[578] Mit Waldschäften.
Witiko ritt mit Raimund über die große Ebene, welche in Mitternacht der Stadt Wien an dem linken Ufer der Donau liegt. Er ritt einen Tag lang dem Wasser der Donau entgegen. Am Morgen des zweiten Tages ritt er über eine Anhöhe hinan, auf welcher dann das Waldland begann. Er ritt durch Gebiete der Herren von Chunring, durch die Stadt Horn, und übernachtete in einer Herberge[578] des Waldes. Am dritten Tage ritt er über Hügel, durch Täler, an Büschen, Hütten und Gehöften vorüber, und kam darauf in den dichteren Wald, in dem größere und mächtigere Bäume standen. Am vierten Tage gelangte er in die krumme Au. Am fünften Tage ritt er an dem Turme Rownos vorüber, dann zwischen den Häusern von Horec hindurch, und kam am Mittage in dem oberen Plane an.
Er ritt in den Hof des steinernen Hauses, und brachte dann mit der Hilfe Martins und Raimunds die Pferde in eine Ruhestelle, und begann die Pflege derselben. Hierauf ging er in die Stube, legte seine Lederhaube von sich, und setzte sich mit Martin an den großen Tisch.
Lucia bereitete Speisen, und als sie fertig waren, verzehrten Witiko und Raimund dieselben.
Nach dem Essen ging Witiko zu dem alten Pfarrer. Die Leute, welche ihm auf dem Wege begegneten, grüßten ihn, und auch aus Häusern kamen manche zum Gruße. Witiko sprach mit einem jeden.
Bei dem alten Pfarrer blieb er eine Stunde.
Dann ging er zu David, dem Zimmerer, und sagte zu ihm: »David, hast du trockenes Baumholz?«
»Sie sind in der Laube geschichtet, die wir vor drei Jahren nach dem Tage des heiligen Andreas geschlagen, und im Sommer behauen haben«, antwortete David, der Zimmerer.
»Hast du Gehilfen, schnell einen Holzbau aufzurichten?« frage Witiko wieder.
»Ich habe Gehilfen, und kann überall Gehilfen bekommen«, antwortete David.
»Bei uns liegen auch behauene und trockene Kernstämme«, sagte Witiko. »Ich werde die Laube in einen warmen Holzstall umwandeln lassen, und an einer andern Stelle eine neue Laube bauen. Ehe die Fröste des späten Herbstes kommen, muß die Sache fertig sein.«[579]
»Sie wird fertig sein«, sagte David, der Zimmerer.
»So nimm Männer zu deiner Arbeit«, sprach Witiko, »und komme morgen in der ersten Frühe zu mir, daß wir die Maße des Platzes nehmen, und daß wir über das Werk sprechen.«
»Ich werde vor dem Aufgange der Sonne bei dir sein«, sagte David.
»Dann zimmere mir aber auch zugleich vier Truhen, welche geeignet sind, daß man Habschaften in ihnen aufbewahren kann«, sagte Witiko.
»Ich werde in der Frist das Zimmern der Truhen beginnen, in der du mein Haus verlassen hast«, antwortete David.
»So tue es«, sagte Witiko. »Ich werde in diesem Winter bei euch bleiben.«
»Das wird schön sein«, antwortete David.
Nach diesen Worten verließ Witiko das Haus Davids, und ging noch zu Peter Laurenz, dem Schmied, und zu Christ Severin und zu Veit Gregor und zu Tom Johannes, dem Fiedler, und zu Stephan und zu der Mutter Norberts.
Dann ging er wieder in sein Haus.
Dort sprach er mit Martin über die Dinge, welche in der Zeit seiner Abwesenheit in dem Hause geschehen waren, und ließ sich manches zeigen.
Am Abende saß er mit mehreren Männern, die gekommen waren, auf der Gasse des Hauses, und als es Nacht geworden war, legte er sich in der Kammer auf sein Lager.
Nach dem Anbruche des nächsten Tages zog er sein graues grobes Wollgewand und seine langen Stiefel an, und setzte seine dunkle Filzhaube auf das Haupt. Dann kam David, der Zimmerer. Er zeigte ihm die behauenen Stämme, die im Hause waren, sie maßen die Länge und Breite der Laube, und bestimmten, was geschehen müsse, daß daraus ein Stall werde.[580]
Dann ging David, der Zimmerer, wieder fort.
Witiko bestellte nun drei Männer mit Saumrossen, und trug ihnen auf, daß sie am Mittage in Bereitschaft wären, in die krumme Au zu ziehen, dort seine Habe, welche Säumer aus Wien bringen würden, auf die Rosse zu laden, und sie nach Plan zu fördern. Raimund wurde beauftragt, mit den Männern zu reiten, und die Habe von den Säumern aus Wien zu übernehmen.
Als dies geschehen war, ging Witiko auf den Kreuzberg, tat vor dem Kreuze ein kurzes Gebet, und blickte dann auf den Wald, in welchem der dunkle See lag, und hinter welchem das Haus Heinrichs von Jugelbach stand. Dann blickte er auf den Wald des heiligen Thomas.
Nach dem Mittagessen kamen vier Männer mit einem Gehilfen Davids, des Zimmerers, und begannen die Arbeit an der Laube.
Am Nachmittage ritt Witiko auf seinem grauen Pferde eine Wegstunde in der Richtung gegen den Thomaswald und wieder zurück.
Am Abende kamen Stephan, der Wagenbauer, Peter Laurenz, der Schmied, Tom Johannes, der Fiedler, Christ Severin, der Wollweber, Zacharias, der Schenke, Roman, den sie den grünen Weber hießen, Tobias, Maz Albrecht, Urban und Mathias zu Witiko. David, der Zimmerer, sandte sein Weib, und ließ sagen, daß er Witiko nicht besuchen könne, weil er an den Truhen mit seinen Knechten arbeite, so lange ein Tagesschein ist. Witiko ließ durch Martin und Lucia Holzschragen aus dem Hause auf die Gasse tragen, die Männer legten lange Bretter darüber, so daß Bänke wurden, und sie setzten sich im Vierecke auf die Bänke. Sie sagten, weil Witiko einen Stall baue, und weil der Stall vor dem Herbste fertig sein müsse, und weil es der Brauch sei, daß die Einwohner von Plan einer dem andern helfen, wenn er etwas baut, oder unternimmt, so wollen sie ihm auch beistehen[581] und mit Werkzeugen kommen. Witiko nahm mit Dankbezeugung das Anerbieten an.
»Ich werde morgen in der Frühe heraus gehen«, sagte Tobias.
»Ich auch«, sagte Mathias.
»Ich werde auch kommen«, sagte Maz Albrecht.
»Ich kann nicht selber kommen«, sagte Zacharias, der Schenke; »aber mein Altknecht ist in Bereitschaft, und wird an manchem Tage da sein.«
»Ich komme selber«, sagte Roman, »und wir werden abwechseln.«
Jetzt nahm Peter Laurenz, der Schmied, das Wort, und sprach: »Witiko, wir haben alles ausgewirkt, was dem Herzoge von Nutzen war, und das Eisenwerk zu dem Stalle wird keinen Tadel leiden, und ich werde nichts verzögern, und eher das andere liegen lassen, und Urban ist kein Kind, das um Taglohn arbeitet, er hat dessen nicht Not, er hat seine Geschäfte, und wird etwas Erkleckliches in der Welt werden, ich erziehe ihn dazu; aber er wird kommen, und wird bei dir arbeiten, weil er mit dir in Nürnberg gewesen ist, ich habe ihn unterrichtet, daß er es besser machen kann als die andern. So sage ich.«
»Und ich werde erfreut sein, wenn Urban an meinem Holzbaue mitwirkt, und werde ihm auch wieder helfen, wenn er einmal einer Hilfe bedarf«, sagte Witiko.
»Du kannst ihm raten, wenn er nach großen Dingen geht, weil du doch älter bist als er«, antwortete der Schmied.
»Ich werde morgen kommen«, sagte Urban, »und man wird mir schon zeigen, wie ich die Sache angreifen muß, daß ich nicht ungeschickt verfahre.«
»Mache alles so, wie ich dir gesagt habe«, sagte der Schmied.
»Nun, wir wollen den Bau einrichten, wie wir ja schon andere Baue in die Höhe gebracht haben«, sagte Roman.[582]
»Ja, das haben wir«, antwortete der Schmied, »und ich habe sie geleitet.«
»Männer«, sprach Witiko, »helft, wie ihr euch erbietet. Und wenn ich einmal ein größeres Ding unternehme, so helft mir wieder. Und wenn dann einer von euch etwas zu erbauen gesonnen ist, werde ich mich ebenfalls erbieten, werde die Leute, die ich habe, senden, oder werde, wie es sich fügt, wohl auch selber die Hände an das Werk legen.«
»So lege sie an, und es wird dich zieren, wie es eine Zier ist, wenn du mit dem Herzoge reitest«, sagte der Schmied. »Aber das Haus da ist ja nur ein kleines Kämmerlein, du brauchst ein großes mit Klammern und Sparren. Baue es um, wir werden es schon recht machen.«
»Was in einer Zeit sein muß, wird sein«, sagte Witiko, »dieses Haus von Stein hat einmal einer meiner Vorfahrer, den niemand mehr kennt, erbaut, und so mag es noch eine Weile stehen.«
»Es kennt niemand die, welche Plan gebaut haben«, sagte der Schmied, »aber der Pfarrer weiß alles, und er kann die Namen aus der alten Zeit sagen.«
»Das ist ja nicht auf einmal gebaut worden«, sagte Zacharias, der Schenke, »sondern es hat sich einer nach dem andern angesiedelt.«
»Das kann man nicht wissen, wie es nach der Erschaffung der Welt geworden ist, daß Dörfer und Kirchen entstanden sind«, sagte Christ Severin, der Wollweber.
»Die heiligen Väter haben Kirchen und Dörfer gebaut,« sagte Tom Johannes, der Fiedler, »Loth und Abraham, und die andern, und als sie den babylonischen Turm bauen wollten, haben sie auch an Städte gedacht. Ich kann mit Hauen und Äxten nicht mehr umgehen, Witiko; aber ich werde dir meinen Buben senden, daß er hilft, und ich werde den Leuten Anweisungen geben.«
»Die Anweisungen geben wir selber«, sagte der Schmied.[583]
»Diese gibt Witiko und der Zimmerer«, sagte Roman.
»Aber es muß einer sein, der sorgt, daß sie erfüllt werden«, sagte Tom Johannes, der Fiedler.
»Lernt Urban bei dir schon geigen?« fragte Zacharias, der Schenke.
»Er lernt es, daß du es nicht begreifst«, antwortete Tom Johannes.
»Wer handhabt denn die Geige des Herzogs« fragte Witiko.
»Die handhabt niemand«, entgegnete Tom Johannes, »sie hängt in meiner schönen Stube, und ich hülle ein Tuch darüber, und ich streiche zu mancher Zeit mit der linken Hand sachte auf die Saiten, daß sie singen, und ich kneipe sie schwach, und den Urban und meinen Buben unterrichte ich, daß die guten Geiger in Plan nicht aufhören.«
»So bemühe dich nur,« sagte Witiko.
»Ich bemühe mich, und ich kann es auch«, antwortete Tom Johannes, der Fiedler.
Und so sprachen die Männer fort, sie sprachen vorzüglich von dem Kriege, in dem sie gewesen waren, und was jeder darin erfahren hatte, und sie gingen erst in ihre Wohnungen, als die Sterne schon an dem Himmel standen.
Am andern Morgen kamen die, welche bei dem Baue des Stalles zu arbeiten versprochen hatten, und es kamen auch noch andere mit ihren Werkzeugen.
David, der Zimmerer, ordnete sie, daß sie sich nicht hinderten, und es begann die emsige Arbeit.
Gegen den Abend traf Raimund mit den Säumern von der krummen Au ein, und sie brachten die Habschaften Witikos. Dieselben wurden abgeladen, und in dem Hause aufbewahrt, wie man es konnte.
Vor dem Anbruche der Nacht saßen wieder Männer mit Witiko vor seinem Hause. Es waren an diesem Tage mehr gekommen als an dem vorigen.[584]
Und in der Zeit, die folgte, wurde fleißig gearbeitet, und an den Abenden saßen Männer vor dem Hause Witikos.
Von denen, welche arbeiten halfen, blieben an manchen Tagen einige weg, weil sie in ihrem Hause Verrichtungen hatten, dafür kamen andere. Und so wechselten sie nun fort und fort.
Die Abendversammlungen aber wurden stets zahlreicher.
Am sechzehnten Tage nach der Ankunft Witikos waren die vier Truhen fertig geworden. Er ließ sie neben einander in die große Stube stellen, und legte von seiner Habe dasjenige, was die Säumer gebracht hatten, und was sonst noch in dem Hause war, hinein.
So lange die Arbeit an dem Holzstalle dauerte, war er dabei beschäftigt, und leitete sie. Zu einem jeden der Männer, die an den Abenden zu ihm kamen, konnte er nicht sogleich wieder gehen, um die Ehre des Heimsuches zurückzugeben, weil ihrer zu viele waren; aber er ging nach und nach zu allen, sprach mit ihnen, und aß an ihrem Tische Brod und Salz. An jedem Tage tat er auf seinem grauen Pferde einen Ritt, und oft ging er auf den Kreuzberg, und sah auf die dunkeln Bänder der Wälder. Wenn die Mädchen auf einer Gasse oder auf dem Anger einen Gesang hielten, oder wenn zwischen ihnen und den jungen Männern ein Wechselgesang stattfand, war er unter den alten Männern und Frauen, welche zuhörten. Er war auch dabei, wenn ein Tanz oder eine Belustigung angestellt wurde. An Sonntagen und Festtagen saß er in der Kirche auf der Stelle, welche zu dem steinernen Hause gestiftet worden war. Auf dem großen Anger außerhalb der Häuser, auf welchem Gänse, Schafe, Hunde und andere Tiere herum gingen, Linnen zur Bleiche lag, und Kinder spielten, stieg er zuweilen von seinem Pferde, zeigte den Knaben die Ausrüstung des Pferdes, und erzählte ihnen Märchen. Oder er gesellte sich zu manchem alten Manne, der nicht mehr arbeiten konnte, und die[585] Spiele der Knaben leitete, und die Streite ausglich. Er sah, ob die Spiele noch so seien wie in seiner Knabenzeit. Sonst war er auch bei den Beschäftigungen seines Hauses tätig.
Im Herbste wurde der hölzerne Stall fertig. Die Männer pflanzten ein Tannenbäumlein mit Zierden auf den Giebel, und erhoben ein Jauchzen. Witiko hielt auf der Gasse ein Mahl, zu dem die Mithelfer und alle kommen durften, die da wollten. Der alte Pfarrer tat einen frommen Spruch, und die andern wünschten dem Hause Gedeihen.
Am nächsten Morgen wurden Raimund und Benedikt, der Sohn des Schenken Zacharias, der Witiko einmal zu Rowno geleitet hatte, nach Přic geschickt, daß sie die zwei braunen Pferde, welche Witiko von dem Herzoge Wladislaw zum Geschenke bekommen hatte, an Zäumen mit ihrer Ausrüstung nach Plan führten.
Sie kamen nach vier Tagen mit den Pferden zurück.
Witiko entkleidete mit Raimund die Tiere ihres Schmuckes, und ließ sie mit weichen Hüllen versorgt in den neuen Stall führen. Den Schmuck aber verwahrte er sorgsam in dem Hause. Dann wurden auch das graue Pferd Witikos und das Pferd Raimunds in die Stände des neuen Stalles, die für sie bestimmt waren, gestellt.
Nun ging Witiko zu Peter Laurenz, dem Schmiede, und sagte: »Ich will deinem Neffen Urban Unterricht in der Kunst des Reitens geben, wenn du einwilligest, und wenn es seinen Eltern genehm ist.«
»Es muß so sein und ist notwendig«, antwortete der Schmied, »seinen Eltern ist es recht; denn ich muß auf den Knaben schauen, daß er lerne sich selber zu verteidigen, wenn ich einmal nicht mehr auf der Welt bin, und ihm einer das Leben nehmen will. Er soll mit meinem Danke besser bei dir reiten lernen. Und ich werde nach Netolic gehen, und werde ihm ein Pferd kaufen, wie es die Ritter brauchen.«[586]
»So tue es«, sagte Witiko.
»Ja, ich werde es tun«, antwortete der Schmied.
Hierauf ging Witiko zu Elias, dem Steinhauer, und zu Anna, seinem Eheweibe, welche die Eltern Urbans waren, und sagte ihnen und dem Jünglinge Urban, was er mit dem Schmiede gesprochen habe.
Elias und Anna willigten ein, und Urban war sehr erfreut.
Da dieses geschehen war, ging Witiko zu Paul Joachim, dem Maurer, und sagte, er wolle seinen Sohn Augustin, den Pfeifer, welchen er im Frühlinge von der Stadt Prag mit sich in die Stadt Nürnberg genommen habe, im Reiten unterrichten. Er brauche kein Pferd, er könne das Pferd Raimunds nehmen.
