Achtes Capitel.

[66] Als ich durch eine kleine Pforte in der Parkmauer auf den Hof trat, wurden dort eben die Pferde von einem leichten Wagen abgeschirrt. Reben dem Wagen stand ein Mann im Jagdcostüm, die Flinte über die Schulter gehängt; es war Herr von Zehren.

Ich hatte mir, ich weiß nicht welche diplomatische Haltung ausgedacht, die ich meinem Wirth gegenüber zur Schau tragen wollte; aber da ich mein Leben lang ein schlechter Schauspieler gewesen bin und überdies so wenig Zeit gehabt hatte, mir die neue Rolle einzustudiren, brachte mich das freundliche Lächeln und der herzliche Händedruck, mit dem mich Herr von Zehren empfing, ohne weiteres aus dem Text. Auch ich lächelte; ich erwiederte den Händedruck mit einer Lebhaftigkeit, als hätte ich den ganzen Tag nur auf den Moment geharrt, meinen Freund und Beschützer wieder zu sehen; ich war mit einem Worte ganz in der Gewalt des Zaubers, den der seltsame Mann vom ersten Augenblicke an auf mein junges, unerfahrenes Herz ausgeübt hatte.

Aber auch der Verstand eines Verständigern hätte sich wohl von dieser bezaubernden Liebenswürdigkeit fangen lassen. Schon das Aeußere des Mannes hatte für mich etwas Bestrickendes, und wie er jetzt, lachend und scherzend, den heitersten Ausdruck auf dem von der Sonne eines Jagdtages ordentlich verjüngten Gesicht, dastand und, sich das runde Hütchen abnehmend, mit der Hand das weichlockige, hier und da bereits ergrauende Haar aus der feinen Stirn und dann wieder den vollen braunen Bart strich, glaubte ich nie einen schönern Mann gesehen zu haben.

»Ich stand heute Morgen vor Ihrem Bett«, scherzte er; »aber Sie schliefen so fest, ich hatte nicht den Muth, Sie zu wecken. Freilich, wenn ich gewußt hätte, daß Sie mit der Flinte so gut umzugehen verstehen, wie mit dem Ruder oder der Segelleine – und das hätte ich, ohne Salomo zu sein, wissen können, denn Fischefangen und Vogelstellen und noch einiges Andere, das gehört zusammen, wie hinter dem Ofen sitzen und schlafen. Aber das läßt sich nachholen; wir haben, Gott sei Dank, für mehr als einen Tag zu schießen. Und[67] nun kommen Sie herein, und plaudern Sie mit mir, während man uns das Abendbrod zurecht macht.«

Das Wohnzimmer des Herrn von Zehren lag in der Fronte des Hauses hinter dem Speisezimmer; neben dem Wohnzimmer war sein Schlafgemach.

Er zog sich dort um und sprach mit mir durch die offene Thür, während er mit den Waschschüsseln klapperte, so daß ich Mühe hatte zu hören, was er sprach. Aber ich verstand so viel, daß er noch heute Morgen an seinen Bruder, den Steuerrath, geschrieben habe, er möge meinen Vater von meinem augenblicklichen Aufenthalt benachrichtigen. Mein Vater werde gewiß unter den obwaltenden Verhältnissen damit einverstanden sein, daß ich, bis meine Angelegenheit geordnet, in dem Hause eines Freundes Zuflucht gefunden. In solchem Falle erspare eine momentane Trennung oft eine für immer. Und wenn auch, nun dann – hier tauchte der Kopf des Sprechenden in das Waschwasser – und übrigens möge ich lieber gegen Niemand erwähnen, wo er und ich uns getroffen. Wir könnten uns ja gestern Abend auf der Fähre begegnet sein, als ich im Begriff gestanden, mich nach der Insel übersetzen zu lassen. Weshalb solle ein junger Mensch, den der Vater aus dem Hause getrieben, nicht laufen so weit der Himmel blau ist, und unterwegs einen Herren finden, der einen Platz auf seinem Wagen frei hat und den jungen Menschen fragt, ob er nicht mit ihm fahren wolle? Das sei ja Alles so einfach und natürlich. Und so habe er auch heute Morgen an seinen Bruder geschrieben. Dem alten Pinnow habe er noch gestern Abend Bescheid gesagt. Und übrigens gehe das Wo und Wie ja eigentlich Keinen etwas an – Herr von Zehren sprach in seinem Kleiderschrank hinein, und ich verstand nur das Wort: »Ungelegenheiten«.

