Einhundertundzwölftes Kapitel.

[295] Nun, da sehe Einer! zerschneidet er sie nicht zu Streifen und reicht sie als Fidibus herum! – Das ist doch abscheulich, erwiederte Didius. – Das kann man nicht so hingehen lassen, sagte Kysarcius: – NB. von den Kysarcii aus den Niederlanden.

Ich meine, sagte Didius, indem er sich halb vom Stuhl erhob und eine Flasche und eine große Wasserkaraffe, die zwischen ihm und Yorick standen, bei Seite schob, – ich meine, Mr. Yorick, Sie hätten Ihren Spott sparen sollen und würden besser gethan haben, ihn auf einen andern Gegenstand zu richten, oder wenigstens eine andere Gelegenheit zu wählen, um Ihre Mißachtung für das, was wir hier beginnen, auszudrücken. Ist die Predigt nichts Besseres werth, als die Pfeifen damit anzuzünden, so war sie sicherlich nicht gut genug, Sir, um vor einer so gelehrten Versammlung gehalten zu werden, und war sie gut genug, vor einer so gelehrten Versammlung gehalten zu werden, so war sie ohne Zweifel zu gut, um nachher die Pfeifen damit anzuzünden.

So bleibt er ohne Rettung an einem der beiden Hörner meines Dilemma's hängen, sagte Didius zu sich, – laß ihn sich losmachen, wenn er kann.

Ich habe bei der Abfassung dieser Predigt solche Qual ausgestanden, sagte Yorick, daß ich hiemit erkläre, ich will lieber tausendmal jedes Märtyrthum über mich nehmen und mein Pferd mit mir, wenn es sein muß, als daß ich mich hinsetzen und noch eine solche machen möchte; sie floß mir nicht aus der rechten Stelle, sie kam aus dem Kopf, statt aus dem Herzen, und für die Pein, die sie mir sowohl im Ausarbeiten wie im Halten verursacht, habe ich mich auf diese Weise an ihr gerächt. Predigen, um seine Gelehrsamkeit oder die Schärfe seines Verstandes zu zeigen, vor den Augen der Menge mit dem bettelhaften Stückwerk eiteln Wissens zu paradiren, das, aufgeputzt mit einigen prunkenden Worten, nicht Licht, nicht Wärme verbreitet, – das ist ein schändlicher Mißbrauch der kurzen halben Stunde, die uns wöchentlich anvertraut ist, – das heißt nicht das Evangelium,[296] das heißt sich selbst predigen. Fünf Worte, gerade ins Herz gezielt, zieh' ich vor, fuhr Yorick fort.

Bei den Worten: »gerade ins Herz gezielt« erhob sich mein Onkel Toby, um Einiges über Wurfgeschosse im Allgemeinen zu sagen, – als ein Wort, ein einziges Wort, das von der andern Seite des Tisches kam, jedes Ohr auf sich zog, – ein Wort, im ganzen Schatz der Sprache giebt es keines, das man hier weniger erwartet hätte, – ein Wort, das ich nur mit Beschämung niederschreibe, und doch muß es niedergeschrieben, muß es gelesen werden; ein gesetzwidriges, ein unkanonisches Wort – und wenn Ihr tausend Vermuthungen anstellt, sie mit sich selbst multiplicirt, Eure Einbildung martert und quält, so werdet Ihr es doch nicht errathen. Kurz – ich werde es Euch im nächsten Kapitel sagen.

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 1, Leipzig, Wien [o. J.], S. 295-297.
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