Paul Joachim sagte Dank, und rief seinen Sohn Augustin herbei.
Augustin war wie Urban erfreut.
Und an dem folgenden Tage begann der erste Unterricht in dem Hofe des steinernen Hauses. An dem Pferde Raimunds wurden die ersten Stellungen und Handgriffe gezeigt. An jedem Tage war nach der Morgenpflege der Pferde der Unterricht durch zwei Stunden. Der Schmied war schon an dem ersten Tage zugegen, und schaute zu. Dann kamen auch andere Leute, besonders junge Männer, um zu sehen, was da geschehe. Witiko ließ sie gewähren. Der Steinhauer Elias und sein Weib Anna kamen, und es kam Joachim, der Maurer, mit seinem Weibe. Tom Johannes, der Fiedler, stand jedes Mal an der Mauer des Stalles. Selbst Mädchen liefen zuweilen gegen das Tor, und sahen von ferne hinzu. Jeder, in dessen Hause ein Pferd und ein junger Mann war, gestattete, daß der junge Mann sich auf das Pferd setzte, und darauf nachahmte, was er in dem Hofe des steinernen Hauses gesehen hatte, oder was ihm Augustin und Urban zeigten. Selbst mancher ältere Mann stieg auf ein Roß,[587] und Witiko zeigte ihnen, wie sie die Zurüstungen zu machen hätten.
Der Schmied ging nun nach Netolic, und kam nach fünf Tagen mit zwei Pferden zurück, einem für Urban, dem andern für sich. Wenn die Pferde auch nicht waren, wie sie Ritter brauchen, so war das Pferd für Urban hinlänglich, und das Pferd des Schmiedes war ein sehr starker Rappe mit großen Hufen und einer struppigen Mähne. Nun mußte Raimund auch an dem Unterrichte Anteil nehmen.
Als eine kurze Zeit vergangen war, ritt Witiko mit seinen drei Schülern auf den Bachanger hinaus, und ließ sie dort ihre Bewegungen machen. Da kamen nun noch mehr Menschen herzu. Oft verließen sie die Arbeit, und standen an dem Reitplatze.
Der Schmied ging hierauf mit Joachim, dem Maurer, noch einmal nach Netolic, und sie brachten zwei Pferde. Eines hatte Joachim für Augustin gekauft, und das andere hatte der Schmied zu dem Ende gebracht, daß er es ausleihe, oder wieder verkaufe.
Es ritten täglich die vier Reiter auf den Anger, Witiko, Augustin, Urban und Raimund.
Der Schmied ließ aber auch auf der Gasse vor seiner Werkstätte Sand streuen, und es versammelten sich ältere und jüngere Männer, welche Pferde zu besteigen hatten, und machten dort ihre Reitübungen. Der Schmied saß auf seinem starken Rappen. Die Lehrmeister waren Urban und Augustin. Die Reiter liehen aber ihre Pferde auch wieder an andere, und wurden ihre Lehrer. Witiko kam oft herzu, und unterwies die Männer. Zwei von ihnen durften täglich, abwechslungsweise in den Hof des steinernen Hauses zum Unterrichte kommen, weil der Raum nicht mehrere faßte, und auf den Anger durften vier mit hinaus reiten, die er dann wie seine Schüler unterrichtete.[588]
Nach einigen Wochen ritt Witiko schon mit den jungen Männern auf allerlei Wege, besonders auf den gegen den Thomaswald, und zeigte ihnen wie man auf einer Flur schnell Hindernisse des Reitens besiegen könne.
Peter Laurenz, der Schmied, David, der Zimmerer, und Sebastian, der Schuster, verfertigten im Vereine Sättel und Zaumzeug, und lernten diese Dinge immer besser machen.
Witiko zeigte den Leuten auch die Pflege und den Unterricht der Pferde, und den Gebrauch der Waffen auf ihnen.
Wenn am Abende die Männer bei dem Scheine der Leuchte in Witikos Stube saßen, so wurde jetzt häufig vom Reiten gesprochen, und man sagte Urteile und brachte Neckereien vor.
Witiko übte seine eigenen Pferde an jedem Tage auch noch besonders, namentlich die, welche er von dem Herzoge erhalten hatte.
Als Urban und Augustin schon so reiten konnten, daß sie einem guten Pferde nicht mehr schädlich wurden, ließ er sie zuweilen auch auf seine Pferde steigen, daß sie gemach mit edlen Pferden umgehen lernten.
Es zeigte sich nun der Schnee, er hinderte aber die Reitübungen nicht; ja es kamen Nachrichten, daß auch auf anderen Stellen des Waldes sich die Männer im Reiten übten.
Als der völlige Winter gekommen war, und die Arbeiten außerhalb der Häuser bis auf das Fällen der Bäume im Walde aufgehört hatten, ging Witiko zu David, dem Zimmerer, und fragte ihn, welches Holz er im Vorrate habe, das zu rechter Zeit geschlagen worden sei.
»Es ist Buchenholz da«, entgegnete David, der Zimmerer, »es ist Holz von dem Ahorn, der Esche, der Birke, der Eibe, der Tanne und der Fichte vorhanden. Wir haben es im Winter vor zwei und drei Jahren geschlagen, es ist trocken und fest.«[589]
»So richte die Stücke zurecht, aus denen Schäfte für Lanzen gemacht werden können«, sagte Witiko.
»Ich werde es tun«, antwortete David, der Zimmerer.
Und als das Holz geordnet war, und als es Witiko besehen hatte, schlug er vor, daß aus Balken der Buche, Esche und des Ahorns Lanzenschäfte gemacht werden. Männer, die sich selber Schäfte verfertigen wollen, mögen es tun, anderen, die entweder nicht Zeit oder Geschick oder Geld haben, werde er sie verfertigen lassen, und sie ihnen, wenn sie dieselben begehren, schenken.
David, der Zimmerer, nahm nun Leute, und es wurden Lanzenschäfte geschnitten und geglättet. In verschiedenen Häusern ging man daran, sich selber solche Schäfte zu machen.
Als der tiefe Schnee in dem Walde und auf dem ganzen Lande lag, rüstete sich Witiko, fort zu reiten. Er sagte, die Männer und Jünglinge möchten in seiner Abwesenheit ihre Pferde fleißig üben, und wenn er zurückkomme, werde er mit ihnen fortfahren, wie er begonnen habe. Dann ritt er mit Raimund nach Prag.
Als drei Wochen vergangen waren, kam er wieder zurück. Er untersuchte die Schäfte, die fertig geworden waren, und gab Anleitungen, wie einiges besser werden könne.
Alle Tage ritt er nun aufs neue mit den Männern und Jünglingen in das Freie, wo ein Pfad oder eine Bahn oder eine taugliche Fläche war. Und als Mathias die Jungfrau Barbara, die Tochter des Schenken Zacharias, heiratete, und Urban und der Sohn des Fiedlers Tom Johannes mit ihren Geigen den Zug geleiteten, war Witiko unter den Gästen.
Da später die Tage länger wurden, ritt er an einem Morgen mit Raimund zum zweiten Male fort. Er ritt in die Herberge an der unteren Moldau. Dort stellte er die Pferde ein, und mietete sich eine Stube und für Raimund eine Schlafstelle.[590]
Wenn Männer in der Herberge einsprachen, redete er mit ihnen von dem Kriege, der gewesen ist, und der im Frühlinge wieder gegen die Feinde in Mähren beginnen werde.
Und so redete er noch öfter bei Gelagen.
Die Leute breiteten seine Worte aus.
Und als an dem zweiten Tage des Monates Hornung eine große Zahl von Gästen, Männern, Frauen, Jünglingen, Jungfrauen teils, um sich an dem Festtage zu vergnügen, teils aus Neugierde, was Witiko sprechen werde, in die Herberge gekommen waren, mischte er sich unter sie, er saß mit mehreren an einem Tische, brachte und empfing den Grußtrunk, und redete mit den Leuten.
Als sie sehr fröhlich waren, sagte er: »Leute, ich möchte gerne von einem Dinge mit euch reden, das uns alle angeht, wollet ihr mir zum Gehöre sein, so würde es mich freuen.«
»So rede«, rief ein Mann in einem groben grauen Rocke und mit einem langen weißen Barte.
»Rede, Witiko«, rief ein anderer, »wir hören dich gerne.«
»Rede, rede«, riefen mehrere.
»Witiko«, sagte einer, »du meinst es gut mit uns, das haben wir in dem Kriege erfahren, und du hast das Geld den Leuten gebracht, die ihre Kinder verloren haben, und den Geschädigten sind Geschenke gegeben worden.«
»So schweigt«, rief jetzt ein Mann mit groben Fäusten und großen Schultern, »wenn ihr redet, kann kein anderer reden.«
Als es nun stille geworden war, und die Angesichter gegen Witiko blickten, stand er auf, nahm seine Lederhaube von dem Haupte, legte sie auf den Tisch, und sah auf die, welche um ihn waren, und auf die, welche sich entfernter gesammelt hatten. Dann sprach er: »Männer und Jünglinge, höret mich an, und auch ihr, Frauen und Jungfrauen, möget es hören, was ich sage, ihr werdet[591] mich nicht strenge tadeln; denn ich rede von einer Sache, die Vorsicht verlangt, daß nicht ein Schaden und ein Unheil zu uns kommt. Der allmächtige Gott in dem Himmel möge uns vor Schaden bewahren.«
»Der allmächtige Gott in dem Himmel und seine Heiligen bewahren uns vor Schaden«, sagte eine Frau.
»So laßt ihn zu Ende sprechen«, rief der Mann mit dem weißen Barte.
»Rede, Witiko«, sagte ein anderer, »und enthülle uns, was du weißt.«
»Männer und Frauen, Jünglinge und Jungfrauen! sehet um euch, wir haben ein schönes Wohnland. Die Bäche rinnen von den Bergen, die Moldau wandelt in den Tälern, und die großen Bäume stehen daran. Wir haben Felder und Wiesen und Weiden, und gewinnen uns unsere Nahrung. Wenn man von uns gegen Mitternacht geht, sind Gründe, in denen der Weizen steht, und wo das Obst in Fülle gedeiht; aber in den reichen Gründen des Weizens und des Obstes ist ein Herr und Leche, dem die Bewohner eine Burg bauen mußten, dem sie die Burg erhalten und ausbessern müssen, dem sie Wege und Stege und Brücken bauen müssen, dem sie Getreide und Obst und Vieh und Wild und Fische liefern müssen, dem sie Gräben und Schanzen und Verhaue errichten müssen, dem sie in der Burg Wachedienst tun müssen, dem sie streiten helfen müssen, und wenn er Feste feiert, müssen sie das bringen, was die Gäste verzehren, und wenn er reiset, müssen sie ihn und die Seinigen beherbergen und verpflegen, und wenn er jagt, müssen sie ihn und die Jäger erhalten, und seine Hunde ernähren, und wenn ein Verbrechen begangen wird, muß die Flur Gerichtskosten zahlen, und für den Schaden haften. Bei uns ist nur der hocherlauchte Herzog der Herr, dem wir kleine Gaben senden, und der uns beschützt. In dem Frühlinge des vorigen Jahres sind viele reiche Herren, wie der ist, von[592] dem ich sagte, nach Mähren gegangen, weil sie noch reicher werden wollten, und weil der, welcher eine oder zwei Županeien hatte, noch mehr Županeien haben wollte; denn der Herzog Wladislaw beschützte die kleinen Männer, und litt nicht, daß die großen alles an sich reißen. Sie sind zu Konrad, dem Herzoge von Znaim gegangen, der ihnen viele Versprechungen gemacht hat, daß er ihnen reichlich geben wolle, wenn sie ihm den Herzog Wladislaw von dem Fürstenstuhle vertreiben helfen. Sie haben ein Kriegsheer gesammelt, und sind in dem Monate April nach Böhmen gedrungen. Zu dem Herzoge Wladislaw haben sich die kleinen Männer gesellt, und auch viele von den großen, denen noch Gerechtigkeit in dem Sinne war. Auf dem Berge Wysoka ist der Streit gewesen. Nun, ihr wisset, was dort geschehen ist, ihr seid dabei gewesen, und habet zum großen Teile das Gute bewirket. Die Feinde haben dann die alte Stadt Prag belagert, und haben Unheil und Verwüstung gestiftet; aber der Herzog ist mit seinem Schwager Konrad, dem Könige der Deutschen, gekommen, und sie mußten nach Mähren zurück fliehen. Der deutsche König ging wieder heim, und Wladislaw belohnte seine Krieger, und entließ sie, und zeichnete sich auf, wer ihm gute Dienste getan hatte. Die Feinde sind von der Zeit in ihren Ländern und Burgen; aber wenn der Schnee von den Gefilden schmilzt, können sie wieder hervor kommen, und aufs neue beginnen. Der Herzog Wladislaw ruft die Seinigen auf, um die Entscheidung zu gewinnen. Wenn Konrad, der Herzog von Znaim, den Sieg erhält, wird er seine Helfer belohnen, und ein reicher Leche wird zu euch als Herr in den Wald kommen. Ich meine also, Männer unserer Fluren, wir sollten, so viele wir es vermögen, aufstehen, und zu dem gütigen Herzoge Wladislaw gehen, damit ein Kriegsheer werde, das nach Mähren eile, ehe es sich die Feinde versehen, und sie niederwerfe, und ihnen[593] die Macht und alles nehme, was zur Vergeltung notwendig ist, und daß sie nicht mehr schaden können. Der Herzog wird dann immer ein Freund der Geringen sein, er wird mit uns leben, und wir werden mit ihm leben. Und wenn er uns einen Herrn sendet, so wird er von einem kleinen Geschlechte sein, das uns liebreich ist, das Kirchen stiftet, ein wohltätiges Kloster baut, und das Leben in dem Walde versteht. An vielen Stellen rüsten sie schon, weil sie so denken wie ich, und meine Meinung ist, wir sollten die Sache in unserem Haupte überlegen, und nach dem Sinne verfahren, der uns eingegeben werden wird. So rede ich, der ich mit Sorgfalt auf das sehe, was geschieht, und auf das, was geschehen wird.«
Als er diese Worte gesprochen hatte, setzte er seine Lederhaube wieder auf das Haupt, und nahm seinen Platz auf der Bank wieder ein.
Es war eine kurze Zeit eine Stille. Dann sagte ein alter Mann: »Ich habe mir das auch schon so ein wenig gedacht, was du gesagt hast, Witiko.«
»Mir sind die Gedanken auch schon in dem Kopfe gewesen«, sagte ein anderer.
»Ich habe auch darauf gedacht, und das ist so eine Sache«, sagte wieder einer.
»Das ist so eine Sache«, sagte ein sehr alter Mann.
»Die Dinge müssen wir sehr überlegen«, sagte ein Mann, der ebenfalls hoch in den Jahren war.
»Wir begreifen sie nicht recht, und uns achten die Herren nicht«, sagte ein anderer.
»Es ist nur, daß man davon redet«, sprach wieder ein anderer.
»Daß man redet, und wir dürfen reden, und wir reden auch«, sagte wieder einer.
»Wir reden davon, und wir denken daran«, sagte einer, der neben Witiko saß.
»Und wir sollen es recht überlegen, das ist eine Sache, das ist so eine Sache«, sagte ein anderer.[594]
»Das ist leicht überlegt«, sprach ein junger Mann, »wer mitziehen will, der zieht mit.«
»Die Herren haben einen Streit, und der Streit geht uns an«, sagte ein älterer Mann.
»Wir müssen in dem Streite mit tun, und müssen in dem Streite entscheiden, und müssen etwas lenken, daß sie mit uns nicht tun dürfen, wie sie wollen«, sagte ein Mann in den mittleren Jahren.
»Die Felder und die Wiesen und die Hausarbeiten sind auch zu betrachten«, sagte ein älterer Mann.
»Und wer weiß denn genau, was der Streit einträgt«, sagte ein anderer.
»Wir müssen mitreden dürfen, wenn alles aus ist, wir müssen den Herren sagen dürfen, was wir wollen, wir müssen unsere Sache verteidigen dürfen«, rief ein junger Mann, »und es braucht nicht ein jeder mitzugehen; wer nicht den Mut hat, bleibt daheim.«
Nach diesen Worten sprangen mehrere junge Männer von den Bänken auf.
»Wir müssen unsere Sache verteidigen«, rief einer.
»Wir müssen uns verteidigen«, rief ein anderer.
»Wir müssen erlangen, was wir wollen«, rief wieder einer.
»Wer Mut hat, steht ein, und gewinnt sich, was er begehrt«, rief einer.
»Wer Mut hat, steht ein, und gewinnt«, rief ein anderer.
»Er gewinnt, und wir haben Mut«, rief wieder einer.
»Wir gehen zu Wladislaw«, »wir streiten«, »wir rüsten«, »Witiko hat recht«, riefen mehrere durcheinander.
Dann folgten Rufe mit unverständlichen Worten.
Als es stiller geworden war, sprach der Greis mit den weißen Haaren: »Höret mich an.«
Nach diesen Worten wurde es ganz stille, und der Greis sagte: »Witiko, du kennest mich, ich bin der Wenhart von der Friedau, ich bin in dem Kriege gewesen, der mit[595] dem Herzoge Swatopluk und der mit dem Herzoge Bořiwoy und der mit dem Herzoge Wladislaw gewesen ist, mit dem früheren Herzoge Wladislaw. Die Wohnungen haben gebrannt, die Tiere sind auf den Höfen geschlachtet, und ihr Fleisch ist vergeudet worden, die Saatfelder waren zerrüttet, was fleißige Hände zur Bedeckung des Leibes gewebt haben, ist geraubt und verschleppt worden, die Weiden, die Anger, die Kräuter waren niedergetreten und erstorben. In den Wald ist kein Unglück herein gekommen; aber es könnte herein kommen, und wir könnten es dann in vielen Jahren nicht gut machen, weil wir das Geld nicht verwenden könnten. Wir müssen daher wehrhaft sein.«
»Es ist Weib und Kind, Haus und Hof, Feld und Wald, was zu verteidigen ist«, sagte Witiko.
»Wir müssen vorbereitet sein«, sprach Wenhart, »wir müssen rüsten, und müssen gegen die Feinde sein wie gegen die Wölfe. Weil es aber nicht genug ist, daß wir vor dem Walde stehen, und warten, bis die Feinde kommen; denn dann würden sie uns besiegen, weil unsere Zahl zu geringe ist, so müssen wir zu dem gutherzigen Wladislaw gehen, und ihn verstärken, wie ihn viele verstärken, daß der Feind von vielen abgewendet sei. Und du, Witiko, bist gegen den armen Simon vom Reutschlage, den sie getötet haben, mild gewesen, und hast seinen Leuten das Geschenk des Herzoges gebracht, und du hast die Männer aus dem Walde auf dem Berge Wysoka angeführt, und sie haben dir gehorcht, und du wirst sie wieder anführen, wenn sie es wollen, und sie werden dir wieder gehorchen. Und wenn für uns ein Herr in den Wald kommen sollte, so komme du, Witiko; du hast in Plan gearbeitet, und wirst bei uns wieder arbeiten. Und die Weissagungen sind, von denen Huldrik, der dein Vogt in dem Hause des Wangetschlages ist, erzählt hat, daß von Witiko das Glück in den Wald kommen wird.[596] So meine ich, und so glaube ich, daß viele meinen sollten.«
»Ich meine so«, rief der Mann mit dem starken Körper und den starken Händen.
»Ich meine auch so«, rief ein anderer.
»Sie sollen nicht unser Korn und unser Heu und unsere Lämmer und unsere Rinder nehmen«, sagte ein alter Mann.
»Wir dürfen nur einen Herrn unter uns haben, der so ist wie wir«, rief der große junge Mann.
»Ja, der so ist wie wir«, rief ein anderer.
»Wir sind keine Hundewärter, wir sind keine Gebietseigenen, wir sind keine Schloßwächter, sondern betreuen unsere Felder«, rief ein Mann, der einen sehr groben Rock auf dem Leibe und eine sehr alte Filzhaube auf dem Kopfe hatte.
»Eher zünden wir die Wälder an«, rief ein goldblonder Jüngling.
»So wehrt euch«, schrie eine alte Frau, die an dem untern Ende des Tisches saß.
»Sagt dir denn jemand, daß wir uns nicht wehren werden, Susanna?« rief ein anderer Jüngling, »wir werden uns wehren, als seien wir ein einziger Mann, und werden unsere Kraft anwenden, und der alte Wenhart sagt recht, Witiko soll uns wieder anführen.«
»Wir werden zusammen halten«, rief ein Mann mit grauen Haaren, »wie wir zusammen gehalten haben, und es ist wahr, Witiko soll uns wieder anführen. Oder sagt jemand anders?«
»Nein, niemand sagt anders, Witiko soll unser Führer sein«, rief der Mann mit den starken Händen.
»Ich sage auch so«, rief der mit dem groben Rocke.
»Witiko soll der Führer sein«, rief der goldblonde Jüngling.
»Ich sage, Witiko soll uns führen«, rief ein alter Mann,[597] »er hat uns besser geführt, da auf dem Berge der grüne Mann getötet worden war, als uns vor ihm der grüne Mann geführt hat.«
»Witiko, der Führer«, riefen mehrere.
»Witiko, der Führer«, riefen fast alle.
»Und Witiko soll als der Herr in den Wald kommen, und soll der Leche sein, der guttätig ist«, rief der Mann mit dem groben Rocke.
»Witiko soll der Leche sein«, rief der mit den starken Händen.
»Er soll es sein«, rief ein alter Mann, »und soll nicht leiden, daß ein anderer komme.«
»Witiko soll der Leche sein«, rief der große junge Mann.
»Witiko, der Leche«, riefen mehrere.
»So tut alles behutsam, und führet doch alles in der Ordnung, daß es zu einem gedeihlichen Ende komme«, sagte der Mann, welcher gemahnt hatte, daß man auch die Felder und Wiesen und die häuslichen Arbeiten betrachte.
»So lasset doch Witiko sprechen«, rief jetzt der alte Wenhart von der Friedau.
»So sprich, Witiko«, rief der starke Mann.
»Sprich«, rief der blonde Jüngling.
»So sprich, Witiko«, rief ein anderer Jüngling.
»Sprich«, riefen mehrere.
Witiko gab mit der Hand ein Zeichen, und da es stiller geworden war, sagte er: »Männer, Leute, höret mich. Höre mich, Wenhart. Ich habe dich früher nicht gekannt; jetzt aber kenne ich dich. Es ist wahr, was du gesagt hast. Weil die Feinde von Mähren gegen Böhmen heran ziehen können, und wenn sie immer weiter zögen, und wenn sie in den Wald herein kämen, so würde das alles werden, was du in dem Kriege gesehen, und was du erzählt hast. Das müssen wir abwenden. Es ist aber nicht nötig, daß ihr die Wälder anzündet. Macht aus starkem[598] Holze Lanzenschäfte, und befestiget die Eisenspitzen daran, richtet Keulen und Hämmer, schmiedet Schwerter, und nähet aus dickem Tuche die Streitgewänder. Zugleich aber übet euch, in festem Zusammenschlusse zu stehen, zu gehen, und vorwärts zu dringen. Daß ihr nicht zurückweichet, weiß ich ohnehin.«
»Nein, wir weichen nicht«, rief der goldblonde Jüngling.
»So lasse Witiko sprechen«, schrie Wenhart.
»Und die Pferde haben«, sagte Witiko, »die sollen fleißig reiten, daß sie und die Pferde es gewöhnen. Und wenn dann der Herzog Wladislaw ruft, und wenn er gegen die Feinde nach Mähren zieht, so gesellet euch zu dem Heere, und macht Gebrauch von den Dingen, die ihr vorbereitet habt. Und wenn ihr es wollet, daß ich euch geleite, und daß ich euch einige Ratschläge gebe, so werde ich es gerne tun, und werde bei euch sein wie im vorigen Frühlinge, wenn es der Herzog nicht anders gebietet. Und Gott und die Heiligen im Himmel werden das Rechte beschützen, ihr werdet mit Wladislaw siegen, und der Wald wird unser bleiben, und er wird Vergeltung erhalten.«
»Gott und die Heiligen werden uns schützen«, riefen mehrere Frauen.
»Unterbrecht Witiko nicht«, rief Wenhart.
»Und der Herzog, der Herr des Waldes«, sprach Witiko, »wird euch nicht bedrücken, die ihr ihm geholfen habt, und wird euch keinen Bedrücker senden. Ich strebe nicht darnach, daß ich Untertanen in dem Walde habe. Wenn es mein Glück fügt, werde ich in dem Walde wohnen, werde dort arbeiten, und mich meiner Arbeit freuen.«
»Witiko ist ein Mann«, schrie die alte Susanna.
»Witiko ist ein Mann«, riefen mehrere Mädchen.
»Ja, er ist es«, rief ein alter Bauer, »aber mischt euch nicht ein.«
»Witiko, ich bringe dir den Bundestrunk«, sagte ein[599] Mann, der eine Lammshaube und einen Lammspelz hatte.
Er reichte Witiko seinen Krug hin.
»Ich nehme den Trunk an«, sagte Witiko.
Er faßte den Krug, und trank ein wenig daraus.
»Witiko, ich bringe dir den Trunk«, sagte ein anderer.
Witiko tat wieder Bescheid.
»Ich bringe dir den Trunk, Witiko«, riefen mehrere.
Und so riefen endlich alle.
Witiko faßte den Krug eines jeden, und nippte daraus.
Jetzt trat Raimund in die Stube, und mit ihm war Jakob, der Knecht Huldriks, der von dem Wangetschlage in die untere Moldau herauf gekommen war.
Mehrere von den Gästen boten den zwei Männern den Grußtrunk an, und er ward von ihnen angenommen.
»Setzet euch zu uns an den Tisch, es ist noch Platz«, sagte der Mann mit den starken Händen.
Und die Männer rückten etwas näher an einander, und Jakob und Raimund setzten sich an den Tisch.
Und die Tochter des Schenken brachte ihnen einen Krug mit Bier.
Jetzt erhob sich ein Mann von seinem Sitze, der in Lämmerfelle gekleidet war, reichte Witiko die Hand, und sprach: »Ich bin der Richter von dem schwarzen Bache, und wir werden schon so tun, wie du gesagt hast.«
»Und wir werden zu der Heiligen Jungfrau an dem braunen Steine und an dem kalten Wasser der Alsch beten«, sagte eine alte Frau.
Der Richter von dem schwarzen Bache setzte sich wieder nieder.
Ein anderer Mann aber sagte: »Ich bin der Richter von der Mugrauer Heide, und ich gedenke, daß wir uns vorbereiten werden.«
»Die in Stuben werden nicht fehlen, wie die Weissagungen sind«, sagte wieder ein anderer Mann.[600]
»Und wir haben auch Bäume und Lammswolle und Schmieden«, sagte einer.
»Der Rat ist überall ein gutes Ding, wenn man ihn vernünftig befolget«, sprach ein anderer.
»Rat befolgen oder nicht, jeder rät sich selber. Die in der Steinleithe und in den Waldhäusern des Heurafels sind auch immer Männer gewesen«, sagte einer mit rötlichen Haaren.
»Und die vom Rathschlage haben ihren Nachbarn stets geholfen«, sagte ein sehr alter Mann, der ganz weiße Haare hatte.
»Ja, da wir in den Stubnerhäusern das große Feuer hatten, sind alle gekommen«, sagte ein anderer.
»Und die alten Leute, die vor Zeiten gelebt haben, sind auch nicht Toren gewesen«, rief jetzt eine sehr alte Frau, welche neben Susanna am unteren Ende des Tisches saß, »wenn die Fässer um Mitternacht in dem Mönchgraben daher rollten, und sehr schwarz waren, und immer größer wurden, wenn der Kiebitz in den Mooswiesen schrie, wenn in dem Scheine des Vollmondes nach dem Tage des heiligen Bartholomäus der Wassermann auf dem Rande des Moldauufers saß, und sich seine grünen Haare kämmte, wenn der Tule von Plan den schwarzen Mann von dem Hammer bis zu den Badehäusern tragen mußte, wenn man immer ein Weinen hörte, und die Hunde sich nicht aus den Häusern getrauten, so waren das Zeichen, und auf die Zeichen muß man achten, und die Zeichen werden wieder kommen, und es sind seltsame Dinge geschehen, der alte Wossic in Wodnian, der auf der Županei sitzt, und alles hat, was sich ein Mensch wünschen kann, hat einen Vorfahrer gehabt, der Holzschuhe gemacht hat, und der alte Lubomir, der in Daudleb ist, stammt auch von einem Manne, der Pech gesammelt hat, und mit dem Herzoge Samo in den Krieg gezogen ist, und dann eine weiße Reigerfeder und einen goldenen Gürtel getragen[601] hat. In dem Hause des gelben Melchior an dem hinteren Glöckelberge ist schon ein hölzerner Löffel von dem Ofensimse, auf dem er trocknen sollte, freiwillig in die Stube gesprungen, und in dem Bufferwalde hat sich eine Buche in der Richtung, wohin Mähren liegt, weggebogen, und hat sich gegen uns herein geneigt.«
»Die Jünglinge und die Männer und die alten Männer sollen nur tun, was in der Möglichkeit ist«, schrie die alte Susanna, »und dann wird jedes Ding recht werden. In unsern Zeiten haben sie sich vor nichts gefürchtet, und werden sich auch jetzt vor nichts fürchten. Wir werden für sie die Raben zählen, und in die Abendröte schauen, und die Mädchen sollen für sie beten, und ihnen rote Bänder ziehen, wenn sie heimkehren, und sie sollen fremde Sachen bringen, und wir haben niemanden nötig, der so ist wie der alte Wossic in Wodnian und der alte Lubomir in Daudleb.«
»Wohin liegt denn Mähren?« fragte eine Frau in dem mittleren Alter, welche neben dem Manne mit dem groben Rocke saß.
»Da mußt du gegen den neuen Kirchenschlag gehen, Azela«, sagte der Richter von der Mugrauer Heide, »und dann durch den Wald immer fort, bis du in den Wetternhof kömmst, wo Diet ist, und dann gegen die krumme Au, und dann gegen Daudleb, wo kein Wald mehr ist, und dann ist eine Župe, die Chynow heißt, wohl einen Tag hättest du zu gehen, da die Morgensonne an deiner rechten Hand ist, und dann hättest du gegen die Morgensonne zu gehen, wohl einen Tag oder zwei, und dann kämest du an das Land Mähren.«
»Ist es fruchtbar?« fragte der Mann mit dem groben Rocke.
»Wohl fruchtbarer als du denkst«, sagte der alte Wenhart von der Friedau. »Jetzt sind die Fürsten dort, die von unserem Herzogsgeschlechte abstammen, und es muß uns dienen. Aber einmal ist es ein starkes Reich gewesen,[602] es ist Swatopluk dort gewesen, aber nicht der Swatopluk, mit dem ich in den Krieg gezogen bin.«
Als er diese Worte gesprochen hatte, stand ein Mann auf, welcher eine weiße Lammshaube und einen weißen Lammspelz trug, und lederne Beinbekleidungen und starke Stiefel hatte. Der Mann sprach: »Leute, ich muß euch etwas sagen. Mein Weg ist der weiteste. Ich muß noch bis gegen den Kienberg in mein Steinhauerhaus hinab, und muß jetzt fortgehen, und mein Bruder auch. Wir sind in Baiern im Aigen wegen der großen Wasserkufe gewesen. Der Krämer, der mit dem zweirädrigen Wagen fährt, vom Hauzenberge, vom Breitenberge, vom Berge des heiligen Ulrich, und da herum, hat uns erzählt, ehe wir durch den Wald der Schönebene heraus gingen, wie es in Mähren ist. Der Herzog Wratislaw von Brünn ist ein entsetzlicher Mensch. Er wirft alle nieder, die sich ihm widersetzen. Den hochehrwürdigen Bischof Zdik von Olmütz haben sie erschlagen wollen, und ein Zuber voll von Edelsteinen hätte ihn nicht erretten können, wenn er nicht zu dem hochehrwürdigen Bischofe von Passau geflohen wäre. Gehabet euch wohl, ich muß mich sehr sputen. Was ist meine Schuldigkeit, Lukas?«
»Dreizehn Pfennige«, sagte der Schenke.
»Hier sind dreizehn Pfennige«, sagte der Mann, »lebet wohl.«
»Lebe wohl, Andreas«, sagte der Richter von dem schwarzen Bache, »bringe den Leuten an der weiteren Moldau unten im Walde unsern Gruß.«
»Ich werde ihn bringen«, antwortete der Mann.
»Lebe wohl«, riefen mehrere.
»Lebt wohl«, sagte der Mann.
Und er ging mit dem, der neben ihm gesessen war, von der Bank zwischen den Männern und dem Tische heraus, näherte sich der Tür, und entfernte sich mit seinem Genossen durch dieselbe.[603]
Als dieses geschehen war, sagte der Richter von der Mugrauer Heide: »Es wird Zeit sein, daß wir auch unsern Weg antreten, wir haben zwei Stunden zu gehen, und auf dem Schneepfade wohl noch mehr. Es ist wahr von dem hochehrwürdigen Bischofe, das sind schwere Zeiten, er tut in einem groben Gewande Buße in Passau.«
»In der Kirche ist er in großem Schmucke«, sagte ein Mann.
»Das muß sein, des Gottesdienstes willen«, antwortete ein anderer.
»Und dann gehen wir auch gleich mit«, sagte der Richter von dem schwarzen Bache, »weil ihr ohnehin über den schwarzen Bach geht, und durch Reden die Zeit kürzer wird.«
»Wir gehen über den schwarzen Bach, und geht mit«, sagte der Richter von der Mugrauer Heide.
»Dann gehen auch die vom Eckschlage mit, weil sie in euerem Wege sind«, sagte ein Mann.
»Sie können mitgehen«, sagte der Richter vom schwarzen Bache.
Und mehrere Männer zahlten dem Schenken, was sie für ihre und der Ihrigen Zehrung schuldig geworden waren, und dann verabschiedeten sich Männer und Frauen, die von der Mugrauer Heide waren, und die vom schwarzen Bache waren, und die vom Eckschlage waren, und verließen die Stube.
»Wir von der Steinleithe haben einen noch weiteren Weg, und gehen doch noch nicht fort«, sagte der mit den rötlichen Haaren.
»Aber wir gehen«, sagte Wenhart von der Friedau, »Witiko, gehabe dich wohl, und denke unserer Sache.«
»Ich werde denken«, antwortete Witiko, »und gedenke du auch.«
»Ich vergesse nicht«, sagte Wenhart.
Darauf bezahlte er seine Schuld, und ging mit einigen Männern und einer Frau und einem Mädchen fort.[604]
Es gingen dann noch mehrere fort, und die alte Susanna und die alte Frau, welche von den Zeichen gesprochen hatte, gingen fort.
Andere Menschen kamen wieder, und setzten sich an einen Tisch.
Endlich gingen auch die von der Steinleithe ihres Weges, und es waren nur noch wenige Männer da, und darunter waren solche, deren Heimat in der unteren Moldau selber war.
Witiko erhob sich von seinem Sitze, und ging zu einem Fenster.
Der Knecht Jakob folgte ihm.
»Du bist also doch heute wieder herauf gekommen«, sagte Witiko.
»Euer Verweser Huldrik sagt, daß es sich ziemt, daß er mich alle Tage, die Ihr in der Herberge seid, zu Euch schickt, ob Ihr nichts befehlet«, antwortete Jakob.
»Ja, ich befehle etwas«, sagte Witiko, »melde Huldrik, daß er niemanden mehr herauf schickt, ich werde selber bald in den Wangetschlag kommen.«
»Ich werde es vermelden«, sagte Jakob.
»Und nun gehe«, sprach Witiko.
»Ich gehe, und gehabt Euch wohl«, antwortete Jakob.
»Gehabe dich wohl, und grüße Huldrik«, sagte Witiko.
»Ich werde es tun«, entgegnete Jakob.
Darauf reichte er an Raimund seine Hand, verließ die Stube, und begab sich auf seinen Weg nach dem Wangetschlage.
Witiko aber ging von der Herbergstube in seine Kammer.
Als der Morgen des anderen Tages gekommen war, untersuchte er den Weg, der von der unteren Moldau durch den Wald zu der Stelle des heiligen Thomas empor führte. Der Pfad war nirgends zu erkennen. Der Schnee war hoch über ihn gebreitet, wie er über alle andern Gründe gebreitet war.[605]
Dann untersuchte er die anderen Wege, welche in verschiedenen Richtungen von der unteren Moldau durch den Wald nach abwärts führten.
Nun begannen die Männer in der unteren Moldau und im Rathschlage und im Reutschlage und an dem schwarzen Bache und auf der Mugrauer Heide und in Friedberg und in der Friedau und in der Steinleithe und gegen die Waldhäuser des Heurafels und weiter hinab aus Eschen oder Ahornen oder anderem zähen Holze Lanzenschäfte und Keulen zu machen, Lanzenspitzen und Schwerter zu schmieden, Riemzeug zu schneiden, Bogen und Armbruste, Pfeile und Bolzen zurecht zu richten, Stiefel zu machen, aus Filz und aus Wolltuche Hauben und Gewänder zu nähen, und auf Pferden, wo sie vorhanden waren, zu reiten.
Als diese Dinge geschahen, bestieg Witiko in der Herberge der unteren Moldau sein Pferd, und ritt mit Raimund in den Wangetschlag.
Dort ritt er gegen sein Häuschen. Auf dem flachen Dache lag der Schnee, und man konnte es von dem Schnee in den Gefilden kaum unterscheiden. Ein dünner blauer Rauch ging von dem Schornsteine empor.
Als die zwei Männer an dem Häuschen angekommen waren, standen Huldrik und Jakob und Regina vor dem Tore, sie zu empfangen.
»Wir haben nach Euch ausgeschaut«, sagte Huldrik, »und haben Euch kommen gesehen. Weil Ihr die Gebühr, daß ich nach Euern Befehlen fragen lasse, verboten habt, konnten wir den Tag Eurer Ankunft nicht wissen. Seid gegrüßet, Witiko. Ihr seid in dem Kriege gewesen, Ihr seid in mehreren Ländern gewesen, und müsset wieder zu Euerem Hause in den Wangetschlag kommen.«
»Ich bin gekommen, dich wieder zu sehen, und die Unsrigen hier zu sehen, und unser Haus zu sehen«, sagte Witiko.[606]
»Ihr seid gekommen, weil es so ist«, entgegnete Huldrik, »und ich habe schon Sorge getragen, daß Eure Pferde in einen guten Stand gelangen, so wie das Pferd Jakobs, das er im Kriege erhalten hat, auf einem guten Stande ist. Wir haben dieses Jahr an dem Gelasse gemauert. Stützet Euch nur auf mich, Witiko, daß Ihr bei dem Absteigen nicht auf dem Eise gleitet, wohin Regina immer das Spülwasser gießt.«
»Ich werde mich nicht auf dich stützen«, sagte Witiko, »sondern es trete Jakob herzu.«
»Jakob, diene dem Herrn«, rief Huldrik, »ich aber werde den Zügel halten.«
Jakob ging an die Seite Witikos, um ihm zu helfen; Huldrik aber faßte den Zügel des Pferdes.
Witiko stieg mit einem leichten Tritte von dem Pferde, und stand auf dem glatten Boden des Eises.
Raimund stieg auch von seinem Pferde.
»Nun führet die Pferde durch das Tor hinein«, sagte Huldrik, »aber haltet euch rechts, daß die Eiszapfen des Daches die Sättel nicht streifen.«
Raimund und Jakob führten die Pferde durch das Tor in den Hof. Witiko ging nicht durch die Tür in das Haus, sondern folgte den Pferden. In dem Hofe wurden die Pferde gegen einen Zubau geführt, der an den Stall angefügt worden war.
Witiko sah, daß vier Pferde in diesem Raume stehen konnten.
»Es ist gut, Huldrik«, sagte er, »daß du diese Sorgfalt getroffen hast.«
»Es mußte für diese Zeit Sorge getragen werden, bis alles fertig ist, und sich alles vollendet«, erwiderte Huldrik.
Sie brachten die Pferde in den Stall, und begannen, sie zu versorgen.
Dann ging Witiko in die Stube.
Die Wände der Stube waren frisch getüncht worden, daß[607] sie ganz weiß glänzten, die Fensterscheiben waren gereinigt, daß das Licht, so hell es der Winter geben konnte, herein schien, der Fußboden war gewaschen, und der Buchentisch war so gescheuert, daß keine Makel an ihm war.
»Die Stube ist ja wie an einem hohen Festtage«, sagte Witiko.
»An der unteren Moldau ist nur eine Herberge«, antwortete Huldrik; »das aber hier ist Euer Eigen, in dem Ihr seid, und das dauert, und immer anders wird, bis sich die Zeiten erfüllen.«
»Mögen die Zeiten immer Gutes bringen«, sagte Witiko.
»Sie werden Gutes bringen«, antwortete Huldrik, »lasset es Euch hier gefallen, wie es sich wandelt, bis alles geschehen ist.«
Witiko nahm seine Haube von dem Haupte, und setzte sich an den Buchentisch.
»Regina wird Euch ein Mittagessen bereiten«, sagte Huldrik; »es wird aber heute eine längere Zeit vergehen, bis es fertig wird, als sonst.«
»Ich dränge Regina nicht«, antwortete Witiko.
»Wir suchen die Dinge wahrzunehmen, wie es sein kann«, sagte Huldrik.
Witiko ging indessen noch einmal zu den Pferden.
Als die Speisen bereitet waren, brachte sie Regina auf den Tisch. Sie waren gebratenes Wild und Fische. Dazu wurde Wein gestellt.
Witiko verlangte, daß auch die Speisen der andern auf den Tisch gestellt würden, und daß dann alle mit einander das Mittagmahl verzehrten.
»Weil Ihr es befehlt, so muß es sein«, sagte Huldrik.
Die Speisen wurden auf den Tisch gebracht, und Witiko und Huldrik und Raimund und Jakob und Regina setzten sich zu denselben.[608]
»Du mußt das Gebet sprechen, Huldrik«, sagte Witiko.
Huldrik tat es.
Dann wurde das Mahl eingenommen, und Witiko teilte jedem von seinen Speisen und seinem Weine mit. Nach dem Mahle sprach Huldrik wieder das Gebet.
Da sie noch an dem Tische blieben, sagte er: »Eure Vorfahrer haben die Ihrigen geliebt, und sind von ihnen wieder geliebt worden. Und so geschieht alles. Da der erste Witiko in den Wald geritten ist, sind Gold und Edelsteine an den Zügeln seines Pferdes gewesen, und Ihr seid auch zu diesem Hause geritten.«
»Die Zeiten sind ungewiß«, sagte Witiko, »wer weiß es, wann ich wieder kommen kann.«
»Ihr werdet kommen«, sagte Huldrik; »denn Ihr habt Milch und Honig an dem Buchentische gegessen. Und es werden viele da sein, Euch zu sehen.«
»Deine Gedanken bringen Menschen in die Einsamkeit des Waldes, Huldrik«, sagte Witiko.
»Die Rosen haben in Rom herrlich geblüht«, erwiderte Huldrik, »die Rosen sind hieher gebracht worden, und haben hier auch zur Lust geblüht, und die Rose wird Dinge und Kleinodien aus Welschland bringen.«
»Die Rose möchte erst ihre Blätter öffnen«, sagte Witiko.
»Ihr werdet noch oft in Euerm Schlößlein da sein, wie es sich verwandelt«, antwortete Huldrik, »wo das Schloß voll Pracht gestanden ist, wo das Jagdschloß gewesen ist, wo die goldne Burg sein wird, und wo die fünf roten Blätter allen Raum bedecken werden.«
»Du siehest in seltsame Zeiten, Huldrik«, sagte Witiko.
»Ihr habt Männer gesammelt, und seid in den Krieg gegangen«, entgegnete Huldrik, »sie sehen auf Euch, und die Jungfrau aus dem starken und großen Geschlechte wandelt schon für Euch an dem Rande des hohen Waldes, und Raimund freut sich des Bildes, das Euch in der[609] Wildnis ist, und ich freue mich, und Jakob freut sich, und Regina freut sich.«
»Huldrik«, sagte Witiko, »zeige mir die Dinge in dem Hause, wie sie seit der Zeit, in der ich hier gewesen bin, geworden sind.«
»Ihr befehlet es, und ich gehorche«, antwortete Huldrik.
»Dann setze deine Haube auf, damit dein Haupt nicht von der Kälte Schaden leidet«, sagte Witiko.
»Ich werde es tun«, entgegnete Huldrik.
Witiko stand auf, und die andern erhoben sich auch von dem Tische.
Witiko bedeckte sich mit seiner Haube, Huldrik setzte auch seine graue Filzhaube auf, und beide Männer verließen die Stube.
Huldrik führte Witiko in alle Räume des Hauses. Witiko besah alles, und belobte ihn und die Seinigen.
»Die Felder und die Wiesen und den Wald werde ich besehen«, sagte er, »wenn ich einmal des Sommers hier bin, und die Gewächse auf ihnen grünen.«
»Tut es so«, antwortete Huldrik, »und Ihr werdet dann in den Umliegenheiten sehen, daß ein guter Grund zum Bauen ist, und wie jetzt die Wälder in die Fenster des Hauses schauen, so wird der Nahleswald, der Bühelwald, der Thomaswald und das fernere Hochficht von einer Seite, der Blöckenstein und der Seewald und der Hausberg von der andern Seite, und der obere Wald und der Blansko von der dritten Seite in zahlreiche große und breite Fenster schauen, die hoch oben in glatten Mauern sind, und die Bäume und die Gesträuche überragen.«
»Weil schon die Dämmerung beginnt«, sagte Witiko, »so lasse ein Licht auf der Leuchte der Stube anzünden.«
»Ich werde ein Licht anzünden lassen«, entgegnete Huldrik.
Die zwei Männer gingen in die Stube.
Huldrik befahl, daß Regina mit Splittern des fetten[610] Kienholzes der Föhrenstöcke ein Feuer auf der Leuchte errichte.
Regina tat es.
Und als das Feuer brannte, setzten sich Witiko und Huldrik und Raimund und Jakob und Regina an die Leuchte.
Nach einer Zeit kam ein Mann herein, um Witiko zu sehen und zu besuchen. Später kam wieder einer, und dann kamen mehrere, und endlich so viele, daß die Stube kaum hinlänglich Raum gab. Jakob und Regina trugen die Gesiedel aus dem ganzen Hause zusammen, und die Männer saßen umher, aßen Brod und Salz des Hauses, und Witiko redete mit ihnen von verschiedenen Dingen, und von dem Kriege, der im Frühlinge gewesen ist, und der im nächsten Frühlinge sein wird.
Die den weitesten Weg hatten, zündeten zuerst eine Leuchte an, und verfolgten ihre schneeigen Pfade nach heimwärts.
Dann gingen andere, und zuletzt alle.
Witiko dankte ihnen für den Besuch, und bat sie, wieder zu kommen.
Da die Männer fort waren, ging er in seine Kammer, entkleidete sich, und legte sich auf dem Gestelle zur Ruhe, auf welchem ihm Regina aus Stroh und Fellen und weißen groben Linnen ein Lager bereitet hatte. Die andern Bewohner des Hauses suchten auch ihre Schlafstellen.
Als am Abende des zweiten Tages Milch und Brod gegessen worden war, als im Ofen ein Feuer brannte, und als man die Kienstücke auf der Leuchte angezündet hatte, kamen wieder Männer, und es kamen an diesem Abende noch mehr, als an dem vorhergegangenen Abende gekommen waren.
Und so geschah es an dem Abende des dritten Tages und des vierten Tages und des fünften Tages.
An dem fünften Tage verabschiedete sich Witiko von den Männern, und sagte: »Ich reite morgen von diesem Hause fort. Ich werde stets der Worte gedenken, welche[611] ihr hier gesprochen habt, und bitte euch, daß ihr auch dessen möget eingedenk sein, was ich geredet habe.«
Darauf sagte ein alter Mann mit roten Wangen und weißen Haaren: »Du bist gut, junger Witiko, und hast einen treulichen Sinn für uns. Wir werden aller Dinge gedenk sein, und was getan werden muß, das wird getan werden, es wird nichts fehlen, und wir werden schon bestrebt sein. Und so gehabe dich wohl.«
»Gehabe dich wohl, Johannes«, sagte Witiko, »und erhalte dir deine Gesundheit.«
»Wie es Gott will«, antwortete der alte Mann.
»Reite mit Gott, Witiko«, sagte ein anderer alter Mann, »wir werden nicht vergessen, und komme bald wieder.«
»Ich komme, wenn es in der Möglichkeit ist«, sagte Witiko.
»Du bist ein gerechter Mann, Witiko«, sprach ein Jüngling, »und wir werden auch tun, was man nicht schmähen kann.«
»Du hast auf dem Berge Wysoka gut gewaltet, und wirst wieder gut walten«, sprach ein anderer.
»Reite wohl, und wenn du wieder kommst, so bleibe lange bei uns«, sagte ein Mann, der ein kleines Häuschen im Wangetschlage hatte.
»Ja, bleibe recht lange bei uns«, sagte ein Greis.
»Bleibe bei uns, und siehe, wie es bei uns ist. In dem Walde ist es nicht schlecht«, sprach ein Mann, der große starke Holzschuhe an den Füßen hatte.
»In dem Walde ist ein annehmbares Wohnen«, sagte Witiko.
»Wir halten zusammen«, sprach ein alter Mann.
»Tut immer so«, sprach Witiko, »und es wird recht sein, und jeder rechte Mann, der sich bei euch niederläßt, wird auch zu euch halten.«
»Das wird er tun«, sprach der Mann.
»Gott beschütze dich in der schweren Zeit, die kommt«, sagte ein Greis.[612]
»Gott beschütze dich«, riefen mehrere.
»Gott beschütze euch, und mögen wir uns fröhlich wieder sehen«, rief Witiko.
Und als alle ihren Abschiedsgruß gesagt hatten, und als die Stube leer war, legte sich Witiko zum letzten Male für diese Zeit in seiner Kammer zur Ruhe.
Am nächsten Tage ritt er mit Raimund in den Ort Friedberg.
In Friedberg war er drei Tage.