Mir war eine große Last vom Herzen genommen. Der Traum des Morgens, an den ich den ganzen Tag nicht gedacht, war mir mit der Abenddämmerung wieder in die Erinnerung gekommen. Zum ersten Mal hatte mich der Gedanke erschreckt, mein Vater könne glauben, ich habe mir ein Leides gethan; aber nur für einen Augenblick; die Jugend hält es für so unwahrscheinlich, daß Andere die Dinge ernster nehmen als sie selbst! – aber so viel war mir doch klar geworden, ich werde meinem Vater Nachricht geben müssen. Was aber dann? Dann drängte sich irgendwie das alte Elend, dem ich[68] kaum entronnen, wieder herzu; auf jeden Fall war meines Bleibens hier nicht länger. Nun sah ich plötzlich einen Ausweg aus diesem Labyrinth. Der Steuerrath, das wußte ich, war, als sein unmittelbar Vorgesetzter, für meinen loyalen, diensteifrigen Vater eine Art von höherm Wesen, das auf Erden nur noch vier andere Wesen über sich hatte: nämlich den Herrn Provinzialsteuerdirector, den Herrn Generalsteuerdirector, des Handelsministers Excellenz, hinter welchem dann unmittelbar Se. Majestät der König kam, der aber freilich wieder ein Wesen eigener und anderer Art war, selbst von einer Excellenz durch eine weltweite Kluft getrennt. Wenn also Herr von Zehren mich bei sich behalten und der Steuerrath dies Project bei meinem Vater befürworten wollte – aber würde er das wollen? Der Steuerrath hatte mich nie besonders gern gemocht und gestern Abend hatte ich ihn noch dazu schwer beleidigt. Ich äußerte diesen meinen Zweifel gegen Herrn von Zehren. »Dafür lassen Sie mich nur sorgen«, erwiederte er, indem er, sich die frisch gewaschenen Hände reibend, aus seinem Schlafgemach trat.

»Nun, und wie haben Sie den Tag hingebracht?« fuhr er fort, sich in einen Lehnstuhl werfend und die Beine von sich streckend. – »Haben Sie meine Tochter gesehen? – Ja? – Da können Sie von Glück sagen; ich sehe sie manchmal Tage lang nicht. Und zu essen haben Sie bekommen? aber schlecht, ich wollte darauf wetten; man ißt bei mir schlecht, wenn ich zu Hause bin, aber erbärmlich, wenn ich nicht zu Hause bin. Mondschein und Beefsteak – das paßt nun nicht zusammen; wenn ich einmal gut essen will, muß ich's auswärts thun – gestern Abend – beim alten Pinnow – he? – war das nicht köstlich? romantisch? Bruder Tuck und der schwarze Ritter und Sie als Deschidado ›der Enterbte‹. Solche kleinen Abenteuer liebe ich nun über Alles!«

Und er streckte sich so behaglich in seinem Lehnstuhl und lachte so frei, daß ich ihm innerlich meinen Verdacht abbat und mich einen ganz einfältigen, albernen Menschen nannte, weil mir ein solcher Gedanke je habe in den Sinn kommen können.

Der seltsame Mann plauderte weiter, fragte mich auch viel über meinen Vater, über meine Familie, über meine Vergangenheit – aber Alles in so freundlich theilnehmendem Ton, daß man es nicht leicht übel nehmen konnte. Er schien an meinen Antworten großes Gefallen zu finden; auch wurde[69] ich nicht wieder böse, als er, wie gestern Abend, über einige meiner Aeußerungen in ein lautes Gelächter ausbrach. Er beschwichtigte meine Empfindlichkeit dann immer gleich wieder mit einem gütigen Wort; ich hatte durchaus das Gefühl, daß der Mann es gut mit mir meine, und noch heute bin ich überzeugt, daß er vom ersten Augenblick an eine herzliche Zuneigung zu mir gefaßt hatte, und daß, wenn es eine Laune war, was sich ihn eines jungen, hülfsbedürftigen Menschen annehmen hieß, diese Laune zu denen gehörte, deren nur von Natur großmüthige Herzen fähig sind.

»Aber wo bleibt denn das Essen?« rief er, indem er ungeduldig aufsprang und in das Speisezimmer blickte. »Ah! da bist Du ja, Konstanze!«

Er ging; ich hörte ihn durch die nur halb geschlossene Thür mit seiner Tochter leise sprechen; mir schlug das Herz, ich wußte nicht, weshalb.

»Nun, warum kommen Sie nicht,« rief er aus dem Speisezimmer. Ich trat ein; neben dem Tisch, der meinem unverwöhnten Auge reich gedeckt schien, stand Konstanze. Das Licht der Hängelampe fiel von oben herab auf sie. War es die andere Beleuchtung, war es die andere Frisur – sie hatte jetzt das Haar nach oben gekämmt, so daß es wie eine dunkle Krone, durch die sich ein blaues Band flocht, auf ihrem schönen Haupte ruhte – war es die andere Tracht – ein sommerliches, ganz einfaches, knapp anliegendes Kleid, dessen sehr tiefen, keilförmigen Ausschnitt ein weiter, nach Art eines Tuches umgebundener Spitzenkragen kaum verhüllte – war es das Alles zusammen und dazu der veränderte Ausdruck ihres reizenden Gesichtes, das jetzt etwas unbeschreiblich Kindliches hatte – aber ich erkannte sie kaum wieder; ich hätte glauben können, heute Morgen die um mehrere Jahre ältere, feurige Schwester dieses holden, jungfräulichen Wesens gesehen zu haben.

»Zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts,« sagte Herr von Zehren, »Lotte? wie? Es fehlen nur noch ein paar Schleifen, und vielleicht der Werther – sonst superb!«

Ueber Konstanze's Gesicht flog ein Schatten und ihre Augenbrauen zuckten. Ich hatte die Anspielung nicht recht verstanden, dennoch fühlte ich mich peinlich berührt. Konstanze erschien mir so schön; wie konnte man, wenn man sie ansah, etwas Anderes sagen, als daß sie schön sei?[70]

Ich hätte es ihr so gern gesagt, aber ich hatte kaum den Muth, sie anzublicken, geschweige, sie anzureden, und sie ihrerseits war einsilbig und theilnahmlos; die Speisen berührte sie nur eben; ich erinnere mich noch jetzt nicht, daß ich sie jemals hätte essen sehen. Ueberhaupt war die Mahlzeit, die aus Fisch und aus Rebhühnern bestand, welche der »Wilde« heute auf der Jagd geschossen hatte, eigentlich für diesen allein, der einen mächtigen Waidmannshunger entwickelte. Dazu trank er übermäßig von dem vortrefflichen Rothwein und forderte mich wiederholt auf, ihm Bescheid zu thun, wie er denn seine oft von Geist sprühende Unterhaltung fast ausschließlich an mich wandte. Ich war durch ein solches Flackerfeuer wie geblendet, und da ich Vieles nur halb, Manches gar nicht verstand, so war die Folge, daß ich einige Male an der unrechten Stelle lachte, was dann wieder eine spottende Heiterkeit meines Wirthes hervorrief. Eins aber verstand ich im Laufe dieser nicht eben langen Mahlzeit sehr wohl: das gespannte, um nicht zu sagen, feindliche Verhältniß, welches zwischen Vater und Tochter walten mußte. Dergleichen fühlt sich bald heraus, zumal wenn man, wie ich, so gut vorbereitet war, die Bedeutung der scheinbaren Gleichgültigkeit in einer hastig hingeworfenen Frage zu verstehen und der unnöthig langen Pause, bis die Antwort erfolgt, und des gereizten Tones, in welchem dieselbe endlich gegeben wird! Wie lange war es denn her, daß mein Vater und ich uns so gegenüber gesessen hatten und ich Gott in der Stille meines Herzens dankte, wenn das peinliche Beisammensein durch einen glücklichen Zufall früher, als zu erwarten war, aufgehoben wurde! Hier hätte ich mich nun unbetheiligt fühlen dürfen, wäre ich nicht bereits in die Tochter verliebt gewesen, wie es, glaube ich, nur eben ein so junger kopfloser Bursch sein kann, das heißt über alle Maßen, und hätte mich nicht der Vater mit seinem Geist und seiner Liebenswürdigkeit vollständig beherrscht. So aber wurde mein Herz, wie es zwiefach getheilt war, zwiefach zerrissen, und wenn ich ein paar Stunden vorher den heroischen Entschluß gefaßt hatte, die schöne, unglückliche Tochter vor dem entsetzlichen Vater zu beschützen, so war ich jetzt felsenfest überzeugt, daß mir die erhabene Mission geworden, diese beiden herrlichen Menschen mit einem festen Liebesbande wieder aneinander zu knüpfen. Daß es mir besser angestanden hätte, vor der Thür eines gewissen kleinen Hauses in[71] der Hafengasse in Uselin zu kehren, wo ein alter Mann wohnte, den ich so schwer gekränkt – daran dachte meine Seele nicht.

Aber hoch athmete ich auf, als jetzt ein Wagen schnell über das holperige Pflaster des Hofes gerollt kam und vor der Thür still hielt. Es war der von Herrn von Zehren angekündigte Besuch zweier Gutsnachbarn und Jagdgenossen. Konstanze hatte sich sofort erhoben und war, trotz des Vaters in fast befehlendem Tone ausgesprochenem Wunsch: »Ich bitte, daß Du bleibst!« im Begriff, das Zimmer zu verlassen, als die Herren eintraten. Der Eine war ein großer, breitschulteriger, blonder, junger Mann mit einem hübschen, regelmäßigen Gesicht, aus dem ein paar runde, vorstehende, blaue Augen mit einer Art von gutmüthiger Verwunderung in die Welt starrten; mein Wirth stellte ihn mir als Herrn Hans von Trantow vor. Der Andere, eine kleine drollige Persönlichkeit, dessen Kopf mit der zurückfliegenden Stirn und dem fast fehlenden Hinterhaupt so winzig war, daß für das kurzgeschorene, starre, braune Haar kaum eine Hand breit blieb und dem die aufgeworfene Stumpfnase und der große, mit großen weißen Zähnen reichlich ausgestattete, stets offene Mund eine mehr als flüchtige Aehnlichkeit mit einer Bulldogge gab – hieß Herr Joachim von Granow. Er war Offizier gewesen und hatte sich, nachdem ihm eine bedeutende Erbschaft zugefallen, erst vor wenigen Monaten in der Gegend angekauft.

