Fünfzehnter Auftritt.

[66] Claudia rechts. Rosalie in der Mitte. Leonore links.


CLAUDIA.

Nun wollen wir doch sehen! –


Zornig zu Leonore.


Bist du noch immer da?[66]

LEONORE.

Ach, liebste Mutter, ja! liebste Mutter, ja!

CLAUDIA.

Du solltest schlafen gehen,

Hab' ich vorhin gesagt.

LEONORE.

Es wär' auch schon geschehen,

Doch hab' ich's nicht gewagt.

CLAUDIA tritt zwischen die beiden Mädchen.

Warum nicht? Sprich, weswegen?

ROSALIE.

Sie wollte just sich legen –

LEONORE schüchtern nachsprechend.

Ich wollte just mich legen –

ROSALIE.

Und ging auch deshalb hin –

LEONORE wie vorher.

Und ging auch deshalb hin –

CLAUDIA zu Rosalie, die sie voll Eifer von Leonore fort, nach rechts führt.

Du wirst dich gar nicht regen,

Frau Prokuratorin! –


Zu Leonore, die sie auf die linke Ecke führt.


Nun sprich! –

LEONORE zitternd.

Ich ging –

ROSALIE.

Sie ging –

CLAUDIA zu Rosalie.

Schweig still!

ROSALIE.

Nach ihrem Zimmer –

LEONORE wie vorher.

Nach meinem Zimmer –

CLAUDIA zu Rosalie.

Sprichst du noch immer?

ROSALIE UND LEONORE.

Sie / Ich ging, sie / ich ging nach ihrem / meinem Zimmer –

CLAUDIA.

Schweig still! schweig still! Sprichst du noch immer?

ROSALIE UND LEONORE

Da sah sie / ich jemand stehn –

CLAUDIA zu Rosalie.

Wird, was ich will, geschehn? –

ROSALIE UND LEONORE.

Da sah sie / ich, da sah sie / ich jemand stehn.

Da sah ich, da sah ich jemand stehn.

CLAUDIA zu Rosalie.

Schweig still! schweig still! Wird, was ich will, geschehn?

ROSALIE.

Sie wollte nun nicht weiter gehn –[67]

LEONORE.

Ich wollte nun nicht weiter gehn –

ROSALIE.

Und kam –

CLAUDIA.

Schweig still!

LEONORE.

Und kam –

ROSALIE.

Deshalb –

CLAUDIA.

Schweig still!

LEONORE.

Deshalb –

ROSALIE.

Zurücke –

CLAUDIA.

Schweig still!

LEONORE.

Zurücke.

ROSALIE UND LEONORE.

Und kam deshalb zurücke,

Weil sie / ich nicht wollte weiter gehn.

CLAUDIA.

Sonst ist's um dich geschehn! Schweig still! Schweig still!

Sonst ist's um dich geschehn!

Gotthold und Sichel werden beobachtend an der Thür links sichtbar.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Doktor und Apotheker. Dichtung von Stephanie dem Jüngeren, Leipzig [o. J.], S. 66-68.
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