Siebenter Auftritt.

[56] Gotthold, Sichel zu seiner Linken.


SICHEL tritt vor. Ha, ha, ha! Haben Sie wohl je einen größeren Narren gesehen? Gott gnade seinen Kranken!

GOTTHOLD ebenso. O Sichel, Er ist ein vortrefflicher Mann, sein Einfall war gut. Aber wie kommen wir nun ins Haus?

SICHEL. Das ist das wenigste. Er geht an Gotthold vorüber nach rechts hinten, an die Eingangsthür zur Apotheke, um zu versuchen, ob sie offen ist. Vielleicht – sie ist verschlossen! Er geht nach rechts vorn an das Ladenfenster der Apotheke. Wie sieht's denn da aus? Viktoria! Hier ist offen Feld. Er öffnet den Laden.[56] Es ist Ihnen doch hoffentlich einerlei, ob Sie durchs Fenster oder durch die Thür zu Ihrer Geliebten kommen? Er probiert und öffnet das Fenster.

GOTTHOLD. Treib' Er jetzt keine Possen. Nur hinein!

SICHEL. Sachte, sachte; ich muß Sie erst unterrichten. Es ist eng und winklig darin; wie bald könnten Sie was umstoßen, dann wäre unsere ganze Mühe verloren, und wir würden obendrein als Diebe angehalten. Lassen Sie mich voransteigen, ich weiß Bescheid, weil ich täglich hier bin, und halten Sie sich an mich, ich werde Sie schon führen.

GOTTHOLD. Nur zu, alles wie Er will. Aber – mir fällt noch ein wie werden wir die Mädchen sprechen können? Die Mutter wird ihnen auf dem Halse sitzen.

SICHEL. Ich hoffe, die Mutter schläft schon, mithin wird es nicht schwer halten, zur Nachttoilette der Mädchen zu kommen; und wäre das nicht – je nun – so müssen wir warten, bis sie schlafen geht. Das wird sich alles von selbst finden, ich werde schon rekognoszieren, damit wir nicht dem Feinde in die Hände laufen. Kommen Sie nur, kommen Sie. Er steigt durch das Ladenfenster ein.

GOTTHOLD. Allons! Courage! Er steigt Sichel nach, lehnt den Laden wieder an und schließt das Fenster.

Hauptmann Sturmwald mit einem Stelzfuß und einer Binde über dem Auge kommt etwas angetrunken von links vorn.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Doktor und Apotheker. Dichtung von Stephanie dem Jüngeren, Leipzig [o. J.], S. 56-57.
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