«, »Der tote Gabriel«, und »Das Tagebuch der Redegonda«.
48 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro