a.

[422] Einer Frau zu Vareler Neuenwege erkrankten plötzlich zwei Kinder, und die herbeigeholte Schwiegermutter erkannte an den schrecklichen Zuckungen der Kleinen, daß diese behext sein mußten. Man schickte zu einem erfahrenen Manne in Nethen, welcher dem Boten einige übelriechende Pulver zum Einnehmen für die Kinder mitgab und verordnete, man müsse jedenfalls herauszubringen suchen, wer die Hexe sei, damit man sich vor ihrem bösen Blicke und ihren sonstigen Hexereien hüten könne. Zu dem Ende solle man, wenn eine Person ins Haus komme und sich nach den Kindern erkundige oder ihnen etwas bringen wolle, einen Besen über die Türschwelle legen, sodaß er mit derselben ein Kreuz bilde. Sei dann die Person[422] eine Hexe, so würde sie nicht aus der Tür hinaus können, sondern durch eine andere ins Freie gelangen müssen. Nun wohnte dem Hause gegenüber eine Frau, die den Kindern viel Teilnahme bezeigte, sie täglich besuchte und fast jedesmal etwas zur Erquickung für dieselben mitbrachte. Natürlich kam und ging sie immer durch die vordere Haustür. Als diese Nachbarin am nächsten Tage wieder da war, wurde der Besen der Anweisung gemäß über die Schwelle gelegt, und richtig! die Frau kehrte beim Fortgehen an der vorderen Haustür wieder um und nahm ihren Weg durch die Seitentür, die ihr doch gar nicht gelegen war. Jetzt kannte man die Hexe und hütete sich, und die Kinder besserten sich bald und wurden wieder gesund. Die Pulver allein hatten nichts geholfen und wurden auf den Feuerrahmen geworfen.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CDXXII422-CDXXIII423.
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