Dann ritt er noch weiter in den Wald hinunter, wo Häuser waren, die hie und da an Bächen lagen, die aus Tälern hervor sprudelten.
Als er auf die Erhöhung gekommen war, auf welcher die Stifthäuser lagen, von denen ein Bach, den sie die kleine Mihel hießen, gegen Mittag floß, um sich in dem Lande Baiern mit der großen Mihel zu vereinigen, wendete er sich um, und ritt wieder nach Friedberg zurück.
Es war ein Saumpfad, der von Friedberg durch den hohen Wald nach Baiern hinaus führte, und der auch im Winter betreten und gangbar war. Auf diesem Pfade ritt Witiko durch den Wald hinan, bis er zu der Stelle gelangte, auf welcher die Säule des heiligen Apostels Thomas gestanden war.
Auf dieser Stelle hielt er an.
Er blickte vor sich nach Baiern hinaus. Es waren dunkle und weiße Streifen bis an die Alpen dahin. Die Alpen waren blauer und schärfer, als er sie im Sommer gesehen hatte, und der Schnee war klar in ihren Spalten, in ihren Mulden, und auf ihren sanften Hängen. Dann wendete er sich um, und sah in das Land Böhmen. Der breite dunkle Wald ging in Schimmerreif hinunter, die Moldau war verhüllt, und jenseits war wieder dunkler stiller und bereifter Wald. Witiko sah den blauen Zug der Schönebene, des Hochfichtes, des Blöckensteines und der Seewand.[613] Er sah den blauen Blansko. Er sah auch den Kreuzberg, der in Mitternacht von dem oberen Plane steht.
Von der Stelle des heiligen Apostels Thomas ritt er wieder nach Friedberg zurück, und ritt noch an dem nämlichen Tage nach Plan.
In Plan forschte er nach dem, was in seiner Abwesenheit geschehen war, und fragte nach verschiedenen Dingen.
Der Schmied und Tom Johannes, der Fiedler, und David, der Zimmerer, und Zacharias, der Schenke, sagten ihm, daß eine große Zahl von Lanzenschäften fertig und mit guten Eisenspitzen versehen ist, daß junge und alte Männer reiten, daß sich alle üben, und daß Gewand in Bereitschaft ist.
Witiko besah, und durchforschte selber alles.
Dann ritt er nach Ogfolds Heide und in die Gefilde von Tiš und Elhenic, und von da wieder links gegen den höheren Wald bis an jene Stellen, wo der eine der zwei Moldaufäden, den sie die kalte Moldau hießen, aus der dicken Wildnis hervor rann.
Als er zurückgekehrt war, blieb er mehrere Tage in Plan.
Dann ritt er zu Rowno, zu Osel, zu Diet von Wettern und zu Hermann von Attes.
Dann kam er wieder nach Plan, und setzte fort, was er begonnen hatte.
Es nahete endlich der Ausgang des Monates März, und der Schnee begann, hinweg zu schmelzen. Die Moldau hatte ihr Eis von sich geschoben, und floß wieder mit dem dunkeln Wasser dahin, und an sonnigen Lehnen schauten schon manche befreite Stellen des Bodens hervor.
Da erschien ein Bote in dem Walde. Der Bote sagte, man solle zum Kriege rüsten. Der Herzog werde in dem ersten Frühlinge gegen Mähren ziehen, um die mährischen Fürsten zur Demut zu bringen. An den Städten Beneschau, Domašin, Pilgram, Časlau und Wilimow werden die Versammlungen sein.[614]
Als der Bote diese Nachricht gesagt hatte, ging er gegen den schwarzen Bach und gegen die untere Moldau hinab.
Witiko aber rief die Männer zusammen, und sagte ihnen: »Wer meines Glaubens ist, daß wir über den Krieg eine Sprache halten sollen, der komme nach dem Mittagessen zu dem großen Kreuze auf dem Platze vor der Kirche.«
Und es kam eine große Zahl von Männern zu dem Kreuze. Auch Frauen und Jungfrauen und Kinder und Greise scharten sich hinzu.
Witiko sagte zu ihnen: »Jetzt ist die Zeit gekommen, daß alles nützlich sein kann, was vorbereitet worden ist. Der Herzog duldet nicht die reichen Bedrücker, und schirmet die, welche bedrückt werden sollen. Er zieht gegen die, welche Bedrückung beabsichtigen, und es ziehen die mit ihm, gegen welche Bedrückung geübt werden sollte. Ich sage nicht viel. Ihr wißt, wie es in dem vergangenen Frühlinge gewesen ist. Wer von uns in den Krieg ziehen will, ist gerüstet, und kann ziehen. Ihr wißt auch die Orte, an welchen man sich versammelt.«
»Ich ziehe, ich ziehe, ich ziehe«, riefen beinahe alle, welche sich versammelt hatten.
»Und Witiko soll uns führen«, rief eine Stimme.
»Witiko soll uns führen«, rief die Versammlung.
»Männer und Freunde«, sagte Witiko, »ihr denket noch, wie der vorige Krieg gewesen ist. Alles kann jetzt anders sein, es kann auch so sein, wie es gewesen ist, wir wissen es nicht. Wenn ihr mir vertrauet, so werde ich euch, so wie ich euch von Prag nach Plan geführt habe, zu dem Herzoge führen, und der erlauchte Herzog kann dann beschließen, wie die Sache geschehen soll.«
»Wir wollen bei einander bleiben, wir wollen alles mit einander teilen, und wir wollen einer dem andern beistehen«, schrie Adam, der Linnenweber.
»Ja, so wollen wir, wir wollen nicht auseinander gehen«, schrie Paul Joachim, der Maurer.[615]
»Wir wollen fest bei einander sein«, rief Tobias, der Hirt.
»Und ein Mann von uns muß uns führen«, rief der junge Mathias.
»Nur ein Mann von uns«, rief Augustin, der Pfeifer.
»Witiko hat es besser gemacht als der grüne Ritter«, rief Lambert, der Zimbelschläger.
»Er hat es besser gemacht«, schrie Andreas.
Jetzt rief Peter Laurenz, der Schmied: »So lärmet doch nicht, ihr versteht nichts, wir sind zusammen gehämmert, und können gar nicht zerrissen werden, und das bringt uns die Ehre, und das hat jeder gesehen, der von dem Kriege weiß, und der Führer ist der eiserne Kloben, an dem das Eisen hängt.«
»Wir sind ein Kriegsheer, und erwerben, was sich ziemt«, rief Stephan, der Wagenbauer.
»Wenn ihr nur alle wüßtet, was es ist, und wie es ist«, rief Tom Johannes, der Fiedler, »und wenn ihr nur dem Rate eines Mannes folgtet, der mit dem geschändeten Arme nicht kämpfen kann, und der die Einsicht besitzt.«
»So gib uns deine Einsicht mit«, sagte Mathias.
»Dann wäre dir geholfen«, antwortete der Fiedler, »aber ich trage meine Einsicht selber mit mir, und sie wird meinem linken Arme mehr helfen als die deinige deinem rechten.«
»Wir sind auf dem Berge eins gewesen, und die Führung ist eins gewesen, und so muß es bleiben«, rief Philipp, der Steiger.
»Männer und Kriegsgefährten«, sagte jetzt Witiko, »der hocherlauchte Herzog hat euch auf jenem Schlachtberge geehrt, er hat euch auf den Zinnen von Prag geehrt, er hat eure Namen in ein Buch gezeichnet, und er hat gesagt, daß er euch immer besser kennen lernen will: der hocherlauchte Herzog wird nur dasjenige tun, was ist, und wie es ist, und wie es besteht, und was euch frommt.[616] Er wird eure Begehren achten, und hohe Männer werden beitragen, daß er sie achtet, und wenn ich etwas beitragen kann, so werde ich es tun, und alles wird recht sein.«
»Es wird schon recht sein«, sagte David, der Zimmerer.
»Und ich werde auch schon machen, daß es recht ist«, sagte der Schmied, »ich werde mit dem Herzoge sprechen.«
»Und ich werde es noch besser machen«, sagte Tom Johannes, der Fiedler.
»Und so, meine ich, lassen wir alle Fragen«, sagte Witiko, »und schreiten wir zu der Ordnung und zu der Einteilung.«
»Zu der Ordnung und zu der Einteilung«, riefen mehrere.
»So sollen alle diejenigen auf eine Stelle zusammen treten, welche reiten gelernt haben«, rief Witiko.
Die Männer sonderten sich, und die Aufgerufenen traten auf eine Stelle.
Unter ihnen waren Veit Gregor, Maz Albrecht, Lambert, Philipp, Augustin, Urban, Mathias, Andreas, und noch mehrere jüngere und ältere Männer.
Witiko sprach: »Wer ein Pferd hat, und reiten kann, nehme das Pferd mit auf den Zug. Und wenn sich auch sonst noch so viele zusammen finden, daß eine Reiterschar wird, so wollen wir auch als Reiter in dem Kriege sein. Sagt es denen, die hier nicht anwesend sind, und doch mitziehen wollen. Ihr müßt euch aber auch so einrichten, daß ihr auch auf euern Füßen stehen, und kämpfen könnt.«
»So ist es recht«, riefen mehrere.
»Und nun ordnen wir auch die andern«, sagte Witiko.
»Ordnen wir sie«, riefen einige Männer.
»Die auf dem Berge Wysoka gewesen sind«, rief Witiko, »und die auf der Mauer von Prag gegen die Belagerung gekämpft haben, sollen so stehen, wie sie auf dem Berge[617] gestanden sind, und wie sie in Prag gewesen sind, und die sich hier geübt haben, sollen stehen, wie sie zusammen gewöhnt sind.«
»Ja, ja«, riefen schier alle, »so ist es am besten.«
»Sagt es allen andern, die nicht da sind«, sprach Witiko, »und kommet morgen wieder, wir werden uns zusammenstellen. Und bringet eure Waffen mit. Jetzt trennen wir uns, daß sich ein jeder vorbereiten kann.«
Und die Männer zerstreuten sich, und sprachen noch eifrig von der Sache, und die Zuschauer gingen auch von dem Platze, und redeten von dem, was sie gesehen hatten.
Am andern Tage nach dem Mittagessen versammelten sich die Krieger wieder auf dem Platze vor der Kirche. Auch viele andere Menschen kamen herbei.
Die Krieger hatten ihre starken Gewänder, welche hergerichtet worden waren, und ein jeder, er mochte ein Schwert haben, oder eine Keule, oder einen Hammer, oder eine eiserne Stange, hatte auch einen Schaft von starkem Holze des Waldes und daran eine feste Spitze von Eisen.
Sie stellten sich in der Art zusammen, wie Witiko gesprochen hatte.
Er sagte, sie sollen sich die Stellung sehr gut merken, und sie sehr schnell wieder finden, wenn sie auseinander gegangen sind.
Sie versuchten es, wie er gesagt hatte.
Dann teilte er die Männer in kleinere Haufen, und zeigte, wie sie sich scharen, und wieder in die Haufen trennen könnten.
Sie versuchten auch dieses.
»Nun übet die Dinge«, sprach er, »daß sie immer gangbarer werden.«
Dann sammelte er die Reiter in einen Haufen, und stellte sie, wie sie zusammen gehören sollten. Und als die Stellung[618] gut geordnet war, begann er die Bewegungen im Reiten.
»So lasset uns nun eine kurze Frist ausüben, was einmal sehr notwendig sein könnte«, sagte er, »bis der Tag kömmt, an welchem wir uns auf unsern Zug begeben.«
Und die Männer sammelten sich nun jedes Tages zu den Übungen.
Da auch viele gewohnt waren, mit Bolzen oder Pfeilen auf Tiere oder um Preise auf Ziele zu schießen, so machte er auch eine Einteilung von denen, welche Armbruste oder Bogen herbei gebracht hatten.
Als diese Dinge geschahen, kam eine Schar von Männern von dem schwarzen Bache nach dem oberen Plane. Sie hatten graue dicke Wollgewänder, starke Filzhauben und schwere Stiefel mit hölzernen Sohlen. Jeder trug eine Lanze und ein Schwert, oder eine Keule, oder eine andere Waffe, und einen Pack mit Lebensmitteln. Mehrere ritten auf kleinen Pferden des Waldes, und manche hatten Bogen oder Armbruste. Sie verlangten mit den Männern von Plan zu ziehen. Witiko ordnete sie zu ihnen.
Dann kamen Scharen von dem Reutschlage, von dem Eckschlage, von der unteren Moldau, von dem Rathschlage, von Friedberg, von der Friedau, von dem Wangetschlage, von dem Kirchenschlage, von den Häusern der tieferen Waldmoldau, des Heurafels, und den Häusern der Stift, die an dem Lande Baiern lagen, wo die kleine Mihel gegen den Mittag hinab fließt. Sie hatten die groben Wollgewänder, die dicken Filzhauben und die schweren Stiefel. Jeder trug eine Waldlanze, ein Schwert oder einen Hammer, oder eine Keule, oder eine Stange, oder eine Armbrust, oder einen Bogen, und einen Pack mit Lebensmitteln. Eine Zahl saß auf Pferden. Der Greis mit den weißen Haaren, welcher auf die Anrede Witikos in der Herberge an der unteren Moldau zuerst geantwortet hatte, ritt auf einem kleinen, schwarzgrauen, starken[619] Pferde. Der Richter von der Mugrauer Haide ritt auf einem braunen Pferde, und der Richter von den Steinleithenhäusern auch auf einem solchen. Es waren noch mehrere sehr alte Greise auf Pferden. Auch Jünglinge und junge Männer saßen auf Pferden. Der Jüngling mit den goldblonden Locken, welcher gesagt hatte, daß man die Wälder anzünden solle, war auf einem schönen weißen Rosse. Er rief zu Witiko: »Wir sind nun da, ich bin nur ein geringer Mann, meine Mutter kocht sich ihre Suppe auf der Leuchte eines Flachsbrechhäuschens; aber ich habe die Glieder wie jeder andere Mann, und will tun, was ich kann, und die weiße Reigerfeder und den Goldgürtel erwerben, und der alte Roder Peter, dessen Pferde ich warte, hat mir dieses gegeben, weil er selber auf keines mehr kann, und ich will ihm, wenn ich das Pferd verliere, die hundert besten von den Feinden bringen.«
»Wie nennt man dich denn?« rief Witiko.
»Sifrid von Milnet, weil mein Vater dort geboren ward«, sagte der Jüngling.
»Nun, Sifrid von Milnet«, sprach Witiko, »mögest du die weiße Reigerfeder und den Goldgürtel erlangen, und wenn du auch nicht mit hundert Pferden zurückkehrest, mögest du nicht ohne Pferd heim kommen.«
»Dann komme ich selber auch nicht heim«, sagte der Jüngling.
Der Greis mit den weißen Haaren ritt zu Witiko hinzu, und als er bei ihm war, sagte er: »Wir haben in den Kriegen, die gewesen sind, das Zusammenstehen kennen gelernt, wie es richtig ist, und wir sind auch auf dem Berge Wysoka zusammen gestanden, und wir haben den Weg hieher gesucht, daß wir wieder beisammen sind.«
»Wenhart, sei mir gegrüßt«, sagte Witiko, »die Vereinigung ist gut, und suchen wir zuerst alles so zu fügen, wie es am fördersamsten sein mag.«[620]
Witiko und Wenhart ordneten die Schar zu den Kriegern von Plan hinzu.
Und wie Wenhart gesprochen hatte, so sprachen auch von jeder Schar, wie sie ankam, Männer zu Witiko, und die Scharen wurden zu denen, die schon vorhanden waren, hinzugefügt.
Jetzt aber strebte man, den Zug zu beginnen, und es wurde ein Tag zu demselben angesetzt.
Als das Licht dieses Tages sich erhob, versammelten sich die Männer auf dem Platze vor der Kirche.
Die Fußgänger von Plan hatten ein Banner, welches weiß war, und in dessen Mitte sich etwas Dunkelrotes befand. Rupprecht, der große Sohn Romans, des grünen Webers, trug das Banner.
Die Reiter von Plan hatten ein gleiches Fähnlein, welches aber kleiner war. Dasselbe hatte man auf die Lanze Philipps des Steigers geheftet.
Witiko fragte, wer das angeordnet habe, und was es bedeute.
»Ich habe es angeordnet, und die Männer haben beigestimmt«, rief der Schmied. »In der Mitte ist die rote Waldrose, und Christ Severin hat die Banner gewebt, und die Mädchen haben sie mit Bändern und mit Säumen verziert.«
Die kleine Schar aus dem Wangetschlage hatte auch ein weißes Banner mit der dunkelroten Waldrose.
