Einhundertundeinundsiebenzigstes Kapitel.

[250] – Nun, was machen denn die Narren? u.s.w. rief mein Vater.

– Ich glaube wirklich, sagte meine Mutter, sie machen Befestigungen.

– Doch nicht auf Mrs. Wadmans Grund und Boden? rief mein Vater und trat zurück.

– Wahrscheinlich nicht, sagte meine Mutter.

– Ich wollte, sagte mein Vater und erhob seine Stimme, der Teufel holte die ganze Befestigungskunst mit ihren Sappen und Minen und Blenden und Schanzkörben und Wällen und Cuvetten und all dem Plunder.

– Es ist närrisches Zeug, sagte meine Mutter.

Sie hatte wirklich eine aparte Art – meine purpurne Jacke und die gelben Pantoffeln gäbe ich darum, wenn etliche von Ew. Hochehrwürden sie darin zum Muster nehmen wollten; – was auch mein Vater vortrug, sie versagte ihre Bei- und Zustimmung nie, und das blos, weil sie es nicht verstand oder keinen Begriff von der Bedeutung des wesentlichen Wortes oder des Kunstausdruckes hatte, um den sich die Rede drehte. Sie begnügte sich damit, alles das zu thun, was ihre Taufpathen für sie versprochen hatten, – aber nicht mehr, und zwanzig Jahre hintereinander konnte sie ein Wort, das sie nicht verstand, gebrauchen, und – – wenn's ein Verbum war – es nach Zeit und Modus abwandeln, ohne sich die Mühe zu geben, danach zu fragen, was es bedeute.

Dies war eine nieversiegende Quelle des Aergers für meinen Vater, und dadurch wurde von vornherein mehr guten Unterhaltungen zwischen ihnen der Hals gebrochen, als es der hartnäckigste Widerspruch gethan haben würde. Die wenigen, welche unbeschädigt durchkamen, waren der Cuvetten wegen desto besser.

– »Es ist närrisches Zeug«, sagte meine Mutter.

– Besonders die Cuvetten, erwiederte mein Vater.

Die Gefahr war vorüber; – er kostete die Süßigkeit des Triumphes – und fuhr fort.[251]

– Genau gesprochen, sagte mein Vater und verbesserte sich selbst, ist es eigentlich nicht Mrs. Wadmans Grund und Boden, – sie hat ihn blos auf Lebenszeit.

– Das macht einen großen Unterschied, sagte meine Mutter.

– Für einen Narren, sagte mein Vater.

– Sie müßte denn ein Kind bekommen, sagte meine Mutter

– Aber erst muß sie meinen Bruder Toby überreden, ihr dazu zu verhelfen.

– Natürlich, sagte meine Mutter.

– Zwar, wenn erst überredet werden muß, sagte mein Vater, dann sei Gott gnädig!

– Amen, sagte meine Mutter piano.

– Amen, rief mein Vater fortissime.

– Amen, sagte meine Mutter noch einmal, aber mit einem so seufzenden Tonfall persönlichen Mitgefühls, daß es meinem Vater durch alle Nerven ging. Er nahm sogleich seinen Kalender heraus, – aber noch ehe er ihn aufschlagen konnte, gab ihm Yoricks Gemeinde, die aus der Kirche kam, genügende Auskunft über die eine Hälfte dessen, was er hatte nachsehen wollen, – und da ihm meine Mutter jetzt sagte, daß es ein Abendmahlstag sei, so blieb er auch über die andere Hälfte nicht im Zweifel. Er steckte also seinen Kalender wieder ein.

Der Lord Schatzkanzler, wenn er sich über Wege und Mittel den Kopf zerbricht, kann keine zerstörtere Miene haben, als die war, mit der mein Vater nach Hause kam.

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 2, Leipzig, Wien [o. J.], S. 250-252.
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