|
[152] »Ich wünschte, Dr. Slop«, sagte mein Onkel Toby, indem er diesen Wunsch zum zweiten Male aussprach, und zwar mit mehr Ernst und Nachdruck in der Art des Wünschens als das erste Mal1, »ich wünschte, Dr. Slop, Sie hätten gesehen, was für prächtige Armeen wir in Flandern hatten.«
Meines Onkel Toby's Wunsch leistete dem Dr. Slop einen schlechtern Dienst, als des Wünschenden gutes Herz irgend einer Menschenseele hätte erweisen mögen: er machte ihn perplex; seine Gedanken geriethen in Verwirrung, dann liefen sie ihm ganz davon, so daß er sie durchaus nicht wieder sammeln konnte.
In allen Verhandlungen, männlichen oder weiblichen, gelte es Ehre, Vortheil oder Liebe, ist nichts gefährlicher, Madame, als ein Wunsch, der so unerwarteter Weise auf Seitenwegen über Einen kommt. Die sicherste Art, der Gewalt eines solchen Wunsches zu begegnen, ist im Allgemeinen die, daß der Bewünschte sich sofort stramm auf die Beine stellt und dem Wünscher etwas zurückwünscht, ohngefähr von gleichem Werthe;[152] gleichen Sie die Rechnung auf diese Weise sogleich aus, so haben Sie nichts verloren, ja manchmal noch gewonnen, nämlich den Vortheil des Angriffs.
Davon werde ich übrigens in meinem Kapitel »über Wünsche« weitläufiger handeln.
Dr. Slop verstand diese Art der Vertheidigung nicht, er wurde verwirrt, und die Unterhaltung erlitt eine gänzliche Unterbrechung von vier und einer halben Minute; – fünf wären verhängnißvoll gewesen, – mein Vater bemerkte die Gefahr; der Gegenstand der Unterhaltung war einer der interessantesten, den es geben konnte: »Ob das Kind seines Gebetes und seiner Sorgen ohne oder mit Kopf geboren werden sollte«. Er wartete bis zum letzten Augenblicke, damit Dr. Slop, an dessen Adresse der Wunsch gerichtet worden war, ihn auch zurückgeben könne; aber als er bemerkte, daß jener, wie gesagt, perplex wurde und mit leerem Blicke, der gänzliche Seelenverwirrung ausdrückte, erst in meines Onkels Gesicht, dann ihm in das seine starrte, dann in die Höhe sah, dann auf den Boden, dann nach Osten, nach Nordosten u.s.w. an dem Rand der Täfelung entlang bis zum entgegengesetzten Punkte des Kompasses und nun wirklich anfing, die Messingnägel an seinem Lehnstuhle zu zählen, – da glaubte mein Vater keine Zeit weiter verlieren zu dürfen und nahm die Unterhaltung also auf, wie folgt:
1 Siehe Kapitel 48 am Schluß.
Ausgewählte Ausgaben von
Tristram Shandy
|