Konstanze hatte nothgedrungen bleiben müssen, denn der kleine Herr von Granow war sofort mit einem, wie es schien, unerschöpflichen Redeschwall auf sie eingedrungen, und der große Herr von Trantow so nahe bei der offenen Thür unbeweglich stehen geblieben, daß man nicht wohl an ihm vorbei konnte. Ich hatte vom ersten Moment an ein feindschaftliches Gefühl gegen die Beiden, gegen den Kleinen, weil er es wagte, so nahe an das schöne Mädchen heranzutreten und so viel zu sprechen; gegen den Großen, der freilich nicht sprach, dafür aber sie immerfort mit seinen gläsernen Augen anstarrte, was mir noch viel beleidigender schien.

»Wir haben heute eine schlechte Jagd gehabt, mein gnädiges Fräulein,« schrie der Kleine mit quäkender Stimme; »aber vorgestern beim Grafen Griebenow war es ganz ungewöhnlich famos. Wo ein Volk aufging, ich stand mitten[72] drin; drei Doubletten an einem Tage, das will etwas sagen. Aber auch diese Eifersucht! dieser Neid! Sie haben mich fast in Stücke gerissen. Der Fürst war ganz außer sich. ›Sie sind des Teufels, Granow,‹ sagte er einmal über das andere. ›Ein junger Mensch muß Glück haben,‹ sagte ich. ›Ich bin jünger als Sie,‹ sagte er. ›Durchlaucht brauchen kein Glück zu haben,‹ sagte ich. ›Warum nicht?‹ sagte er. ›Ein Fürst von Prora-Wiek zu sein, ist Glück genug,‹ sagte ich. War das nicht famos?«

Und Herr von Granow schüttelte sich vor Lachen und zog seinen kleinen Kopf so tief zwischen die runden Schultern, daß er so gut wie keinen Kopf mehr hatte.

»Der junge Fürst war auch da?« sagte Konstanze.

Es war das erste Wort, das sie auf das Geschwätz des kleinen Mannes erwiederte. Vielleicht war es deshalb, daß ich der ich theilnahmlos dabei gestanden – Herr von Zehren war in sein Zimmer gegangen, Herr von Trantow hatte seinen Posten an der Thür noch nicht verlassen, plötzlich aufhorchte.

»Ja, das wissen Sie nicht?« rief der Kleine. »Aber freilich, Ihr Herr Vater kommt ja nicht auf die Griebenowschen Jagden; aber ich meinte, Trantow hätte es Ihnen erzählt.«

»Herr von Trantow und ich pflegen uns nicht au courant unserer Erlebnisse zu erhalten,« antwortete Konstanze.

»O, wahrhaftig,« sagte Herr von Granow, »ist es möglich? Ja, was ich sagen wollte: der junge Fürst war da; er wird sich ja mit der jüngsten Comtesse Griebenow verloben, sagt man. Unterdessen hat er auf Rossow Quartier genommen – dem einzigen seiner Güter in hiesiger Gegend, wissen Sie, das eine Art von herrschaftlichem Hause hat und überdies ganz nahe bei Griebenow liegt. Vortreffliche Gelegenheit, wenn ein Fürst überhaupt eine Gelegenheit braucht. Die ist aber nur für uns arme Teufel. Ha ha ha!«

Und des Kleinen Kopf verschwand wieder zwischen den runden Schultern.

Ich hatte nahe genug bei den Sprechenden gestanden, um jedes ihrer Worte hören und jede ihrer Mienen beobachten zu können, und ich hatte deutlich bemerkt, daß, als Herr von Granow des jungen Fürsten Erwähnung that, Konstanze,[73] die halb abgekehrt mit einer gleichgültig-verdrießlichen Miene dastand, sich plötzlich umwandte und ihre Augen fest auf den Sprechenden heftete, während ein dunkles Roth über ihre Wangen flog. Ich hatte später Veranlassung genug, mich dieses Umstandes zu erinnern, über den zu räthseln mir vorläufig keine Zeit blieb, denn Herr von Zehren kam jetzt mit den Cigarren, die er holen gegangen war, zurück, und Konstanze entfernte sich sehr schnell, nachdem sie Herrn von Granow die Fingerspitzen, mir die Hand mit anscheinend großer Herzlichkeit gereicht und für Herrn von Trantow, der noch immer stumm und unbeweglich an der Thür stand, nur ein vornehmes, kaum merkliches Nicken des Kopfes gehabt hatte.

