Einhundertundsechstes Kapitel.

[278] In welcher Hast ich durch diese drei Bände galoppirt bin, ohne nur einmal hinter mich oder zur Seite zu sehen, ob ich nicht Jemandem ein Leid zugefügt habe! Ich will Niemandem ein Leid zufügen, sagte ich zu mir, als ich aufstieg; ich will meinen guten tüchtigen Galopp reiten, aber nicht Ein armes Eselsthier auf der Straße will ich umrennen. – So jagte ich fort – Weg auf, Weg ab, – durch dies Gehege, über jenes, als ob die wilde Jagd hinter mir wäre.

Nun reite Einer so, und hätte er den besten Willen und die besten Vorsätze von der Welt, irgend Jemandem wird er Schaden zufügen, wenn nicht sich selbst, darauf kann man eine Million gegen Eins wetten. – Es hat ihn abgeworfen – er ist herunter – aus dem Sattel – da liegt er – er wird den Hals brechen – nun sieh! plagt ihn der Teufel, da gerade unter die Tribüne der Kritiker von Fach zu galoppiren! – er wird sich den Kopf gegen einen ihrer Pfähle einrennen; – da ist er wieder – seht, seht, – jetzt reitet er wie ein Toller gerade hinein in den dichten Haufen der Maler, Musikanten, Poeten, Biographen, Aerzte, Juristen, Philosophen, Schauspieler, Schulmänner, Gottesgelehrten, Staatsmänner, Soldaten, Casuisten, Kunstenthusiasten, Prälaten, Päbste und Ingenieure. – Nur unbesorgt, sage ich. Nicht dem dümmsten Esel, der auf der Landstraße einhertrabt, werde ich zu nahe kommen. – Aber Ihr Pferd schleudert Koth; sehen Sie doch, wie Sie den Bischof beschmutzt haben. – Ich hoffe zu Gott, es war nur Ernulphus, sagte ich. Aber Sie haben den Herren Le Moyne, De Romigny und De Marcilly, diesen Doktoren der Sorbonne, gerade ins Gesicht gespritzt. – Das war voriges Jahr, erwiederte ich. – Aber Sie haben eben[278] einen König überritten. – Das wären schlechte Zeiten für Könige, sagte ich, wenn solche Leute wie ich auf ihnen herumreiten könnten.

Sie haben's aber gethan, entgegnete mein Ankläger.

Ich leugne es, sagte ich und machte mich los – und hier stehe ich mit dem Zaum in der einen und mit der Mütze in der andern Hand, um meine Geschichte zu erzählen. – Was für eine? – Das werden Sie im nächsten Kapitel hören.

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 1, Leipzig, Wien [o. J.], S. 278-279.
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