a.

[376] Ein Knecht, welcher in Langförden bei einem Bauern diente, ging nach vollendeter Arbeit zu seiner Mutter, welche für ihn wusch und flickte, und holte sich ein reines Hemd für den Sonntag. Als er nun auf dem Rückwege und schon nahe bei Langförden war, begegneten ihm drei Mädchen, welche ihn viel neckten und gar nicht gehen lassen wollten. Er mußte zuletzt bitten, daß sie ihn vorbeiließen. Da riß ihm eines der Mädchen das Hemd unter dem Arm weg, und die drei gingen seitwärts. Der Knecht setzte seinen Weg fort, und als er nahe vor seinem Hause war, sah er auf der Hecke ein Hemd liegen, und da er fand, daß es das seinige war, nahm er es mit sich. Zu Hause erzählte er dem Bauern das ganze Abenteuer und freute sich, daß er das Hemd doch wieder habe, aber der Bauer meinte, er solle das Hemd lieber nicht anziehen, sondern vorher den Pastoren fragen. Der Knecht tat dies, und der Pastor riet ihm, er solle erst ein Tier durch das Hemd hindurch gehen lassen; wenn das gesund hindurch komme, könne er das Hemd ohne Gefahr wieder anziehen, wenn aber nicht, so solle er dasselbe tief in die Erde vergraben. Als der Knecht mit diesem Rate zu dem Bauern zurückkam, nahmen sie einen Hahn und ließen ihn durch das Hemd gehen; aber als derselbe etwa in der Mitte war, fing er ein wenig an zu rufen und war auf der Stelle tot. Daher vergruben sie das Hemd tief in die Erde und weit vom Hause.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CCCLXXVI376.
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