Herr von Trantow strich sich mit der breiten Hand über die Stirn, als die Thür sich hinter der schönen Gestalt geschlossen hatte, und richtete dann seine großen starren Augen auf mich, während er langsam auf mich zuschritt. Ich erwiederte den Blick, in welchem ich eine finstere Drohung zu lesen glaubte, möglichst trotzig, und war auf Alles gefaßt, als jetzt der Riese vor mir stehen blieb, die starren Augen fest auf mich geheftet.

»Das ist der junge Freund, von dem ich Ihnen erzählt habe, Hans,« sagte Herr von Zehren, der herantrat. »Glauben Sie, daß Sie mit ihm fertig werden?«

Hans von Trantow zuckte die Achseln.

»Ich habe nämlich mit Hans gewettet, daß Sie stärker sind, als er,« fuhr unser Wirth fort; »er gilt in der ganzen Gegend für den stärksten Mann; ich hielt es für meine Schuldigkeit, ihn auf einen so formidabeln Concurrenten aufmerksam zu machen.«

»Aber nicht heute Abend,« sagte Hans, indem er mir die Hand reichte. Es war gerade, wie wenn eine große Dogge, vor der wir nicht ganz sicher sind, ob sie nicht beißen wird, sich plötzlich vor uns hinsetzt und uns die mächtige Tatze auf den Schooß legt. Ich schlug unbedenklich ein.

»Heute Abend!« rief Herr von Zehren; »das fehlte noch! Mein junger Freund wird hoffentlich recht lange bei mir bleiben; er will Oeconom werden und wo könnte er schneller zum Ziele kommen, als auf meiner Musterwirtschaft!«

Und der »Wilde« lachte; von Granow rief: das sei sehr gut! der schweigsame Hans sagte nichts, und ich stand verlegen[74] da. Herr von Zehren hatte in der Unterredung vorhin kein Wort davon gesagt, daß ich als Lehrling bei ihm bleiben solle. Weshalb hatte er es nicht gethan? Es war doch ein ausgezeichneter Gedanke, der alle Schwierigkeiten meiner Stellung auf einmal hob; – und was seine »Musterwirthschaft« betraf, weshalb sollte es mir nicht gelingen, das ironisch gemeinte Wort zur Wahrheit zu machen? Ja, hier hatte ich eine neue Mission, die aber Hand in Hand mit jener ersten ging; den Vater mit der Tochter aussöhnen, das verkommene Gut wieder emporbringen, die Burg ihrer Väter wieder aufrichten, mit einem Wort, der gute Geist, der Schutzgeist des Hauses, der Familie sein!

Das Alles ging mir durch den Kopf, während sich die Herren an den Spieltisch setzten, und mich verfolgten diese Gedanken, nachdem ich, unter dem Vorwand, noch etwas frische Luft schöpfen zu wollen, das Zimmer und das Haus verlassen, und im Park zwischen den dunkeln Büschen auf den mir nun schon bekannten Wegen umherschweifte. Der Mond war noch nicht aufgegangen, doch verkündete eine hellere Stelle am östlichen Horizont sein Nahen. Die Sterne flimmerten in dem von der durchwärmten Erde aufsteigenden Luftstrom. In den Büschen, in den Bäumen rauschte und raunte es und im Dickicht schrie ein Käuzchen, sonst war Alles dunkel und still, nur aus einem Fenster des Erdgeschosses dämmerte ein Licht und die leisen Töne einer Guitarre irrten von dort zu mir herüber. Mein Herz begann heftig zu schlagen, ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und schritt mit verhaltenem Athem und durch jedes kleinste Geräusch, das mein Fuß auf dem Boden machte, erschreckt, näher und näher, bis ich an die steinerne Balustrade kam, welche die breite, niedrige Terrasse umgab. Ich sah jetzt, daß das Licht aus einer weitgeöffneten Fensterthür kam, durch welche ich einen Blick in ein matterhelltes Gemach hatte. An den bei den Fenstern rechts und links waren die dichten Vorhänge herabgelassen. Von da, wo ich stand, konnte man die Bewohnerin nicht sehen, und ich überlegte eben mit pochendem Herzen, ob ich es wagen dürfe, noch weiter vorzudringen, als sie plötzlich in der Thür erschien. Jetzt mußte ich bleiben, wollte ich mich nicht verrathen. Ich hielt den Athem an und drückte mich dicht gegen eine große Steinvase, neben der ich stand.[75]

Ihre Finger glitten über die Saiten der Guitarre, bald diesen Ton, bald jenen anschlagend, dann ein paar unsichere Accorde, als ob sie nach einer Melodie suche. Zuletzt wurden die Accorde fester und sie sang:


Am Tage die Sonne

Wohl hat sie mich gerne,

Ich aber, ich liebe

Die nächtigen Sterne.


