[22] De gustibus non est disputandum! d.h. gegen Steckenpferde soll man nichts sagen, und was mich anbetrifft, so thu' ich's auch selten, könnte es überdies anständiger Weise nicht einmal, selbst wenn ich ihnen von Herzensgrunde feind wäre. Denn da ich in gewissen Mondphasen und je nachdem mich die Fliege sticht, bald Maler, bald Geiger bin, so will ich Ihnen nur gestehen, daß ich mir selbst ein paar Pferdchen halte, auf welchen ich (mag's wissen wer will) abwechselnd spazieren reite und kleine Ausflüge mache; ja, zu meiner Schande bekenn' ich's, daß ich sogar manchmal größere Ritte unternehme, als ein weiser Mann eben würde billigen können. – Aber, ich bin ja kein weiser Mann und überdem ein Mensch von so geringer Bedeutung in der Welt, daß es höchst gleichgültig ist, was ich thue: so gräme und ärgere ich mich auch nicht darüber, und meine Ruhe stört's nicht, wenn ich solche Herrschaften und große[22] Personnagen wie z.B. Mylord A. B. C. D. E. F. G. H. I. K. L. M. N. O. P. Q. u.s.w. ihre verschiedenen Steckenpferde reiten sehe, einige mit langen Steigbügeln in ernstem, gemessenem Schritte, andere dagegen zusammengezogen bis ans Kinn, die Peitschen quer vor'm Maule, ihr Thier vorwärts treibend und hetzend wie buntbemalte reitende Teufel, die hinter einer armen Seele her sind, als ob sie sich durchaus vorgenommen hätten, das Genick zu brechen. Um so besser, sage ich dann zu mir; denn wenn das Schlimmste geschehen sollte, so wird die Welt sich Mühe geben, auch ohne sie ganz gut fertig zu werden; und übrigens – warum – Helf' ihnen Gott! mögen sie meinetwegen unbehindert dahin reiten, denn würden ihre Herrlichkeiten heute Nacht aus dem Sattel geworfen, was gilt's, zehn gegen eins – um halb ein Uhr des nächsten Morgens wären sie schon wieder darin und ritten dann vielleicht ein noch viel schlechteres Pferd.
Also, das stört meine Ruhe nicht. Aber einen Fall giebt es, der mich außer mich bringt, das ist, wenn ich Jemand sehe, der zu großen Thaten geboren wurde und dessen Natur – was ihm noch mehr zur Ehre gereicht – zu guten Thaten hinneigt; sehe ich einen solchen Mann, wie Sie, Mylord, dessen Grundsätze und Handlungsweise edel und großmüthig sind, und dessen die verdorbene Welt eben aus diesem Grunde keinen Augenblick entbehren kann, sehe ich einen solchen, Mylord, auf einem Steckenpferde und wenn auch nur einen Augenblick länger, als die Liebe, die ich für mein Land hege, ihm erlaubt, oder als mein Eifer für seinen Ruhm wünscht, – dann, Mylord, vergesse ich, daß ich Philosoph bin, und in der ersten Aufwallung eines ehrlichen Zornes wünsche ich sein Steckenpferd und das ganze Geschlecht der Steckenpferde zu allen Teufeln.
»Mylord!
Dies soll eine Dedikation vorstellen, obgleich dieselbe in drei wesentlichen Dingen, namentlich in Betreff ihres Inhaltes, ihrer Form und der ihr angewiesenen Stelle vom Herkömmlichen abweicht; ich bitte also, daß Sie dieselbe als solche ansehen und[23] mir erlauben wollen, sie mit unterthänigster Ehrerbietung zu Dero Herrlichkeit Füßen zu legen, vorausgesetzt, daß Sie auf den Füßen sind, was Sie indessen immer sein können, sobald es Ihnen gefällt und sobald sich, Mylord, die Veranlassung dazu darbietet und dann – wie ich hinzufügen möchte – gewiß immer zu würdigen Zwecken.
Ich habe die Ehre zu sein
Mylord
Dero Herrlichkeit gehorsamster
und ergebenster
und unterthänigster Diener
Tristram Shandy.«
Ausgewählte Ausgaben von
Tristram Shandy
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