»Witiko«, sagte der Mann, welcher die großen Holzschuhe angehabt hatte, als im Wangetschlage die Versammlungen gewesen waren, »du hast auf dem Berge Wysoka ein weißes Schild getragen, auf welchem eine rote Waldrose gemalt gewesen war, und Huldrik hat gesagt, daß vor Zeiten dein Geschlecht Rosen von Rom gebracht hat, und daß die Rosen recht viel Gutes von Welschland bringen werden, darum haben wir die Rose auf das Banner gesetzt.«[621]
Und die Männer von der unteren Moldau hatten ein blaues Banner und Fähnlein, und die vom schwarzen Bache ein weißes, und die von der Mugrauer Heide ein grünes, und die von Friedberg ein rosenrotes, die vom Eckschlage hatten Geierfedern auf eine Stange gebunden, die vom Rathschlage trugen ein weißes Kreuz, die von der Steinleithe ein rotes, und die vom schwarzen Bache hatten himmelblaue Bänder von einer Lanze flattern.
Witiko sagte: »Männer, der hocherlauchte Herzog Wladislaw hat allen, die von dem Walde stammen, in dem vergangenen Frühlinge ein großes rosenrotes Banner gegeben, um anzuzeigen, daß sie zusammen gehören; er wird euch auch in diesem Frühlinge wieder eines geben, und unter diesem Zeichen mögen alle Zeichen, die ihr gebracht habt, siegen.«
»Sie werden siegen«, riefen viele Stimmen.
»Was nicht ein jeder Mann in jedem Augenblicke braucht, das gebet zu den Säumern«, sagte Witiko.
Sebastian, der Schuster, stand mit einem größeren Packe da, als die andern hatten.
»Was trägst du denn hier?« fragte Witiko.
»Ich habe schöne Dinge aus rauhen Bälgen in dem Sacke, welche ich verfertiget habe, um sie reichen Leuten zu verkaufen«, antwortete Sebastian.
»Nun, mögest du einen Käufer in solcher Zeit finden«, sagte Witiko, »die Dinge aber mußt du zu den Säumern geben.«
Dann sprach er: »Männer, jetzt werden wir Gott um seine Hilfe zu dem bitten, was wir tun, und was wir nur darum tun, weil wir es für das Gerechte halten.«
Als er diese Worte gesprochen hatte, stieg er von seinem Pferde, gab die Zügel in die Hand Raimunds, und ging in die Kirche.
Und die Männer gingen in die Kirche, und erfüllten sie, so viele nur von ihr gefaßt werden konnten. Die[622] andern scharten sich vor der Tür, und standen vor derselben.
Dann wurde der Morgengottesdienst gefeiert, und die Männer in der Kirche knieten auf den Boden nieder, und die Männer vor der Kirche knieten in dem Schnee, und die Reiter waren von den Pferden gestiegen, und knieten neben den Pferden.
Als der Gottesdienst geendigt war, segnete der Pfarrer die Männer in der Kirche, und dann ging er vor die Tür, und segnete die Männer außerhalb der Kirche.
Nach der Segnung erhoben sich die Männer von dem Schnee, verabschiedeten sich noch ein Mal von den Ihrigen, und suchten in ihre Stellungen zu gelangen. Die in der Kirche gewesen waren, kamen heraus, nahmen auch noch von ihren Angehörigen Abschied, und stellten sich in die Ordnung. Witiko ging, von dem Pfarrer geleitet, zu seinem Pferde. Dort nahm er von dem Pfarrer und von Martin und Lucia Abschied, und bestieg das Pferd. Augustin, Urban und Mathias waren auf ihren Pferden neben ihm, damit sie dasjenige, was er während des Zuges anordnen würde, schnell an die Orte brächten, an denen es notwendig sein könnte. Die zwei Herzogspferde Witikos wurden von Raimund und Jakob an den Zügeln neben den Pferden, auf denen sie ritten, geführt.
Veit Gregor hatte das große Horn des Bockes. Andere aus Plan und aus anderen Orten hatten kleinere Hörner.
Witiko, da er auf dem Pferde saß, angetan mit dem groben Wollgewande, wie es die Bewohner des Waldes trugen, gab das Zeichen, und es ertönte das große Horn, und die kleinen Hörner antworteten.
Auf diesen Schall erhob sich ein Geschrei der Männer, die zurück blieben, der Frauen, der Mädchen und der Kinder. Es war zum Teile ein Geschrei der Ermutigung, zum Teile der Freude, zum Teile des Schmerzes.
Der Zug setzte sich in Bewegung. An der Spitze waren[623] die Reiter, welche ihre Pferde in langsamem Schritte gehen ließen. Dann kamen die Fußgänger. Am Ende waren die Säumer, dann die Frauen, welche mancherlei Arbeiten bei dem Kriegszuge zu verrichten hatten, und verschiedene Knechte.
Man zog in der Richtung gegen den Morgen. So viele Menschen, als aus dem Orte Plan und aus den umliegenden Waldhäusern und aus größeren Entfernungen herbei zu kommen vermocht hatten, gingen mit dem Zuge. Man kam an dem steinernen Hause Witikos vorüber, man gelangte unter die Föhren, welche in der Richtung gegen Morgen von Plan weg dahin standen, man gelangte auf die Höhenscheide der Föhren, von der man noch das Tal von Plan und die Moldau sehen konnte, und ging jenseits der Scheide hinunter. Mehrere Haufen der Menschen, die den Zug begleiteten, sonderten sich ab, und gingen zurück. Man zog über die Talschlucht des Waldes, in welcher der Bach rieselte, und ging dann in dem Waldesdickichte sachte gegen die Mugrauer Heide empor. Als man auf die Heide gekommen war, hatten sich alle Begleiter umgewendet, und hatten den Rückweg angetreten. Andere kamen dafür aus verschiedenen Gegenden herzu, sahen den Zug an, und mehrere begleiteten ihn eine Weile.
Gegen den Mittag langten die Männer bei dem Turme Rownos an. Da blieben sie stehen. Witiko ritt mit einem Geleite in den Turm. Rowno stand in dem Hofe, ihn zu begrüßen. Witiko und seine Begleiter stiegen von den Pferden, und gingen in die große Stube. Dort waren mehrere Sippen Rownos versammelt. Es wurde der Empfangstrunk gereicht. Dann sagte Rowno: »Es ist gut, Witiko, wie du es versprochen hast, sei gegrüßt, und wir werden nicht säumen.«
»Ich komme, dir nur den Gruß zu bringen«, antwortete Witiko, »es ist, wie wir gesagt haben.«[624]
»Es ist so«, entgegnete Rowno, »meine Männer ziehen heran. Es können dich nicht alle meine Sippen begrüßen, sie sind zu den Jungfrauen geritten, sich weissagen zu lassen.«
»Es ist gut«, sagte Witiko.
In dieser Frist öffnete sich die Tür, und Ludmila, die Ehefrau Rownos, und Dimut, seine Schwester, traten herein. Ludmila war in einem grauen Gewande mit einem goldgewirkten Gürtel, Dimut trug ein dunkles Kleid, wie sie es in der Verteidigung Prags gehabt hatte, und das Kleid war mit Silber gegürtet.
Ludmila ging zu Witiko, reichte ihm die Hand, und sprach: »Seid gegrüßt, edler Mann Witiko, Ihr ziehet wieder auf die Felder zum Schutze des Reiches, und möge der höhere Schutz des Himmels Euch geleiten. Wir zu Hause wünschen es, und bringen unseren Anteil an dem Gebetschemel des Schlafgemaches dar.«
»Seid gegrüßt, verehrungswürdige Frau«, sagte Witiko, »es ist wahrhaftig der Schutz des Reiches, und es wird wahrhaftig der höhere Schutz nicht fehlen, um den gerechte Frauen bitten.«
Nun ging Dimut zu Witiko, reichte ihm gleichfalls die Hand, und sagte: »Sei gegrüßt, Witiko, du gehest wieder so, wie du im vorigen Jahre gegangen bist, und wirst wieder finden, die du in dem vorigen Jahre gefunden hast. In Prag werden die Heiligtümer aufgerichtet, und wenn sie fertig sind, werden die kommen, die sich des Werkes freuen, und werden darin beten. Und ihr werdet das Reich aufrichten, und wenn das Rechte geschieht, wie es auf Erden und im Himmel gilt, werden die kommen, die sich dessen freuen.« »Sei gegrüßt, edle Jungfrau«, entgegnete Witiko, »du hast Worte gesagt wie im vergangenen Jahre. Mögen sie sich auch so erfüllen.«
»Sie werden sich erfüllen«, sagte Dimut.[625]
Darauf sprach Witiko zu Ludmila: »Beurlaubet mich, hohe Frau, meine Männer stehen draußen in dem Schnee. Gehabet Euch wohl.«
»Gehabet Euch wohl, Witiko«, sagte Ludmila.
»Lebe wohl, Dimut«, sprach Witiko.
»Behalte die Freude, mit der du ziehst«, antwortete Dimut.
»Ich werde sie behalten«, sagte Witiko.
Darauf sprach er zu Rowno: »Lebe wohl.«
Rowno antwortete: »Lebe wohl.«
Dann rief Witiko zu den Männern, die in der Stube waren: »Seid gegrüßt, ihr Krieger, und gehabet euch wohl. Wir werden bald wieder auf dem nämlichen Boden stehen.«
»Sei gegrüßt, und lebe wohl«, riefen die Männer.
Dann ging Witiko aus der Stube. Rowno und mehrere Männer geleiteten ihn. Da er in dem Hofe war, bestieg er sein Pferd, und seine Begleiter bestiegen ihre Pferde. Desgleichen setzten sich Rowno und seine Männer auf ihre Pferde, und da Witiko durch das Tor und über den Damm hinaus ritt, gaben sie ihm das Geleite, bis er bei seinem Zuge angekommen war. Dort grüßten ihn Rowno und die Seinigen noch mit kriegerischer Ehre, und wandten sich dann zu dem Turme zurück. Witiko aber gab das Zeichen, die Hörner ertönten, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung.
Er ging in dem Tale an dem Bache dahin, der gegen den Morgen floß.
Hie und da begegneten ihm Männer, die zu Rowno zogen.
Als der Mittag schon vorüber war, gelangte der Zug in die krumme Au. Von dort ging er zwischen den Felsen und der Moldau hinaus in freieres Land. Auf diesem Lande machte er ein Lager. Mehrere Männer saßen auf Steinen, mit denen die Äcker eingefaßt waren, andere saßen auf[626] Stellen, welche schon der Schnee verlassen hatte, oder auf Dingen, die aus dem Schnee hervor ragten, und viele standen, und stützten sich auf ihre Lanzen. Sie nahmen Nahrung hervor, und erquickten sich. Die Frauen und manche Männer, die ihnen halfen, machten aus Holz, das sie gesammelt oder aus Dingen umher gewonnen hatten, zahlreiche Feuer, daran man sich wärmen, und Speisen bereiten konnte. Den Pferden wurde ihre Nahrung gereicht, und ihr Trank aus der Moldau geholt.
Da dieses geschah, ritt eine Zahl von Männern von der krummen Au her gegen das Lager. Als sie an demselben angekommen waren, und man sie gefragt hatte, was sie wollten, sagten sie, Diet von Wettern sende sie, und sie müßten mit Witiko sprechen. Sie wurden zu Witiko geführt, und er sprach eine Zeit mit ihnen. Dann ritten sie auf dem Wege, auf dem sie gekommen waren, wieder zurück.
Als die Menschen und Tiere gerastet hatten und gesättiget waren, ging der Zug wieder gegen Morgen weiter. Er ging zwischen Feldern und Wiesen und kleinen Wäldchen und zerstreuten Wohnungen hindurch, er ging an dem Orte Welešin vorüber, und kam gegen den Abend nach Daudleb. Als er dort auf den Feldern stehen blieb, ritt eine große Zahl von Männern über die Brücke zu ihm heraus. An der Spitze dieser Männer war der alte Lubomir, dann war Rastislaw, dann war Widimir, dann war Wentislaw, dann war Kodim, und es waren Momir und Diš. Witiko erkannte unter den Männern auch Slawa und Radim und Hostiwil und andere. Hinter allen ritt der Priester in dem dunkeln Gewande, der bei der Verteidigung von Prag gewesen war. Witiko war vor seinen Männern auf seinem Pferde. Hinter ihm waren die Reiter, und hinter den Reitern waren in einem großen Bogen die Fußgänger. Alle richteten ihre Angesichter gegen die, welche kamen.[627]
Als die Reiter zu Witiko gelangt waren, hielten sie an. Lubomir saß auf einem schwarzen Rosse. Er hatte ein dunkles faltiges Gewand an, das von einem silbernen Gürtel gehalten wurde, auf dem blaue Steine waren. Sein Haupt trug eine schwarze Haube aus Sammet, von der aus einem großen blauen Steine eine kurze weiße Feder emporragte. Unter dem Rande der Haube waren die weißen Haare zu erblicken. Das Pferd hatte eine dunkle Ausrüstung und Zäumung, die mit Silber besetzt war.
Als nach seiner Ankunft einen Augenblick Schweigen gedauert hatte, hob er seine rechte Hand empor, fuhr mit ihr in einem Bogen gleichsam über die Männer, hielt sie dann ruhig aus dem faltigen Ärmel gestreckt, und rief: »Lubomir, der Župan, begrüßt die Männer auf dem Boden seiner Županei, und seine Sippen begrüßen die Männer. Die Krieger wird er morgen begrüßen, wenn seine Krieger versammelt sind.«
Dann ließ er die Hand wieder nieder sinken.
Dann rief er: »So viele die Župenburg beherbergen kann, sind geladen, sich zu erquicken. Es werden Speisen und Getränke und Decken und Lagerzeuge und Geschirre und Pferdebedürfnisse auf das Feld hinaus geschafft werden, und so mein Wort gilt, werden die Türen der Häuser des Burgfleckens geöffnet werden.«
Auf diese Worte rief eine Stimme unter den Männern, die hinter Witiko waren: »Das ist der edle Župan, und er ist in Prag gewesen, und wir sind ihm Dankbarkeit schuldig für das, was er bietet.«
Es war die Stimme des Schmiedes, Peter Laurenz, gewesen, welche gerufen hatte.
»Dankbarkeit und Dank«, rief eine große Zahl von Stimmen.
Dann wandte sich Lubomir zu Witiko, und sagte: »Du reitest so wie einer von diesen Männern vor ihnen. Sei[628] gegrüßt, und wenn du mein Dach nicht verschmähst, so lasse es heute mit denen über deinem Haupte sein, die noch darunter eingehen wollen.«
»Ich nehme Eure Gastlichkeit mit Ehrfurcht an«, sagte Witiko, »seid gegrüßet, hoher Župan.«
»Und nun waltet eurer Bequemlichkeit«, rief Lubomir.
Nach diesen Worten wendete er sein Pferd, und seine Begleiter wendeten ihre Pferde, und sie ritten wieder über den Fahrsteg gegen die Häuser von Daudleb hinein.
Aber viele Menschen waren von Daudleb heraus gekommen, sie drängten sich über den Steg, sie drängten sich an die Männer, welche von Plan gekommen waren, und einer, der ein dunkelblaues Wollkleid an hatte, das mit einem roten Gürtel gebunden war, rief gegen die Männer: »Ihr seid einer wie der andere, man kann euch nicht unterscheiden, ich weiß nicht, wer der Vorgesetzte ist, ich bin der Kmete des Burgfleckens von Daudleb, und lade alle ein, die bei uns Platz haben, wir werden tun, was wir vermögen.«
»Wir sind einer wie der andere«, sagte Witiko, »und es ist einerlei, an wen du deine Worte richtest, edler Kmete, wir sind alle dankbar.«
»Wir sind dankbar«, riefen viele Stimmen.
»Kommet zu uns herein«, »kommt zu uns«, »zieht in mein Haus«, »geht in unsere Herbergen«, riefen die Stimmen der Menschen von Daudleb durcheinander.
»Schönen Dank«, »wir kommen«, »das freut uns«, »das ist recht«, »ihr seid freundlich«, scholl es entgegen.
Dann rief Witiko: »Augustin und Urban, saget jedem Zeichen, daß das Lager an dem Flusse Malsch abgesteckt werde, es soll einen Bogen haben, und vierzig Männer der Zeichen haben in Ablösung die Wache der Nacht. Und, Mathias, nimm Männer der Zeichen, und ordnet, wer in den Burgflecken gehen will, und vier Reiter jedes Zeichens und vier Fußgänger jedes Zeichens begleiten mich[629] in die Burg. Wir werden durch die Gastlichkeit des hohen Županes und des Burgfleckens geehrt, und ehren die Gastlichkeit wieder.«
»Das ist herrlich«, »das ist in Pracht«, riefen Menschen aus Daudleb.
»Das ist wie Reiter und Krieger«, riefen Männer, die mit Witiko waren.
»Die Ehre ist hier, und die Ehre ist dort, und die Ehre muß bewahrt werden«, rief der Schmied von Plan, »sonst ist es einerlei, ob wir auf der Wolldecke schlafen oder in dem Hause, und wir werden uns einteilen, wer die Ehre geben und nehmen soll.«
»Wir werden uns einteilen«, schrie Paul Joachim, der Maurer.