Die nächtigen Sterne

Aus endlosen Räumen,

Sie kommen und blinken

Und lassen mich träumen.


Sie lassen mich träumen

Und machen mich weinen

Um den Lieben, den Holden

Den Schlimmen, den Einen.


Den Schlimmen, den Einen,

Den ich mir erkoren,

An den ich die Seele,

Die arme, verloren.


Die letzten Worte hatte sie mit unsicherer Stimme gesungen; jetzt lehnte sie ihr Haupt gegen den Thürpfosten, und ich hörte sie weinen und schluchzen. Meine Erregung war zu groß, als daß ich die Vorsicht, welche meine Stellung erforderte, hätte beobachten können. Ein Stein löste sich von dem verwitterten Rande der Terrasse und rollte hinab. Konstanze zuckte empor und fragte mit unsicherer Stimme: »Wer ist da?« Ich hielt es für gefährlich, noch länger den Lauscher zu spielen, und trat auf sie zu, indem ich meinen Namen nannte.

»Ach, Sie sind es!« sagte sie.

»Ja,« sagte ich, »ich bitte um Verzeihung. Ich hörte Sie spielen, das hat mich herangelockt; ich weiß, es war sehr unschicklich; bitte, verzeihen Sie mir.«

Ich stand jetzt neben ihr, das Licht aus dem Zimmer fiel hell auf ihr Gesicht und ihre dunkeln, zu mir erhobenen Augen.

»Sie Guter,« sagte sie mit weicher Stimme; – »oder meinen Sie es nicht gut mit mir?«[76]

Ich vermochte nicht zu antworten, aber sie wußte mein Schweigen wohl zu deuten.

»Ja,« sagte sie, »Sie sind mein treuer Knappe; mein treuer Georg. Wenn ich sagte: heute Nacht bewachst Du diese Terrasse, bis der Morgen graut – nicht wahr, Sie würden es thun?«

»Ja,« sagte ich.

Sie lächelte zu mir auf. – »Ach, wie das lieb ist, ein Wesen auf Erden sich treu zu wissen. Wie lieb das ist!«

Sie reichte mir die Hand, die ich in meiner zitternden Hand festhielt.

»Aber ich verlange nichts derart von Ihnen,« sagte sie; »nur Eines: daß Sie uns recht lange Gesellschaft leisten und recht oft mit mir spazieren gehen. Versprechen Sie mir's! Ja! das ist so lieb! Und nun gehen Sie! Gute Nacht!«

Sie zog mit leisem Druck ihre Hand aus der meinen und ging in ihr Zimmer zurück. Als ich ein paar Schritte gemacht hatte, hörte ich die Fensterthür schließen.

Unter einem der großen Bäume des Parkes stand ich und blickte nach dem Hause zurück. Der Mond war über den Waldrand gestiegen, das große Gebäude hob sich heller aus dem Dunkel; hier und da flimmerte auf einem der Fenster des oberen Stockes ein ungewisser Schimmer. Das Licht in Konstanze's Gemach kam zu mir herüber mit jenem magischen Schein, der uns so nur einmal wohl im Leben leuchtet.

Die Wiese vor mir hatte in tiefem Schatten gelegen; eben irrten die ersten Strahlen des Mondes darüber hin, und da glaubte ich eine Gestalt zu sehen, die von der andern Seite herankommend, sich langsam auf Konstanze's Fenster zu bewegte. Das war an sich unverfänglich genug; es mochte ein Arbeiter sein, der aus dem Dorfe kam und den Richtweg durch den Park eingeschlagen hatte; aber ein treuer Knappe hat die Pflicht, sich in solchem Falle Gewißheit zu verschaffen, und so schritt ich denn, ohne mich zu besinnen, quer über die Wiese auf die Gestalt zu. Unglücklicherweise trat mein Fuß auf einen dürren Ast; es gab ein lautes Geräusch. In demselben Moment blieb der Mann stehen und eilte mit leichten, schnellen Schritten in der Richtung, aus der er gekommen, zurück. Der Vorsprung, den er hatte, war nur gering, aber das dichte Gehölz, welches die Wiese nach jener Seite einrahmte,[77] und die Grenze des Parkes bildete, war auch nahe, und so erreichte er dasselbe wenige Minuten vor mir. Ich hörte ihn deutlich durch die Zweige brechen, aber wie sehr ich auch vorwärts strebte, ich konnte ihn nicht erreichen; ich glaubte schon, daß mich mein Ohr in eine falsche Richtung gelockt habe, als ein lautes Poltern und Krachen nicht weit von mir mich überzeugte, daß ich auf der rechten Fährte war. Jenes Poltern konnte nur entstanden sein, indem sich der Mann über das morsche Bretterstaket schwang, das den Park nach dieser Seite einschloß und das ich selbst heute bereits zweimal passirt hatte. Jetzt konnte er mir nicht mehr entgehen; jenseits war eine weite Brache und ich hatte noch Niemand gekannt, den ich im Lauf nicht überholt hätte. Aber in dem Augenblicke, wo auch ich die Planke erreichte, ertönte Hufschlag und aufblickend sah ich einen Reiter über den ebenen Plan, den jetzt der Mond hell genug erleuchtete, jagen. Das Pferd mußte ein vorzüglicher Renner sein. Die Hufe schlugen so leicht auf und die Sprünge waren von so mächtiger Weite, daß in weniger als einer halben Minute Roß und Reiter meinen Blicken entschwunden waren; eine zweite halbe Minute hörte ich noch den Hufschlag, dann war auch der verklungen, und ich hätte glauben können, das Ganze geträumt zu haben, wenn mein vor Aufregung und von dem eiligen Lauf klopfendes Herz und meine dornengeritzten, schmerzenden Hände mich nicht eines Andern belehrt hätten.

