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[314] Als der junge Graf Rudolf von Diepholz auf Abenteuer auszog, kam er an den Hof des Königs von Schweden, wo er unbekannt als Küchenjunge sich verdang, bald aber zu des Königs Kämmerer sich aufschwang. Als er einst bei Verfolgung eines Hirsches sich im Walde verirrt hatte, traf er eine wunderschöne Jungfrau an, die ihm einen kostbaren mit Edelsteinen verzierten Ring schenkte und ihn auf den rechten Weg geleitete. Als er nun einst bei dem König Wache hatte und dieser den glänzenden Stein bemerkte, mußte er ihm seine Herkunft, und wie er zu dem Ringe gekommen, entdecken. Da gab der König dem Jüngling, den er schon vorher lieb gewonnen, seine Tochter Marina zur Gemahlin und eine andere dem Prinzen Primislaus in Pommern, der sich schon länger um sie beworben hatte. Beider Beilager wurde zu Nicoden an einem Tage gefeiert, und Rudolf kehrte mit seiner Gemahlin und mit großen Schätzen in seine Heimat[314] zurück. Seine Untertanen empfingen ihn an der Grenze des Kirchspiels Goldenstedt, wo die Brücke über die Hunte führt. Die Gräfin warf hier eine Menge Goldmünzen unter das Volk, und von dieser Zeit an führt die Brücke den Namen Goldene Brücke, wie das ganze Kirchspiel und der Kirchort den Namen Goldenstedt. (Nach Nieberding, in den Mitt. des Vereins f. Osnabr. Geschichte, III., S. 50.)

(In der Geschichte des Grafen von Diepholz kommt 1219 ein Rudolf von Diepholz vor, der erste in dieser Familie mit dem Vornamen Rudolf. Im Volksmunde lebt ein Graf Rudolf, der etwa 200 Jahre früher regierte und viele wunderbare Abenteuer bestanden haben soll. Auf dem gräflichen Schlosse in Lemförde befand sich früher ein Bild, das ihn folgendermaßen verherrlichte:


Rudolff von Diepholz geborner Graff

Dient in Schweden ans Königs Hoffs

Für einen Küchenjungen ohnbekandt,

Ward des Königs Kämmerling zuhandt.


Drauf er einen Hirsch nachspürt,

Und dadurch in den Wald verirrt,

Trifft an eine Jungfrau lobesam,

Die zeigt ihm die rechte Straß und Bahn.


Und damit künftig solche Ding

Nicht vergessen, gab sie ihm ein Ring,

Versetzet mit Carfunkelstein,

Der gab von sich gar hellen Schein.


Einsmals der König in der Nacht

Des Steins Glantz sah, in Kundschaft bracht,

Woher der Ring und Jüngling geboren,

Darauf ihn Fräwlein Marina erkohren.


Welche von Konig Waldemar

Mit seinem Gemahl Ehelich gezeuget war,

Und ihr Schwester eben der Zeit

Priemsle Herzoge in Pommern gefreyt.


Die beyden Beylager auf einen Tag

Zu Nicoden hernach geschah,

Aus Königs Hoff mit Ritterspiel

Panquet, Thurnier und Frewde viel.


Nach Diepholzer Berichten soll diese Heirat des Rudolf mit der schwedischen Königstochter 1011 geschehen sein. Nieberding, Geschichte des Niederstifts I, 247.)

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 314-315.
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