b.

[269] Zwischen den Familien der Junker zu Fikensholt und Wittenheim hatte eine lange Feindschaft bestanden, bis endlich der Junker von Fikensholt sich entschloß, die Tochter des Junkers von Wittenheim zur Gemahlin zu nehmen und dadurch den Familienhaß zu beseitigen. Als am Hochzeitstage die Braut nach Fikensholt kam, fiel ihr auf, daß nicht nur die Türen, sondern auch viele Fenster des Schlosses offen standen und unter den Bedienten auf dem Hofe eine bedeutende Verwirrung sich kund gab. Nur ein Mohr, der Leibbediente des Junkers, empfing sie an der Zugbrücke vor dem Schlosse und überreichte ihr auf einem Sammetkissen ein kostbares Perlengeschmeide. Die Braut ward ängstlich und fragte: »Du bringst Perlen? Perlen bedeuten Tränen«, und wie sie in den Hof hineintrat, erhielt sie die Nachricht, ihr Bräutigam sei vor wenigen Augenblicken gestorben. Die Haushälterin des Junkers hatte ihn aus Eifersucht vergiftet. Ein großes Ölgemälde, die Braut in Lebensgröße vorstellend, wie ihr der Mohr das Geschmeide überreicht, ist noch auf dem Schlosse zu Fikensholt und wird als ein Inventarienstück desselben betrachtet. In Westerstede aber hat sich das Sprichwort gebildet: »He kummt to lat as die Brut van Fikensholt.«

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 269-270.
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