»Wir werden uns einteilen, und in den künftigen Tagen wechseln«, rief Stephan, der Wagenbauer.
»Ja, ja«, riefen mehrere.
»Nun rüstet das Lager«, rief Witiko.
Nach diesen Worten wendete er sein Pferd, und ritt durch den Haufen der Reiter gegen die Fußgänger zurück, und ritt an ihnen dahin, und sah, wie die Züge der Männer sich auflösten, und daran gingen, das Lager zu errichten. Die Menschen von Daudleb mischten sich unter die Angekommenen, und es waren vielfache Gespräche.
Als das Lager geordnet war, und als die Wachen um dasselbe gestellt waren, zog Witiko mit zwanzig Reitern und vierzig Fußgängern über die Brücke gegen die Burg. Die Männer in dem Lager wählten dann auch aus den ihrigen, und die Gewählten zogen im Geleite von Menschen aus dem Burgflecken gegen die Häuser des Burgfleckens.
Witiko wurde mit seinem Geleite durch das Tor in die Burg gelassen, und die Schar der gewählten Männer wurde in den Häusern des Burgfleckens verteilt.
Und Witiko wurde mit den Seinigen in der Nacht in der Burg gepflegt, und schlief innerhalb der Mauern derselben,[630] und die gewählten Männer wurden in den Häusern des Burgfleckens gepflegt und beherbergt, und die anderen Männer und die Frauen, die mit dem Zuge gekommen waren, schliefen auf Decken in dem Lager, und Feuer brannten überall, und die Wachen waren rings um das Lager, und wurden abgelöst, wie es Witiko eingerichtet hatte.
Als das erste Licht des Morgens schien, verabschiedete sich Witiko von dem alten Župane Lubomir, von seiner Gattin Boleslawa, und von seinen Sippen.
Lubomir geleitete mit seinen Sippen Witiko bis an das Tor der Burg. Dort sprach er: »Ziehe mit Gott. Wie ich gesagt habe, findest du das Rechte. Du ziehest früher des Weges als wir andern. Ich werde dir mit den Meinigen, und mit Moyslaw und Radosta, die mir geblieben sind, folgen. Die Kinder des dritten Sohnes, Pustimir, welcher auf dem Berge Wysoka das Leben verlassen hat, sind noch zu klein, als daß sie auf das Feld reiten können. Sammle deine Leute zu dem Kriegsgruße, den wir bringen. Lebe wohl.«
»Lebet wohl, hochehrwürdiger Župan und Leche Lubomir«, sagte Witiko.
Dann zog er mit den Seinigen von der Burg gegen das Lager.
Als sie in das Freie kamen, sahen sie von verschiedenen Seiten Reiter und Fußgänger gegen Daudleb eilen.
Die Männer, welche in dem Burgflecken übernachtet hatten, zogen wieder in das Lager. An ihrer Spitze ging der Fiedler, Tom Johannes. Witiko rief ihm zu: »Wie ist es denn, daß du bei den Streitern bist, Tom Johannes, da deine Hand der Waffe nicht mächtig ist?«
»Er ist mit Gewalt mitgegangen, da wir ihn zurückweisen wollten«, rief David, der Zimmerer.
»Sie verstehen die Dinge nicht«, sagte Tom Johannes, »ich halte mit der linken Hand die Lanze, und habe es[631] gut gelernt, und heute in der Nacht bin ich bei dem Kmeten dieser Stadt gewesen, ihn zu ehren, wie du bei dem Župane.«
»So führe deinen Schaft nur gut, wie du es kannst«, sagte Witiko.
»Ich führe ihn besser als auf dem Berge«, sagte Tom Johannes.
»Dann wird es recht sein«, antwortete Witiko.
Und die Männer Witikos und die anderen Männer kamen in das Lager, und Witiko wies sie an ihre Stellen. Und die Wachen wurden herein gerufen, und Witiko ordnete an, daß das Lager aufgehoben werde, und daß die Männer zum Zuge sich stellen.
Als dieses geschehen war, tönten die Hörner, der Zug ging durch die Menschen gegen die Brücke, er ging über die Brücke, er ging durch den Burgflecken, er ging an der Župenburg vorüber, und gelangte dann auf freies breites Feld. Auf dem Felde stand eine Macht von Kriegern, und hinter den Kriegern standen sehr viele Menschen. Der erste an den Kriegern war Lubomir. Er saß auf dem schwarzen Rosse. Über dem dunkeln Gewande hatte er ein glänzendes Waffenkleid und einen goldenen Gürtel mit grünen Steinen. Auf der schwarzen Haube hatte er einen grünen Stein und eine weiße gerade Feder. Er hielt das entblößte Schwert in der Hand empor. Hinter ihm war auf einem Rosse Wentislaw, der Župenrichter, neben diesem war Rastislaw, der Meier, daneben Widimir, der Schreiber, daneben Kodim, der Kämmerer, daneben Momir, der Zöllner, dann Diš, der Schenke, dann Hostiwil, der Marschalk und die andern Männer der Ämter. Sie hatten lichte Waffenkleider, weiße Federn auf den Hauben, und die emporragenden Schwerter in den Händen. Dann waren die Reiter in Waffen und im Schmucke. Dann standen die Fußgänger. Sie hatten Schwerter an den Seiten und Lanzen in den Händen. Witiko ritt mit[632] Augustin, Urban, Mathias und noch vier Männern gegen Lubomir. Lubomir senkte vor Witiko das Schwert, und die Männer der Ämter senkten die Schwerter. Witiko senkte sein Schwert, und seine Männer senkten ihre Schwerter. Dann öffnete sich die Kriegsmacht Lubomirs, und zeigte eine Gasse. Witiko ritt in die Gasse ein, und seine Männer ritten in die Gasse, und seine Krieger zogen in dieselbe. Und sie zogen durch die Gasse hindurch. Die Krieger Lubomirs hielten ihre Waffen gesenkt, die Reiter Witikos trugen gesenkte Schwerter und die Fußgänger geneigte Lanzen oder Armbruste und Bogen. Keulen oder Schwerter oder Stangen oder Hämmer hatten sie mit Riemen an den Leibern hängen. Als die Männer Witikos und sein Troß durch die Gasse waren, hoben sich die Waffen empor, sowohl bei Witiko als bei Lubomir. Die Macht Lubomirs schloß sich hinter dem Zuge und geleitete ihn. Hinter der Macht gingen viele Menschen. Dann erhoben die Männer Lubomirs einen Ruf des Grußes, und alle Männer Witikos antworteten mit einem Rufe. Dann riefen auch die Menschen, die von Daudleb gekommen waren. Darauf blieb die Kriegsmacht Lubomirs stehen, der Zug Witikos ging weiter.
Er ging in der Richtung zwischen Mitternacht und Morgen dahin.
Die Krieger Lubomirs wendeten sich um, und zogen nach Daudleb zurück, und die Menschen von Daudleb gingen mit ihnen.
Die Krieger Witikos aber setzten ihren Weg fort.
Sie kamen am Mittage nach Lišau und am Abende nach Lomnic.
Am dritten Tage zogen sie mitternachtwärts nach Wessely, und dann in die Felder von Austi. Sie waren an diesem Tage in ein Land gekommen, in welchem kein Schnee mehr lag. In Austi waren die Scharen Ctibors, und es kam ein Zug Nemoys.[633]
Am vierten Tage gingen die Krieger Witikos morgenwärts nach Chynow und gegen die Nacht auf die Felder vor Pilgram.
Sie hatten auf ihrem Zuge nicht Leute gesehen, welche ihr Vieh oder ihre Habe vor den Feinden flüchteten. Menschen kamen an den Weg, den sie gingen, und grüßten sie, und auf ihren Haltplätzen wurden sie wie in Daudleb geehrt und gepflegt, und wo Krieger waren, von ihnen mit Kriegsbrauch geachtet.
Auf dem Lande vor Pilgram war ein großes Lager. Die Männer Witikos sahen, weil die Dämmerung schon gekommen war, viele Feuer an vielen Stellen brennen. Auf dem Wege, den sie gekommen waren, stand mit einer kleinen Schar Reiter Hermann von Attes.
»Sei gegrüßt, Hermann!« rief Witiko.
»Sei gegrüßt, Witiko«, antwortete Hermann.
»Du hast deine Zusage erfüllt«, sprach Witiko.
»Ich habe sie erfüllt«, entgegnete Hermann, »lasse mir deine Leute folgen.«
Und Hermann von Attes ritt mit seinen Männern des Weges, und der Zug Witikos folgte. Sie kamen nach einer Zeit auf einen freien Platz, und Hermann sagte: »Diese Stelle ist dir zum Lagern zugewiesen.«
»Habe Dank«, sagte Witiko.
»Ruhet, und morgen werden wir ratschlagen, was weiter zu tun ist«, sprach Hermann.
Dann ritt er mit seinen Männern seitwärts, und verließ den Zug Witikos.
Die Männer Witikos errichteten nun ein Lager, wie es in der Dunkelheit möglich war.
Am andern Tage befestigten sie das Lager, und richteten es zum Verweilen ein.
Es hatten sich schon mehrere Züge von Herren und Županen in diesen Feldern gesammelt, und die Führer kamen zu den Waldleuten, und Witiko ging wieder zu den[634] Führern. Sie sagten, an vielen Stellen sammeln sich Männer, und sie erwarten Boten von dem Herzoge, was weiter zu unternehmen sei; denn die Kundschaftet melden, daß die Feinde stark rüsten, und hier seien ihnen die Krieger des Herzoges näher als an den andern Sammelplätzen.
Nach mehreren Tagen kam Rowno mit den Seinigen, und es kam Osel und Diet. Am Tage darnach kam der von Ottau und von Hora. Und drei Tage nach diesen kam der Župan Lubomir mit seinen Župenleuten, mit seinen Söhnen und mit den Leuten seiner Söhne. Boten meldeten, daß Wyhon von Prachatic und der von Winterberg und die anderen Waldleute, die weiter nach Mitternacht wohnten, sich in Časlau versammelt haben.
Witiko sendete mit Männern Lubomirs Kundschafter gegen Mähren. Sie kamen zurück, und meldeten, daß Züge von allen Gegenden des abendlichen Landes Mähren in der Richtung gegen Znaim gehen, um zu Konrad zu gelangen, und die Leute erzählen, daß der Herzog Konrad mit einer Macht vorwärts gehe, um die Züge zu sich aufzunehmen.
Es kamen Boten von dem Herzoge Wladislaw, welche sagten, die Scharen ziehen sich von den Sammelplätzen zusammen, und das Heer werde gegen Pilgram hervor kommen.
Alle, welche vor Pilgram gelagert waren, befestigten sich immer mehr, und harrten. Witiko übte täglich seine Leute.
Es kamen nun neue und größere Züge auf die Lagerfelder, und am siebenzehnten Tage, nachdem Witiko angekommen war, ritt der Herzog Wladislaw mit den Seinigen auf diese Felder. Es waren seine Brüder bei ihm, es war der Bischof von Prag bei ihm, es waren die Abte bei ihm, Bolemil war wieder da, der alte Wšebor und Diwiš und fast alle, welche auf dem Berge Wysoka gekämpft hatten, und dort von dem Tode verschont worden waren.[635] Die fehlten, standen nur noch auf andern Sammelplätzen. Die Scharen des Herzoges lagerten, und pflanzten ihre Zeichen auf, und vor dem Gezelte des Herzoges war das große seidene rosenrote Banner.
Welislaw, Odolen, Jurik, der Sohn Juriks, Beneda, Sezima, Zwest und andere junge Ritter kamen sogleich zu Witiko, ihn zu begrüßen.
Witiko ging wieder zu jedem, und begrüßte ihn.
Auf den fünften Tag nach der Ankunft des Herzogs war ein Rat in dem Gezelte des Herzoges angeordnet, zu dem alle Führer entboten waren.
Witiko ging in das Gezelt. Es war sehr lange, und man hatte in seiner Länge aus Brettern einen Tisch errichtet. Am oberen Ende des Tisches saß Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren. Er war, wie schon oft, in ein dunkelbraunes Gewand gekleidet, hatte eine braune Haube ohne Feder, trug ein dunkles Waffenhemd und an der Seite in einer dunkelbraunen steinlosen Scheide ein Schwert. Zu seinen Seiten saßen die Abkömmlinge Přemysls, die Fürsten der Kirche, die Lechen und Župane und die älteren Führer des Heeres. Die jungen Männer standen geschart gegen das untere Ende des Tisches, und es war man cher geringere Mann und Wladyk unter ihnen.
Als die Zeit des Rates gekommen war, erhob sich Wladislaw, und sprach: »Seid gegrüßt, ihr alle, die ihr die Säulen des Landes seid. Ich danke euch für das Land, daß ihr gekommen seid. Die wir noch vermissen, sind auf dem Wege, und der hochehrwürdige Bischof Zdik wird bei der nächsten Versammlung anwesend sein. Wir sind in Eile, gehen wir an das Werk. Erhebe dich, Gervasius!«
Gervasius stand von seinem Sitze auf. Der Herzog setzte sich nieder.
Von seinem Stuhle aus sprach er: »Rede die Worte, welche ich dir an Konrad, den Zweig Přemysls, den Herzog von Znaim, mitgegeben habe.«[636]
Gervasius sprach: »Du hast gesagt: Konrad, lege die Waffen nieder, unterwarf dich dem Herzoge Wladislaw, dem Sohne Wladislaws, bitte um Verzeihung deiner Schuld, und du wirst ungeschädigt als ein rechter Sprosse des geheiligten Přemysl bestehen können.«
»Wer hat die Worte, welche du gesprochen hast, gehört?« fragte Wladislaw.
»Die Worte, welche ich gesprochen habe«, sagte Gervasius, »haben die Männer gehört, die du mir mitgegeben hast: Zwest, Wecel, Zdeslaw, Bohuslaw und Casta.«
»Die Männer mögen sprechen«, sagte Wladislaw.
»Ich habe die Worte gehört«, sprach Zwest.
»Ich habe die Worte gehört«, sprach Wecel.
»Ich habe die Worte gehört«, sprach Zdeslaw.
»Ich habe die Worte gehört«, sprach Bohuslaw.
»Ich habe die Worte gehört«, sprach Casta.
»Und welche Worte hat Konrad, der Herzog von Znaim, geantwortet?« fragte Wladislaw.
»Konrad, der Herzog von Znaim, hat geantwortet«, sagte Gervasius: »Ich bin von den hohen Männern der Länder Böhmen und Mähren als rechter Herzog gewählt worden, und muß meines Amtes walten, und will nicht erfahren, daß ich von Wladislaw getötet oder geblendet oder in einer Burg gefangen gehalten werde.«
»Und sprechen die andern Männer auch, daß Konrad, der Herzog von Znaim, die Worte gesagt hat?« fragte der Herzog Wladislaw.
»Er hat sie gesagt«, sprach Zwest.
»Er hat sie gesagt«, sprach Wecel.
»Er hat sie gesagt«, sprach Zdeslaw.
»Er hat sie gesagt«, sprach Bohuslaw.
»Er hat sie gesagt«, sprach Casta.
»Kanzler Bartholomäus, schreibe die Worte in das Pergament«, sagte Wladislaw.[637]
Dann war eine Zeit Stille.
»Hast du die Worte geschrieben?« fragte Wladislaw.
»Ich habe sie geschrieben«, antwortete Bartholomäus.
»Erhabene Sprossen des Stammes Přemysl«, sagte nun Wladislaw, »hochehrwürdige Gebieter der Kirche, hohe Župane und Lechen der Länder, Führer des Heeres und Unterführer und Herren und Wladyken! Die Männer und Herren, die in meinem Rate in Prag sind, die Männer und Herren, die zu mir nach Prag gekommen sind, die Männer und Herren, welche die Boten gehört haben, die von mir in das ganze Land gesendet worden sind, haben erfahren, daß ich die Worte zu dem Herzoge Konrad gesagt habe, und daß ich die Antwort von dem Herzoge Konrad erhalten habe, als wir von Deutschland zur Befreiung Prags gekommen waren; daß ich die Worte zu dem Herzoge Konrad gesagt habe, und daß ich die Antwort von dem Herzoge Konrad erhalten habe, als sich die Heere seiner Anhänger zerstreut hatten; daß ich die Worte zu dem Herzoge Konrad gesagt habe, und daß ich die Antwort von dem Herzoge Konrad erhalten habe, als wir im Winter unsere Männer gerüstet und gesammelt haben; und ihr alle habet jetzt gehöret, daß ich die Worte zu dem Herzoge Konrad gesagt habe, und daß ich die Antwort von dem Herzoge Konrad erhalten habe, da wir gesammelt auf dem Wege nach Mähren sind. Die Sache steht nun fest. Wir sind nicht schuldig an dem Blute, das verloren gehen wird, und an dem Unheile, das in die Länder kommen wird. Ihr habt in den Ratschlagungen der früheren Zeit erklärt, daß wir für das Recht die Waffen erheben. Ist einer in der Versammlung, der einen Weg erkennt, auf dem das Blutvergießen und das Unheil vermieden werden kann?«
Es war ein Schweigen, als der Herzog seine Frage ausgesprochen hatte.
