Neunzehntes Kapitel.

[40] Es ist schade, sagte mein Onkel Toby, indem er sich mit einer Hand auf des Korporals Schulter stützte und mit ihm die Festungswerke musterte, – es ist schade, daß wir nicht ein paar Feldgeschütze haben, um die Kehle der neuen Redoute damit zu montiren; dann würde die ganze Linie hier gedeckt und der Angriff von dieser Seite vollständig sein – Mache mir ein Paar, Trim.

Ew. Gnaden sollen Sie haben, erwiederte Trim, noch heute.

Das war Trims größte Freude, und nie war sein erfindungsreicher Kopf in Verlegenheit, wenn es galt, für meinen Onkel Toby das herbeizuschaffen, was diesem für seine Campagnen nöthig schien: auf den leisesten Wunsch seines Herrn würde er sich hingesetzt und seine letzte Krone zur Drehbasse verhämmert haben. Was hatte er nicht schon alles angestellt:[40] meines Onkels Dachrinnenenden hatte er abgeschnitten, – die Seiten seiner bleiernen Traufen hatte er bemeißelt, – seine zinnerne Rasirbüchse eingeschmelzt; der Kirche war er wie Ludwig XIV. aufs Dach gestiegen u.s.w., und so war es ihm gelungen, für diese Campagne nicht weniger als acht neue Kanonen schweren Kalibers und drei Feldschlangen ins Feld zu stellen. Meines Onkel Toby's weitere Forderung, auch noch die Redoute mit zwei Geschützen zu bewaffnen, hatte den Korporal von Neuem in Thätigkeit gesetzt, und da sich ihm kein besserer Ausweg bot, so hatte er die beiden Bleigewichte von dem Fenster des Kinderzimmers genommen, nebst den dazu gehörigen, nun unnütz gewordenen Rollen, aus denen er ein paar Laffetenräder anzufertigen beschloß.

So hatte er es schon früher mit jedem Schiebfenster in meines Onkels Hause gemacht, nur nicht immer in derselben Reihenfolge, denn einmal waren Rollen nöthig gewesen, aber kein Blei, dann hatte er mit den Rollen angefangen, und wenn dann die Bleigewichte, weil die Rollen fehlten, unnütz geworden waren, – so hatte er nachträglich auch das Blei genommen.

Daraus ließe sich eine prächtige Lehre ziehen, wenn ich nur Zeit dazu hätte, ich will also nur so viel sagen: wo auch die Zerstörung begann, für das Fenster hatte es immer dieselben übeln Folgen.

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 2, Leipzig, Wien [o. J.], S. 40-41.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Tristram Shandy
Leben und Meinungen von Tristram Shandy, Gentleman
Leben und Meinungen von Tristram Shandy, Gentleman: (Reihe Reclam)
Tristram Shandy
Leben und Meinungen von Tristram Shandy Gentleman (insel taschenbuch)
Leben und Meinungen von Tristram Shandy Gentleman (insel taschenbuch)