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[105] Als Dr. Slop in das Hinterzimmer trat, wo mein Vater und mein Onkel Toby über das Wesen der Frauen diskutirten, war es schwer zu sagen, was mehr ihr Erstaunen errege, sein Aussehen oder sein Erscheinen überhaupt; denn da der Unfall sich so nahe bei dem Hause ereignet hatte, so führte Obadiah, dem es unnütz erschien, den Doktor wieder auf das Pferd zu setzen, diesen unabgewischt, ungebürstet und ungesäubert, mit[105] allen Schmutz- und Kothflecken, so wie er war, in die Stube herein.
Bewegungslos und sprachlos, wie Hamlets Geist, stand er anderthalb Minuten lang in der ganzen Majestät des Straßenkothes auf der Thürschwelle (während Obadiah ihn immer noch bei der Hand hielt); sein Hintertheil war ganz beschmiert, und an jedem andern Theile seines Körpers war er durch Obadiahs Anhalten des Pferdes so bespritzt, daß man ohne reservatio mentalis hätte schwören können, jeder Tropfen Koth müsse getroffen haben.
Eine herrliche Gelegenheit für meinen Onkel Toby, seinerseits über meinen Vater zu triumphiren; denn kein Mensch, der Dr. Slop in dieser Brühe gesehen hätte, würde meines Onkels Meinung haben bestreiten mögen: daß seine Schwägerin einen solchen Dr. Slop wahrscheinlich nicht wolle so nahe kommen lassen. – Aber das wäre ein argumentum ad hominem gewesen, und da mein Onkel Toby darin nicht erfahren war, so wird man vielleicht meinen, er habe es deshalb nicht angewandt. – Nein, – der wahre Grund war, – es lag nicht in seiner Natur, Jemand zu beleidigen.
Dr. Slops Erscheinen zu dieser Zeit war nicht weniger räthselhaft als die Art und Weise, in welcher es geschah, obgleich mein Vater es sich, durch ein wenig Nachdenken, wohl hätte erklären können; denn er hatte, vor einer Woche etwa, Dr. Slop angezeigt, daß meine Mutter sich in allernächster Zeit erwarte, und da der Doktor seitdem nichts weiter gehört hatte, so war es natürlich und aufmerksam von ihm, daß er, wie geschehen, nach Shandy-Hall geritten kam, um zu sehen, wie die Sachen stünden.
Aber meines Vaters Geist schlug bei der Untersuchung eine falsche Richtung ein; gerade wie der Hyperkritikus blieb er bei dem Läuten der Glocke und dem Klopfen an die Thür hängen, – verglich den Unterschied der Zeit und faßte diesen Punkt so ausschließlich ins Auge, daß er nicht im Stande war, an etwas Anderes zu denken, – eine sehr allgemeine Schwäche großer Mathematiker, die mit solcher Gewalt und Gründlichkeit ihre[106] Sätze demonstriren, daß sie dabei ihre ganze Kraft erschöpfen und ihnen keine mehr nachbleibt, dieselben auch nützlich anzuwenden.
Das Läuten der Glocke und das Klopfen an die Thür hatte mit gleicher Gewalt auch das Sensorium meines Onkels Toby getroffen, aber es regte einen ganz andern Gedankengang an; die beiden unvereinbaren Lufterschütterungen wurden die Veranlassung, daß mein Onkel Toby an Stevenius, den großen Ingenieur, denken mußte. Was nun eigentlich Stevenius mit dieser Sache zu thun hatte, ist das größte Räthsel von allen. Es soll gelöst werden, aber nicht im nächsten Kapitel.
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Tristram Shandy
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