»Redet, Söhne Přemysls«, sagte der Herzog endlich.[638]
Als sie schwiegen, sprach er: »Rede, Diepold.«
»Es mögen die Männer und die Herren reden, welche von dem Volke kommen, weil es an dem ist, daß die Nachkommen Přemysls gegen einander im Streite sind«, sagte Diepold.
»Rede, Heinrich«, sprach der Herzog.
»Ich rede, wie mein Bruder Diepold geredet hat«, entgegnete Heinrich.
»Sprecht, ihr Herren der Kirche, und sprecht, ihr Lechen und Wladyken der Länder, die ihr von dem Volke kommt«, sagte der Herzog.
»Hocherlauchter Herr und erhabener Herzog der Länder Böhmen und Mähren«, sprach Otto, der Bischof von Prag, »der allmächtige, der gütige, der barmherzige und gerechte Gott hat den Krieg in unsere Länder gesendet, daß wir büßen, was wir verschuldet haben, daß wir gereiniget werden, daß wir das Rechte verteidigen, und daß wir uns zur Besserung wenden. Wir müssen ihn dulden und führen, wie er ihn auferlegt hat, und wir dürfen uns gegen seinen Rat nicht auflehnen.«
»Was sprechen die Äbte?« fragte der Herzog.
»Die Äbte sprechen durch mich, wie der hochehrwürdige Bischof gesprochen hat«, sagte der Abt von Kladrau.
»Und der Priester Daniel?« fragte Wladislaw.
»Du hast die rechten Worte zu dem Herzoge gesendet, und es können keine andern gesendet werden«, sagte Daniel.
»Und Bolemil?« fragte der Herzog.
»Es ist, wie es ist, und wir müssen es zu Ende führen«, sagte Bolemil.
»Wir müssen es zu Ende führen«, sagte Diwiš.
»Zu Ende«, sagte Lubomir.
»Zu Ende«, »zu Ende«, riefen alle in der Versammlung.
»So sind wir geeinigt, und es geschehe, was geschehen muß«, sagte der Herzog. »Ihr seid sehr zahlreich gesammelt[639] gekommen, wir haben uns an einander gefügt, ihr kennt die Ordnung, und, was später gekommen ist, wird noch gefügt werden. Lubomir, du bist wieder zwischen dem Župane Diwiš und dem Lechen Bolemil, wie bei der Verteidigung von Prag, und Jurik und Chotimir, ihr seid wie in Prag, die andern Župenkrieger und die Krieger, die noch zugeführt worden sind, erhalten die Ordnung des Wysoka. Witiko, tritt vor.«
Witiko ging von dem untern Ende des Tisches gegen den Herzog vorwärts, und blieb stehen.
»Du hast die Waldleute gebracht, Witiko«, sagte der Herzog, »sie haben dich zum Führer gewählt, und du bleibst ihr Führer. Mein Bote wird es ihnen verkünden. Lagere dich sogleich rechts von dem ehrwürdigen Lechen Bolemil, wie du auf dem Berge Wysoka gewesen bist, da die Schlechten vom Plaka die Flucht ergriffen hatten. Ich gebe dir ein rotes Banner, es soll über deinen andern Zeichen sein. Rechts von dir sind die von Rowna, Wettern, Tusch, Ottau, Hora, Attes, Prachatic, Winterberg und vom reichen Bergsteine. Diepold wird rechtseits von dem Herzogsbanner befehlen. Und so, ihr Herren und Führer, ziehen wir; und Gott, der Herr des Himmels, und die Heiligen in dem Himmelreiche schützen uns, und wir flehen zu Gott dem Herrn des Himmels und zu den Heiligen in dem Himmelreiche.«
»Zu Gott, dem Herrn des Himmels, und zu den Heiligen im Himmelreiche«, riefen die Männer der Versammlung.
»Seid bedankt, ihr Herren«, sagte Wladislaw, »und achtet der Zeichen, wenn sie tönen werden, daß wir vorwärts dringen.«
Er erhob sich von seinem Sitze, und die Männer um ihn erhoben sich von ihren Sitzen.
Da ging ein Krieger von denen, welche an dem Eingange des Zeltes standen, zu dem Herzoge, und sagte: »Hoher[640] Herr! Der Leche Božebor harret, seit die Beratungen begonnen haben, vor dem Zelte, und bittet um Einlaß. Er ist mit vielen Männern gekommen. Sie sind außer dem Lager gehalten worden.«
»Er trete ein«, sagte der Herzog.
Der Krieger entfernte sich aus dem Zelte, und gleich darauf kam Božebor in dasselbe.
»Gehe zu mir, Božebor«, sagte der Herzog.
Božebor ging bis zu dem Herzoge, und blieb stehen.
»Was begehrest du?« fragte der Herzog.
Božebor löste sein Schwert von dem Gürtel, reichte es gegen den Herzog, und sprach: »Ich bringe dir mein Schwert, daß du es nehmest, hoher Herr, und mich strafest, so du mich einer Strafe würdig erachtest. Die mit mir gekommen sind, lasse an dem Kampfe für die Länder Anteil nehmen, und gib ihnen einen Führer, welcher ihnen gut ist.«
»Božebor«, sagte der Herzog, »ich habe in der Hofburg von Prag gesprochen: Es hat ein jeder die Freiheit, zu reden, wie sein Herz denkt, ich habe zu dir gesprochen: Handle nach deinem Sinne, bleibe, wo du willst, bis diese Sache aus ist, und dann komme zu mir, ich werde dir die Hand reichen. Du bist da, und ich reiche dir die Hand. Befestige dein Schwert wieder an deinem Gürtel, und führe deine Männer; denn du bist ihnen gut.«
Nach diesen Worten reichte er Božebor die Hand.
Božebor nahm sie, und sprach nicht.
Dann sagte der Herzog: »Führe deine Schar in das Lager, und die Ordnung werde eingeleitet wie auf dem Wysoka.«
Da rief Božebor: »Ich werde sie herein führen, es wird sein wie auf dem Wysoka, und mehr.«
»Gepriesen sei Wladislaw«, rief Předbor mit lauter Stimme.
»Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren«, riefen alle in der Versammlung.[641]
»Wir sind alle Freunde«, sagte der Herzog, »und ich glaube, wir werden es bleiben.«
»Immer, immer, immer«, riefen die Männer.
»Und so trennen wir uns, und tue jeder, was er für nötig erachtet«, sagte der Herzog.
Und die Versammelten schickten sich an, das Zelt zu verlassen. Die älteren Männer gingen zuerst, und ihnen folgten die jüngeren.
Vor dem Gezelte grüßten sich viele, und sprachen noch mit einander. Mehrere gingen zu Božebor, und reichten ihm die Hand. Er befestigte das Schwert erst jetzt an seinem Gürtel, und ging auf den Weg, seine Männer zu holen. Einige geleiteten ihn.
Witiko gab Welislaw, Odolen, Sezima, Jurik, dem Sohne Juriks, Zwest, Ben, dem Sohne Bens, Zdeslaw und Beneda den Gruß, den sie brachten, zurück, und ging dann mit Rowno und Diet von Wettern und Osel und Hermann von Attes und Wyhon von Prachatic gegen die Stelle, auf welcher die Waldleute gelagert waren.
Als er dort angekommen war, verkündete er seinen Männern, was der Herzog verfügt hatte.
»Das muß sein«, rief der Schmied von Plan.
»Das haben wir gemacht«, rief Tom Johannes, der Fiedler.
»Das ist recht«, »das ist gut«, riefen die Männer.
»Wir werden zeigen, wie der Wald ist«, rief Sifrid von Milnet, der goldblonde Jüngling.
Gleich darauf kam auch der Bote des Herzogs, welcher die Meldung machte, daß Witiko der Führer der Krieger aus dem Walde sei, welche sich unter ihn gestellt haben. Ein Herold des Herzogs brachte den Kriegern ein seidenes rosenrotes Banner.
Witiko sagte seinen Männern, sie sollen das Lager abbrechen, und nach dem Platze ziehen, welchen ihnen der Herzog angewiesen hatte. Die Männer brachen das Lager[642] ab, und zogen nach dem Platze. Das rosenrote Banner wurde vor ihnen getragen. Auf dem Platze errichteten sie ein neues Lager. Rowno und die andern Leute aus dem großen Walde nahmen auch ihre neuen Stellen ein.
Witiko teilte nun seine Krieger nach den Zeichen ab, die sie hatten, und sagte, sie sollen unter jedem Zeichen einen Mann wählen, daß er in dem Zeichen befehle. Sie vollbrachten die Wahl. Er befestigte jetzt noch mehr die Anordnung der Abteilungen, und bestimmte die leichtere Bewegung der Reiter und Schützen. Vor seinem Zelte wurde die rote Fahne aufgerichtet.
An einem Tage zog der Herzog mit Männern der Kirche und Kriegsherren durch alle Lager. Sie kamen auch an die Stelle, an welcher hin die Krieger ausgebreitet waren, die den Weg von dem langen Walde, welcher der jungen Moldau entgegen ging, zu dieser Stadt der Versammlung gemacht hatten. Die Männer standen nach ihren Ordnungen. Der Herzog sah auf alle, und er sprach mit Witiko und mit Rowno und mit Osel, bei dem seine Knaben auf den Pferden waren, welche ihnen der Herzog geschenkt hatte, und mit Diet von Wettern und mit Hermann von Attes und mit Witislaw von Hora und mit Wolf von Tusch und mit Wernhard von Ottau und mit Wyhon von Prachatic und mit Wenzel von Winterberg und mit mehreren der untergeordneten Männer. Dann wendete er sich mit seinem Geleite, und zog wieder durch die Lager zurück.
Des zweiten Tages darauf wehete die Fahne der Versammlung auf dem Zelte des Herzogs. Die Führer gingen in das Zelt. Der Herzog sprach: »Es sind alle Sachen geordnet, welche geordnet werden mußten, und es sind die Scharen gekommen, welche kommen sollten. Es werden heute noch die Zeichen gegeben werden, daß in dem nächsten Frühlichte der Zug beginne. Wir müssen die Veste Znaim hinweg nehmen. Die Feinde ziehen uns entgegen;[643] aber wir werden doch des Weges dahin gehen. Die Ordnungen werden wir erfüllen, wie wir sie beraten haben, und ich wünsche einem jeden Heil und Segen auf der Stelle, auf welcher er ist.«
»Heil und Segen«, riefen die Männer.
»Und wir werden Ordnung und Kriegszucht erfüllen«, sagte Bolemil.
»Wir werden sie erfüllen«, riefen die Männer.
»Und so sagen wir uns Lebewohl, bis wir uns wieder auf einem andern Platze versammeln«, sprach der Herzog.
»Lebe wohl«, riefen die Männer, und zerstreuten sich, und gingen zu ihren Leuten.
Nach einer Stunde tönten die Zeichen, daß mit dem Anbruche des folgenden Morgens der Zug in Bewegung kommen solle, und die Zeichen pflanzten sich durch alle Lager fort.
Und es begannen die Arbeiten zur Beseitigung alles dessen, was hindern könnte.
Und als das Licht nach der Frühlingsnacht wieder gegen die Erde dämmerte, standen die Tausende der Männer auf ihren Füßen oder saßen auf ihren Pferden, und die Ordnungen waren eingerichtet, daß die Züge sich entfalten konnten.
Witiko hatte sein dichteres Lederkleid angelegt, und saß auf dem eisengrauen Pferde. Er bildete die Stellung seiner Schar, ließ zu der Meldung der Zeichen die Hörner der Ziegenböcke bestehen, und zu dem Zuge die langen Pfeifen, wie sie auf dem Wege zu dem Berge Wysoka gewesen waren, und die Männer des Waldes gingen auf den Gefilden, die ihnen zugewiesen worden waren, dahin.
Weit ausgebreitet auf den Feldern und Wiesen und Weiden und in den Wäldern gingen auf allen Wegen und Pfaden die Züge Wladislaws dem Lande Mähren entgegen.
Auf dem Boden des Landes Mähren standen die meisten Banner der Feinde.[644]
Witiko empfing die Nachrichten von Boten, die er ausgesendet hatte, und sendete wieder neue Boten aus, und eines Morgens sahen die Männer die weißen Zeichen in den dunkeln Gefilden des Frühlings. Und wie die Sonne höher an dem Himmelsbogen stieg, waren die Zeichen vor den Scharen Witikos.
Witiko ließ die Männer antreten, wie er sie gelehrt hatte.
Da kam ein Reiter von den Feinden mit einem Friedensfähnlein, und andere Reiter waren hinter ihm. Er verlangte zu dem Führer. Da er vor Witiko stand, sprach er: »Ich will mit dir allein sprechen.«
»Ich nicht mit dir«, antwortete Witiko, »rede vor allen.«
»Männer«, rief der Reiter, »der hocherlauchte Herzog Wratislaw, der uns führt, sagt mit dem Auftrage Konrads, des Herzogs von Böhmen und Mähren, daß er euch Ehren und Rechte und Befugnisse und Reichtümer geben wird, wenn ihr nach eurer Pflicht zu seinen Scharen steht. Er wird die Krieger Wladislaws zurückwerfen, daß sie des Weges gegen Znaim nicht gedenken können, und die widerstehen, wird er vertilgen.«
»Mann«, rief Witiko, »reite Augenblicks zurück. Wenn ein Mund bis auf die Zahl hundert hinauf gezählt hat, und dich eine Lanze oder ein Pfeil oder ein Bolzen noch erreicht, so wird er dich treffen.«
Der Mann zauderte. Es erhob sich keine Stimme. Dann rief er: »Euer Blut über euch.«
Dann ritt er von dannen, und die Seinigen schlossen sich an.
Witiko ließ Jünglinge, welche Pferde gut zu leiten verstanden, zu Bolemil reiten, der links von ihm in den Fluren war. Es stand ein kleiner Wald an der linken Seite Witikos. Die Jünglinge ritten durch den Wald. Witiko schickte Männer in den Wald, daß sie denselben inne hätten. Dann ließ er die Reiter auf einer offenen[645] Fläche, die zwischen ihm und Rowno war, bereit sein. Die Schützen waren auf den Seiten.
Die Feinde gingen mit großem Geschrei vorwärts. Die Männer Witikos gaben keinen Laut von sich. Da tönten die Hörner der Ziegenböcke den einzelnen langen Ton des Streits. Die Männer senkten die Waldschäfte in eine waagrechte Lage, und gingen vor. Sie drückten wie auf dem Wysoka mit den schweren Stiefeln den Boden. Pfeile und Bolzen flogen gegen sie. Sie gingen vor. Der Stoß an den Feind geschah. Sie gingen langsamer vor. Schild und Schwert und Lanze und Speer und Hammer und Keule wurden gegen sie verwendet. Sie gingen vor. Das grüne und weiße und rote und blaue Zeichen, das Zeichen mit den Federn und Bändern, das weiße Banner der Männer von Plan mit der dunkelroten Waldrose, alle gingen gleichmäßig vor, und das große rosenrote Seidenbanner war bei ihnen. Die Scharen Rownos und der andern gingen vor. Die Reiter waren an den Feinden, und Sifrid von Milnet war auf dem weißen Rosse des alten Roder Peter bemerkbar. Die Schützen sendeten Pfeile und Bolzen, wie sie dieselben auf Luchse und Marder senden. Die Feinde erhoben ein größeres Geschrei als früher, die Männer des Waldes antworteten nicht, der lange Ton des Streites erscholl. Da erhob, als es stiller wurde, der Schmied von Plan die Stimme, und rief laut, daß alles übertönt war: »Wir siegen.«
»Wir siegen«, riefen die Männer mit lauten Stimmen.
Dann war es wieder still. Die Feinde gingen schneller zurück, die Krieger des Waldes gingen schneller vorwärts, und dann löseten sich die Ordnungen der Feinde, sie zerstreuten sich in Flucht, und es wurde ein freier Raum vor den Kriegern des Waldes. Diese fielen auf die Knie.
Einen Augenblick knieten sie.
Dann erhoben sie sich. Witiko ritt vor ihrer Reihe hinab, und grüßte sie ehrerbietig mit dem Schwerte.[646]
Dann rief er: »Jetzt zur Verfolgung.«
Und die zwei Töne der Verfolgung erschollen aus den Hörnern.
Links von dem Walde konnte man Scharen Bolemils erkennen, und die Männer, die den Wald gehütet hatten, kamen nach vorwärts.
Die Krieger gingen zur Verfolgung, und alle die Reiter strebten den Feinden nach.
Als man endlich von der Verfolgung abgestanden war, als man Verwundete und Tote besorgt hatte, als die Zeit der Ruhe und Erquickung vorüber war, und als Witiko Boten an den Herzog abgesendet hatte, gingen die Männer in der Richtung gegen die Veste Znaim vorwärts.
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