Wer war der freche Eindringling? Ein gewöhnlicher Dieb sicher nicht; – wohl ohne Zweifel Jemand, den das Licht aus Konstanze's Fenster herangelockt hatte, vielleicht heute nicht zum ersten Male; er schien den Weg schon öfter im Dunkeln zurückgelegt zu haben.

An einen begünstigten Liebhaber glaubte ich nicht; eine solche Annahme würde mir als die schnödeste Versündigung an dem herrlichen Mädchen erschienen sein, das mit ihren träumerischen Augen wahrlich nicht einer glücklich Liebenden glich. Ihr schwermüthiges Lied und ihr Weinen – das Alles deutete vielmehr auf eine unglückliche Liebe. Also doch auf Liebe? Ach, ich wollte ja nichts für mich! Wie konnte ich wagen, die Augen zu ihr zu erheben! Ich konnte nur für sie leben oder sterben, und einem Frechen, der es wagte, unter dem Schutz der Nacht und des Dunkels in dies Heiligthum zu dringen, bei nächster Gelegenheit das Genick brechen.[78]

Dieser Vorsatz hob in etwas wieder meine gedrückte Stimmung, aber freilich: die Seligkeit von vorhin war unwiederbringlich verschwunden. Ich fühlte mich aufgeregt und beunruhigt, als ich in das Zimmer zu den Spielern zurückkehrte.

Man hatte mit Whist angefangen; und war jetzt beim Faro. Der Wilde hielt die Bank; er mußte sehr bedeutend gewonnen haben. In einem Teller vor ihm lag eine Menge Silbergeld, aus dem hier und da ein Goldstück hervorblickte; dieser Teller stand in einem zweiten, welcher mit zerknitterten Tresorscheinen angefüllt war. Diese beiden Gäste hatten ihr baares Geld schon verloren; denn sie wechselten sich häufig gegen Bons, die zu den Tresorscheinen in den zweiten Teller wanderten, größere und kleinere Summen ein, welche eine entschiedene Neigung zeigten, zu der Quelle, aus der sie geflossen waren, zurückzukehren. Herr von Trantow schien sein Unglück mit großer Fassung zu tragen. Sein gutes, hübsches Gesicht war so leidenschaftslos ruhig wie vorher, nur daß es vielleicht ein paar Töne tiefer geröthet war und die großen blauen Augen noch etwas starrer blickten. Doch konnte das ebenso gut die Wirkung des Weines sein, von dem man bereits mindestens ein halbes Dutzend Flaschen geleert hatte. Herrn von Granow's Nerven waren gegen die Pfeil' und Schleudern eines bösen Geschicks weniger unempfindlich. Er hob sich bald in seinem Stuhl, bald ließ er sich wieder zurücksinken; er wetterte und fluchte bald laut, bald leise, und befand sich offenbar in der übelsten Laune, zum heimlichen Ergötzen, wie mir däuchte, des Herrn von Zehren, dem die Lust aus den braunen Augen blitzte, wenn er mit höflich-bedauernden Worten wieder einmal das Geld des Kleinen einzustreichen gezwungen war.

Ich hatte mich eben zu den Spielern gesetzt, die Chance des Spiels, das mir aus schüchternen Schülerversuchen hinreichend bekannt war, besser zu beobachten, als mir Herr von Zehren mit den Worten: Sie müssen auch spielen, einen Haufen Banknoten, den er gerade gewonnen hatte, zuschob.

»Verzeihen Sie,« stotterte ich –

»Machen Sie doch keine Umstände, sagte er, warum wollen Sie noch erst auf Ihr Zimmer gehen, sich Geld zu holen! hier ist genug.«[79]

Er wußte, daß meine ganze Baarschaft aus noch nicht einem Thaler bestand; ich hatte es ihm gestern Abend gesagt. Ich erröthete deshalb über und über, aber ich hatte nicht den Muth, der großmüthigen Lüge meines gütigen Wirthes zu widersprechen; ich rückte mit der Miene eines Mannes, der kein Spielverderber sein will, näher heran und fing an zu pointiren.

