Elftes Kapitel.

[30] Ich will ein Türke sein, wenn ich nicht meine Mutter so ganz vergessen hatte, als ob die Natur mich ohne Mutter selbst geknetet und nackend an das Ufer des Nils hingesetzt hätte. –[30] Gehorsamster Diener, Madame, – ich habe Ihnen Mühe genug gemacht, – wünsche nur, daß es nicht vergebens gewesen ist; – aber Sie haben mir da eine Spalte im Rücken gelassen – und hier ist auch schon früher ein großes Stück abgefallen, – und was soll ich mit dem Fuß anfangen? Damit werde ich nun und nimmer nach England kommen.

Was mich anbetrifft, so wundere ich mich nie über etwas, und mein Urtheil hat mich mein Lebtag so oft betrogen, daß ich ihm nie traue, mag es nun richtig oder falsch sein: wenigstens vermeide ich Uebereilung, wo ruhige Ueberlegung noth thut. – Die Wahrheit verehre ich trotz Einem, und wenn sie abhanden gekommen ist und Jemand mich ruhig bei der Hand nehmen will, um nach ihr zu forschen, als nach einem Dinge, das wir beide verloren haben und das keiner von uns gut entbehren kann, so gehe ich mit ihm bis ans Ende der Welt. Aber allen Streit hasse ich, und darum will ich lieber (außer in religiösen und gesellschaftlichen Fragen) Alles zugeben, was mir nicht gar zu anstößig ist, ehe ich mich darauf einlasse. – Aber ersticken mag ich mich nicht lassen, – und Gestank ist mir im höchsten Grade zuwider. – Deshalb habe ich mir von Anfang an vorgenommen, meine Hand nicht dabei im Spiel haben zu wollen, weder so, noch so, wenn die Schaar der Märtyrer vermehrt, oder eine neue gebildet werden soll.

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 2, Leipzig, Wien [o. J.], S. 30-31.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Tristram Shandy
Leben und Meinungen von Tristram Shandy, Gentleman
Leben und Meinungen von Tristram Shandy, Gentleman: (Reihe Reclam)
Tristram Shandy
Leben und Meinungen von Tristram Shandy Gentleman (insel taschenbuch)
Leben und Meinungen von Tristram Shandy Gentleman (insel taschenbuch)