532. Vestrup.

[324] Lüsche wird 1767 »ein orth von schlechter aestimation und nahmen« genannt. Zur Zeit, als Schinderhannes die Rheinlande unsicher machte, Hardemente im Osnabrückischen und Ferdinand mit der Bände auf dem Hümmling ein Räuberleben führten, waren im Vechtaer Bezirk »die Lüscher Diebe« gefürchtet. Es waren ihrer 12, an der Spitze stand ein Hauptmann, der zum Zeichen seiner Würde einen Stock mit silbernem Knauf trug. Einmal ist die Bande nachts bei einem Heuermann auf Darrenkamp (Ksp. Cappeln) eingebrochen. Sie treiben die Überfallenen in eine Kammer und sperren diese ab, um ungestört plündern zu können. Die Frau des Hauses, erbittert über den Einfall und voll Eifer, von ihrem Eigentum zu retten was zu retten war, durchbricht die gewellerte Decke der niedrigen Kammer, klettert auf den Boden und ersticht von oben durch die Bodenluke mit einer Forke einen der Räuber. Erschreckt lassen die übrigen Diebe ihren Raub in Stich und fliehen unter Mitnahme des Erstochenen davon. Diesen haben sie noch in derselben Nacht in Niemanns Rott (einem Busch des Zellers Niemann in Vestrup), nach anderer Angabe in Egelbrock an der Lüscher Bäke begraben. Beim Abzuge haben sie gesungen:


O wi Lüsker Hälse

Wat hew wi nu vor Not,

Gestern awend weren wi noch twelwe,

Nu is der all een van dot.

(Jahrbuch XV. Bd. S. 109.)


Eine alte Frau aus Lüsche und der Besitzer von Darrenkamp erzählen übereinstimmend, das auf Darrenkamp überfallene Heuerhaus sei von jungen Leuten, Bruder und Schwester, bewohnt gewesen. Diese hätten einst eine größere Schuldsumme empfangen, was bekannt geworden. Die Angst vor den Lüscher[324] Dieben habe die Geschwister veranlaßt, jede Nacht unter Zuziehung von Nachbarn Wache zu halten. So wären Tage und Wochen verflossen, ohne daß die Ruhe gestört worden, als eines Morgens die Nachbarn frühzeitig aufgebrochen seien in der Meinung, die Nacht wäre schon so weit vorgerückt, daß ein Einfall nicht mehr zu befürchten sei. Aber kaum sind sie fort, da brechen die Lüscher Diebe herein, ergreifen den Bruder, fesseln ihn und legen ihn neben dem Feuer nieder. Die Schwester ist anfangs vor Schreck ganz erstarrt, doch plötzlich ermannt sie sich, läuft zum Stall, ergreift ein Fäsken und schlägt damit auf die Einbrecher los. Die Kühnheit des Mädchens setzt die Räuber in Erstaunen, sie denken an einen Hinterhalt und verlassen eiligst die Wohnung. Unterwegs erliegt einer der Räuber den ihm von dem Mädchen beigebrachten Schlägen. Er starb auf dem Rott bei Vestrup und wurde dort von seinen Kameraden begraben unter Absingung des Liedes:


O wie Lüsker Helden usw. wie oben.


Diesen Klagegesang kann man von den Umwohnern (nicht von den Lüschern) in aufgeräumter Stimmung noch singen hören. – Einst haben die Lüscher Diebe den Besitzer der Göttingsstelle in Tenstedt (Ksp. Cappeln) nicht weit von dessen Hause gestellt. Der Überfallene hat sich nur dadurch gerettet, daß es ihm möglich gewesen, seinen Hund heranzulocken. Ein andermal sind die Lüscher Diebe auf Göttings Kornboden entdeckt. Götting hat rasch Hilfe herbeigeholt und die Wegelagerer haben mit blutigen Köpfen abziehen müssen. Dagegen wird auch erzählt, daß sie im Cappeler Kirchspiel einen umgebracht. – Bei ihren Gelagen nach erfolgreichen Raubzügen haben sie einen Reigen aufgeführt und dabei in Ermangelung von Spielern im Walzertakt gesungen:


Ene Mutt mit fif Ferken

Sind dat nich ses Schwin?


Die Lüscher Diebe werden auch Anlaß gegeben haben zu der Behauptung, die ältesten Lüscher Eingesessenen seien Abkömmlinge von Zigeunern. – Spuk in Lüsche 179z.

In Haustette sieht man an einem Wall einen Mann gehen, der seinen Kopf unterm Arme trägt. Einer ist dem Kopflosen begegnet, schlug mit seinem Stock danach, der Stock ging durch den Spuk hindurch, und der Schläger fiel auf die Nase. – Blankenforth war ehemals ein adliges Gut.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 324-325.
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