Vorsichtig im Anfang und mit kleinen Einsätzen, wie es sich für mich schickte, und mit dem festen Entschluß, ganz ruhig zu bleiben; aber es dauerte nicht lange, als sich in meinem Hirn und Herzen ein unheimliches Fieber entzündete. Mein Herz pochte in schnellen und schnellern Schlägen, mein Athem flog, meine Stirn und meine Augen brannten; ich stürzte, während die Karte geschlagen wurde, Glas auf Glas hinunter, meine verdorrende Zunge zu netzen; ich strich mit bebender Hand meinen Gewinn ein. Und dabei gewann ich fast unaufhörlich; wenn einmal eine Karte gegen mich schlug, brachte mir die folgende das Dreifache und Fünffache. Ich glaubte, das Herz müsse mir springen, als das Geld vor mir zu einer Summe anwuchs, wie ich sie noch nie beisammen gesehen hatte – zwei- bis dreihundert Thaler, wie ich es heimlich überschlug.

Nun kam ein Stillstand; ich gewann nicht mehr, verlor aber auch nicht; dann fing ich an, erst langsam, dann schneller und schneller zu verlieren. Es lief mir kalt durch die Adern, wie einer der großen Scheine nach dem andern wieder von mir wanderte, aber ich hatte vorhin das Betragen des Herrn von Granow zu widerwärtig gefunden, um in denselben Fehler zu verfallen. Ich verlor, wie ich Hans von Trantow verlieren sah, ohne eine Miene zu verziehen, worüber ich denn von Herrn von Zehren mit ermuthigenden Worten belobt wurde. Schon war meine Baarschaft bis auf die Hälfte zusammengeschmolzen, als Hans von Trantow gähnend erklärte, er sei zu müde, um noch weiter spielen zu können; Herr von Granow sagte, es sei noch gar nicht spät, aber die herabgebrannten Lichter und die große Pendule an der Wand, die auf halb drei wies, waren entschieden anderer Meinung. Die beiden Herren zündeten sich frische Cigarren an und bestiegen den schon lange wartenden Wagen, nachdem eine Jagdpartie, an der ich auch theilnehmen sollte, auf morgen verabredet war.[80]

Wir kehrten in das von Weindunst und Tabackrauch angefüllte Zimmer zurück, wo der alte Christian, für den der Unterschied von Tag und Nacht nicht zu existiren schien, mit Aufräumen beschäftigt war. Herr von Zehren stieß das Fenster auf und blickte hinaus. Ich trat zu ihm; er legte mir die Hand auf die Schulter und sagte: »Wie schön die Sterne leuchten und wie balsamisch die Nachtluft ist! Und da – er wies mit der Hand in das Zimmer – wie häßlich, wie ekelhaft – und wie schlecht das riecht! Warum kann man nicht beim Sternenschein Faro spielen und dazu den Duft von Levkojen und Reseda rauchen? Und warum muß nach jeder lustigen Nacht die Reue in Gestalt eines alten Mannes kommen und kopfschüttelnd die geleerten Flaschen zählen und die Asche zusammenkehren? Das ist so dumm! aber man darf sich keine grauen Haare darüber wachsen lassen, die kommen von selbst. Und nun zu Bett, zu Bett! Ich sehe, Sie haben noch hunderterlei auf dem Herzen, aber morgen ist auch noch ein Tag und wenn nicht – desto besser. Gute Nacht! schlafen Sie wohl!«

Aber es dauerte lange, bis der Wunsch meines Wirthes an mir in Erfüllung ging. Ein wahrer Hexensabbath von schönen und häßlichen Spukgestalten tanzte vor meinen in fieberhaftem Halbschlaf geschlossenen Augen den wildesten Reigen: Konstanze, ihr Vater, seine Spielgesellen, die dunkle Gestalt in dem Park, und dazwischen mein Vater und Professor Lederer und Schmied Pinnow – und Alle wollten sie von mir gerettet sein aus einer oder der anderen Gefahr – Professor Lederer von zwei dicken Lexicis, die aber eigentlich zwei große Austern waren, welche die Schalen gegen den dürrem Gelehrten aufsperrten, während der Commerzienrath im Hintergrunde stand und sich todt lachen wollte; und das wirrte und raste durcheinander und liebkoste und drohte, und entzückte und ängstigte mich, bis endlich, als die Morgendämmerung schon ihr bleiches Licht auf die zerfetzten Tapeten meines Gemaches warf, ein bleischwerer Schlaf die Spukgestalten bannte.

Quelle:
Friedrich Spielhagen: Sämtliche Werke. Band 1, Leipzig 1874, S. 66-81.
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Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

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Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

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