Zwölfter Auftritt.

[333] Clärchen, Trübe.


CLÄRCHEN für sich. Itzt kommt mir der wieder über den Hals.

TRÜBE ganz nachdenkend. Ich hätte doch nimmermehr gedacht Clärchen, daß mein Schwiegersohn so ein böses Herz hätte!

CLÄRCHEN für sich. A! ha!

TRÜBE. Seinen leiblichen Bruder nach dem Tode so zu verfluchen und zu verwünschen! – Pfui! das ist häßlich!

CLÄRCHEN. Unerhört! Abscheulich! – – – Denken Sie nur was Ihre Tochter einmal von ihm zu erwarten hat! Seine ganze Glückseligkeit ist Geld, und Ihre Tochter ist arm!

TRÜBE. Sie wäre aber doch gut versorgt. Denn er hat, ohne seines Bruders Erbschaft, ein schönes Vermögen.

CLÄRCHEN. Was nützt das? Sind Sie sicher, daß sie je Besitzerinn davon werden wird? Sie sehen seinen Charakter. Wird er sie nicht zu tode quälen? Ein Geizhals ist eine immerwährende Folterbank für die Seinigen. Ich möchte ihm meine Hand nicht geben, wenn er noch einmal so reich wäre.

TRÜBE schüttelt den Kopf. Hm! hm! Es macht mir wirklich Gedanken! Geht ab.[333]

CLÄRCHEN allein. Vortreflich! der bekommt Grillen! Eine Hoffnung von einer andern Seite! Vielleicht gelingts uns hier, wenn die Flucht nicht gerathen sollte. Besser wär's freylich, wenn der alte Herr seine Einwilligung gäbe, als daß ich etwan aus Diensteifer den Orpheus heirathen müßte! Ha! ha! ha! Närrischer könnte man sich nichts träumen lassen.

Es ist mit Klugen nichts zu richten

Was fängt man erst mit Narren an?

Wer kann auf alle Fälle dichten

Worauf ein Narr verfallen kann.

Doch halt! Hat nicht ein jeder seinen Sparren?

Und find't nicht wohl die Frage Statt:

Ob man bey Klugen oder Narren,

Mehr Unheil zu erwarten hat?

Der Kluge ist zu schlau,

Herrscht und befiehlt der Frau;

Den Narren kann man trügen,

Auf seinen Conto lügen; – –

Traun! es ist nicht so sehr gefehlt,

Wenn man sich einen Gimpel wählt.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Die Liebe im Narrenhause. Liegnitz 1792, S. 255–350, S. 333-334.
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